Die geschärfte Klinge - ein "neuer" Jack

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Dieser Saal ist ebenso faszinierend wie kurios.. Ein dunkler Raum mit unzähligen Maschinen und recht gedämpfter Beleuchtung, welche lediglich von der Lampe in der Mitte des Raumes deutlich übertroffen wird. In besagter Mitte findet sich der wahrscheinlich modernste OP-Tisch den ich je gesehen habe mit diversen Werkzeugen daneben.

»Also dann mein lieber, bist du bereit für dein Upgrade? Wir können nach dem Ganzen auch gerne deine Erlebnisse von heute besprechen. Wie du weißt werde ich dich vorerst in Stasis versetzen müssen, um auch die Firmware deiner Systeme zu erneuern und dein Gehirn auf den neuen Körper vor zu bereiten« erinnert mich der Doc bereits in seiner OP-Montur gekleidet.
»Bestens vorbereitet wie immer, legen wir los« sage ich lächelnd. Der Doc ist einer der wenigen Menschen, die nach wie vor mein uneingeschränktes Vertrauen genießen. Besonders in meiner Branche muss man dazu fähig sein, Menschen und ihre Absichten innerhalb weniger Augenblicke einschätzen zu können. Vertrauen ist ein wertvolles Gut, dass so vorsichtig zu genießen ist wie der Lauf über einem Hochseil in 200 Metern Höhe ohne Sicherung.

»Also dann, fangen wir an! Ich wünsche angenehme Träume mein Freund« sagt der Doc, bevor er mein Bewusstsein mit einer Art Zwischenspeicher verbindet, welcher mich im Falle von Komplikationen gewissermaßen "am Leben erhält". Meine Augen fallen zu und kurz darauf finde ich mich in einer -nicht direkt offensichtlich- virtuellen Umgebung wieder.
Mein Cyborg-Körper ist vollkommen frei von jeglichen Blessuren und mich umgibt eine imposante, sehr urbane Umgebung. Scheinbar hat der Doc hier eine Simulation von Tokio inszeniert, da er um mein Interesse an der japanischen Kultur, insbesondere der mittlerweile uralten traditionellen Kultur der Samurai, weiß.
Es mutet ganz danach an, als hätte er extra ein paar Feinheiten abgeändert, um meinen Interessen noch etwas gerechter zu werden. Manchmal mag er etwas übereifrig sein, allerdings kann man auch nicht bestreiten, dass er seiner Arbeit hingebungsvoll nachgeht.

Während sich mein Bewusstsein in einer virtuellen Realität befindet, wird mein neuer Körper bereits vor der Transplantation nochmal einem gründlichen Funktionalitätstest unterzogen, schließlich soll er ja vollkommen beweglich und in nahtlosem Einklang mit der Schnittstelle in meinem Gehirn funktionieren.
Nach dem Motorik-Test prüft der Doc auch gleich noch der Reihe nach gründlich die neuen Features und Vorrichtungen seines "Meisterwerkes" wie er den Körper überzeugt nennt.
Daraufhin ist die Firmware dran. Ein letzter Debugging-Prozess, hier und da kleine Korrekturen am Code und ein Test unter diversen simulierten Szenarien. Alles was notwendig ist, um die Fehlerfreiheit in jeder erdenklichen Situation zu gewährleisten. Dass der Doc besonders gründlich arbeitet dürfte ja mittlerweile klar sein, nicht umsonst ist er ein Meister seines Fachgebietes.
Während dieser ganzen Prozeduren ist mein Kopf sicher gelagert in einer Art "Stasis-Gerät" und mit dem Zwischenspeicher verbunden. Ein Stromausfall ist dank eines separaten Stromnetzes mitsamt Notstrom-Aggregat ausgeschlossen.

Von dem Prozedere in der realen Welt bekomme ich nichts mit, ich bewege mich durch das virtuelle Tokio und interagiere mit den überaus menschlich wirkenden KI-Menschen. Ich besichtige historische Orte, mache gewissermaßen "Bekanntschaften" und genieße die -wenn auch virtuellen- kulinarischen Genüsse des Landes. Aufgrund der in den vergangenen Jahrhunderten stark voran geschrittenen Immersion in virtuellen Welten ist es von der eigentlichen Realität nicht mehr zu unterscheiden. Besonders seitdem der Sprung zur Synchronisation mit Gehirnaktivitäten gelungen ist, wurde die Immersion nahezu sprunghaft perfekt. Doch verlieren Menschen sich nicht mehr in den verschwimmenden Grenzen, sondern sind sich jederzeit ihrem aktuellen Zustand bewusst.

Zufrieden grinsend platziert der Doc den neuen Körper auf dem OP-Tisch, nachdem er den alten eingelagert hat. Da er kein großer Freund von unnötiger Rohstoffverschwendung ist, wird der alte Körper entweder als Backup verwendet oder aber modernisiert.
Bevor er mich aus meinem virtuellen Stasis-Schlaf weckt, aktualisiert er mein neurales System und erweitert es um alle möglichen und notwendigen neuen Funktionen. Nach der Vollendung des Software-Upgrades pflanzt er mir noch ein bionisches Auge an der Stelle ein, wo einst mein linkes Auge saß, welches von Vincent's Schwerthieb getroffen wurde. Der Effizienz halber beschließt der Doc, mein rechtes Auge mittels einer etwa haardünnen Verbindung zwischen neuralem System und Augapfel ebenfalls etwas zu optimieren. Halbe Sachen konnte der Gute noch nie leiden.
Meinen von einer starken Schwertverletzung gezeichneten Unterkiefer beschließt der Doc kurzerhand ebenfalls zu ersetzen. An der gleichen Stelle montiert er nach etwa einer halben Stunde Arbeit einen schwarzen Unterkiefer, welcher insbesondere an den Zähnen eine schädelartige Optik aufweist.
Überhaupt ist der gesamte Kiefer in seiner Funktion meinem menschlichen Kiefer gleich, bloß optisch und durch seine Titanium-Carbon-Legierung unterscheidet er sich.

Während ich mich gerade durch virtuelle Museen bewege, höre ich plötzlich aus dem nichts die Stimme vom Doc.
»Ich hoffe meine Simulation gefällt dir Jack, die OP ist so gut wie abgeschlossen. Ich habe dein Bewusstsein für die Verbindung deines Gehirns mit dem Körper vorübergehend auf die Systeme übertragen, anstatt es weiter synchron laufen zu lassen. Aber keine Sorge, sämtliche Erinnerungen und Kenntnisse sind wie vor der OP absolut unverändert, auch an diese Simulation wirst du sich zurück in deinem Körper erinnern können. Wie eine Art Erinnerung an einen Urlaub, ist das nicht wunderbar?«
»Wie erwartet lassen Sie keine Wünsche offen, Doc. Ich freue mich schon auf den neuen Körper.« sage ich zufrieden und optimistisch.
Kurze Zeit später fängt die Umgebung an, auszubleichen und ich schließe meine Augen, es ist ein wenig als würde ich in einen Schlaf gezwungen oder das Bewusstsein verlieren. Jedoch bin ich mir noch vor dem Schließen der Augen bewusst, dass ich gleich in der realen Welt erwachen werde.

Im nächsten Augenblick öffne ich die Augen und finde mich im OP-Saal wieder. Stolz lächelt mich der Doc an und kann es scheinbar gar nicht erwarten, das Trainingsprogramm zu starten. »Erwacht wie aus einem Traum, nicht wahr?« sagt er lachend und prüft auch schon meine Vitalwerte.
Etwas überrascht über meine wieder gewonnene Sehkraft auf dem linken Auge sehe ich mich um und sehe mein "neues Ich" auch schon in einem Spiegel, welchen der Doc bereit gestellt hat.
»Grandiose Arbeit, Doc. Und scheinbar wollten Sie es sich auch nicht nehmen lassen, mich wiederherzustellen und optisch ein wenig zu tunen?« sage ich amüsiert beim Anblick meines neuen Kiefers und der allgemein eher düsteren Optik meines Körpers, welcher in einem Mix aus metallischem, mattem Dunkelgrau und hier und da etwas Blaugrau glänzt. Von den kleinen orangenen Energieleuchten hier und da und meinem nach hinten fallenden, mittlerweile silbernen Haar ganz zu schweigen.
»Um ganz ehrlich zu sein mein lieber Freund..« holt der Doc aus »nahm ich bereits an, dass es dir gefallen würde, wenn du deinem Spitznamen "Blade" oder auch "Blitzklinge" auch optisch gerechter werden würdest« sagt er lächelnd und klopfte mir auf die Schulter. »Lass uns mit dem Training beginnen, um dich mit deinen neuen Fähigkeiten und Verbesserungen vertraut zu machen« fügt er noch hinzu und begleitet mich zum Trainings-Simulator, welcher mich in die virtuelle Trainingshalle versetzt, in welcher ich nun meinen neuen Körper erproben werde.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 03, 2019 ⏰

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Codename: BladeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt