Kapitel 2

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Es war still und er schaute wieder nach draußen, während ich den Raum betrachtete und den Tisch und schließlich meine Hände in meinem Schoß.

"Äh", begann ich, merkte aber, dass ich seinen Namen noch nicht wusste.

"Du kannst mich Suga nennen", murmelte er ruhig und schien sich durch nichts aus der Ruhe bringen zu lassen.

Ich räusperte mich einmal, mein Hals tat noch immer weh, und setzte dann erneut an. "A-also, wofür sind wir hier?"

"Zum Essen natürlich. Was macht man sonst in einem Restaurant?" Er sah mich belustigt an und ich spürte, wie mein Gesicht warm wurde. Aufgrund meiner Erfahrung würden mir da auf Anhieb unangenehme Dinge einfallen, die er mit mir machen könnte.

"Okay", murmelte ich und beschloss, abzuwarten. Ich beobachtete, wie er ein Glas mit einer roten Flüssigkeit an seine Lippen führte und schaute dann auf die weiße Kerze.

Eine junge Kellnerin betrat den Raum und verbeugte sich vor uns, bevor sie zwei Speisekarten austeilte und dann einen Moment wartete.

"Was möchtest du trinken? Wein?" Ich sah meinen Gegenüber an und schüttelte leicht den Kopf. "Ich hätte lieber ein Glas Wasser." Er zog eine Augenbraue nach oben, nickte aber dann und gab der Kellnerin ein Zeichen. Sie verschwand wieder und ich betrachtete die Karte, versuchte, den Blick von Suga zu ignorieren.

Ich wollte keinen Alkohol trinken, wenn später noch was passieren könnte. Hemmungslosigkeit konnte gefährlich werden und ein Filmriss wäre eine Katastrophe.

"Haben Sie sich bereits entschieden?"
Ich zuckte zusammen, als die Kellnerin wieder am Tisch stand. Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, was diese ganzen Gerichte auf der Karte sein sollten, es war, als wäre es eine andere Sprache. Ich sah zu meinem 'Begleiter' und hoffte, dass er anfangen würde.

Er beobachtete mich.

"Magst du eher Fisch oder Fleisch?" Fleisch. "Isst du gern scharf?" Ich schüttelte den Kopf. Er nickte und wandte sich dann an die junge Frau neben uns. "Er nimmt die 63 und ich nehme die 127. Vielen Dank." Die Dame nahm die Karten zurück und ich war erleichtert. Auch wenn ich nicht wusste, was die 63 war.

"Es wird dir schmecken", murmelte er und lächelte leicht. Er schien anders zu sein, als meine sonstigen Kunden. Noch im selben Augenblick wies ich mich selbst zurecht. Ich durfte mich nicht blenden lassen, er bezahlte für meine Gesellschaft. Bisher hatte das für mich immer etwas negatives bedeutet.

"Wie geht es dir?" Er schien zu versuchen, ein Gespräch anzufangen. "Gut", war meine knappe Erwiderung, ich wich seinem Blick aus. "Und dir?" Er lachte leise. "Es geht." Ich sah kurz auf und er schaute schon wieder aus dem Fenster.

Ich fragte mich, ob er auf harten Sex stand. Oder vielleicht hatte er einen ausgefallenen Fetisch, dass er sich seine Gesellschaft kaufen musste. Ich musste an den letzten Kunden denken.

Mein Hals zog sich etwas zusammen und ich hatte für einen Moment das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Ich griff nach dem Glas und trank ein paar Schlucke, versuchte mir einzureden, dass ich nicht mehr im Hotel war. Dass der Kerl längst verschwunden war. Dass er nicht mehr stöhnend vor mir stand und an meinen Haaren zerrte.

Ein schrilles Klingeln und ein genervtes Stöhnen riss mich aus meinem aufgewühlten Zustand und ich richtete meinen Blick auf den Blonden, der gerade ein Handy an sein Ohr führte.

"Hallo?" Seine Stimme klang genauso abweisend, wie sein Blick aus dem Fenster war. "Ja, Mutter. Ich weiß. Nein, trotzdem. Ich kann jetzt nicht. Nein. Schön. Nein, ich habe ein Date. Genau. Du kennst sie nicht. Bis dann."

Angewidert verzog ich den Mund ein wenig. Date. Das konnte doch nichts Gutes bedeuten. Er schaltete das Handy aus und steckte es wieder weg, bevor er mich ansah. "Was hast du?" Ich zuckte leicht zusammen und bemühte mich, mein Gesicht zu entspannen.

"Nichts." Diesmal schaute ich aus dem Fenster. Der Ausblick war schön, man konnte die erleuchteten Straßen sehen, doch niemand konnte hier hinein schauen, dafür waren wir zu hoch.

"Jimin", ich wandte mich ihm zu, als er meinen Namen sagte, "ich habe dich nicht gebucht, um heute Sex zu haben."

Ich schluckte und wusste nicht recht, wie ich reagieren sollte und was ich davon halten sollte.

"Aha", mehr bekam ich nicht heraus.
Er seufzte und strich sich durch die Haare, er sah mich nicht direkt an.

"Ich möchte nur einen entspannten Abend. Mit jemandem, dem Macht und Geld nicht zu Kopf gestiegen ist. Jemandem, der nicht in jeder Situation versucht, einen Vorteil rauszuschlagen. Und er muss schweigen können."

Ich beobachtete ihn, wie er erneut aus dem Fenster schaute. Er klang zugleich genervt wie traurig.

"Nun, dann hast du dir mit mir wohl den richtigen Partner ausgesucht", murmelte ich und setzte ein Lächeln auf. Er hatte immerhin bezahlt. Und wenn ich dafür ausnahmsweise meine Klamotten anbehalten durfte, war das ein gutes Geschäft.

Er lächelte mich an und plötzlich fiel mir das Lächeln nicht mehr so schwer wie zuvor.

"Wie alt bist du?"

Ich versteifte mich etwas. Und wandte den Blick ab.

"Ich bin Zwanzig." Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er mich nachdenklich musterte und ich hoffte, mich nicht selbst zu verraten.

"Okay." Seine Stimme klang ruhig, doch ich wusste, dass er mir nicht glaubte. Statt aber nachzuhaken, erzählte er etwas über sich selbst und dann kam auch schon unser Essen.

Er war einundzwanzig Jahre alt und studierte Firmenmanagement und Musik. Er sollte später die Firma seiner Eltern übernehmen, doch er selbst wollte lieber Konzertpianist werden und einmal in der Musikproduktion tätig sein. Es faszinierte mich, wie er von seinem Traum erzählte, seine Augen leuchteten förmlich.

Das Essen, welches er für mich ausgesucht hatte, schmeckte wirklich verdammt lecker und zum ersten Mal war ich froh, wie ein Abend mit einem Kunden verlief. Natürlich würde ich meine Vorsicht nicht aufgeben, wer konnte schon sagen, was als nächstes passierte, doch für diesen Moment wollte ich es einfach genießen.

Wir unterhielten uns über verschiedene Themen, unter anderem Musik und Basketball und er erzählte mir ein paar lustige Geschichten von seiner Uni. Hin und wieder erwischte ich mich dabei, wie ich ehrlich auflachte, kein Verstellen oder zurückhalten. Es war angenehm.

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Paid // YoonMinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt