Kapitel 5

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"Danke, noch ein wenig länger und ich wäre durchgedreht", meinte Yoongi, als er mich wieder ins Haus führte. "Ich weiß." Ich lachte leise. "Wer sind die denn alle?"

"Ach, wichtige Geschäftspartner meines Vaters, der ein oder andere Abgeordnete."

Aus den großen Fenstern konnten wir die feine Gesellschaft etwas beobachten. Eigentlich sahen die Herren alle gleich aus, schwarzer Anzug, weißes Hemd, sogar zum gleichen Frisör schienen sie alle zu gehen. Yoongi musste mit seinen blonden Haaren ziemlich heraus stechen. Und er sah im Anzug weitaus besser aus als die anderen.

"Ist das ein Klavier?", fragte ich begeistert, als ich den schwarzen Flügel unter dem Gartenpavillon entdeckte. Ein einfaches Nicken bestätigte meine Annahme. "Kannst du mir etwas vorspielen?"

"Yoongi-Schatz, das ist eine wundervolle Idee! Alle werden sehen, was für ein talentierter junger Mann eines Tages die Firma führen wird."

Ich hatte nicht bemerkt, dass ich zu lächeln begonnen hatte, doch als die Stimme von Yoongis Mutter erklang, verschwand es sofort. Besorgt beobachtete ich seine Gesichtszüge, wartete darauf, dass er mich verärgert ansah, doch er seufzte nur.

"Tut mir Leid", hauchte ich. Er winkte nur ab.

"Irgendwann wäre sie auch von selbst auf diese Idee gekommen."

Tatsächlich traten wir wenig später auf den Flügel zu, Frau Min hatte ihren Sohn mit großen Worten angekündigt und alle Aufmerksamkeit lag auf ihm.

"Setz dich zu mir", meinte Yoongi, doch ich schüttelte den Kopf. "Ich steh lieber." Bevor ich wirklich fertig gesprochen hatte, zog er an meinem Handgelenk und ich plumste neben ihn auf den Hocker. Mir wurde ganz warm und ich sah ihn geschockt an.

"Selbst Schuld", murmelte er leise und zwinkerte mir zu, was mich schlucken ließ. Bevor ich noch irgendwas sagen konnte, fing er bereits an zu spielen und ich war zu fasziniert, um weiter nach einem angemessenen Konter zu suchen.

Seine Finger flogen über die Tasten, änderten die Geschwindigkeit, überschlugen sich beinahe, die Melodie schnell und dynamisch. Ich beobachtete, wie seine Augen halb geschlossen auf den leeren Notenständer blickten, als könnte er dort etwas sehen, was ich nicht sehen konnte.

Den ganzen Tag über war er angespannt gewesen, hatte freundlich geschaut, auch wenn er nicht gelächelt hatte, und einen guten Eindruck gemacht, obwohl es ihm nicht gefiel. Doch jetzt schien er zufrieden.

Mein Mund wurde trocken, als er meinen Blick mit seinen Augen einfing und seine Mundwinkel sich hoben. Die Melodie stockte nicht einen Moment, wurde nur etwas weicher, sein Anblick fesselte mich. Er lächelte.

Langsam verklangen die letzten Töne, als er mir zu zwinkerte. Ich starrte ihn weiter an, während er sich abwandte. Mein Gesicht wurde warm und mein Herz schlug schneller, ich fühlte mich seltsam.

Als Yoongi aufstand und sich verbeugte, erklang Applaus und ich erinnerte mich wieder, wo wir uns befanden, und dass das hier nur ein Job war.

Er war nur ein Freier. Ich musste aufhören, Dinge für ihn zu fühlen.

Mein Blick lag weiterhin auf ihm, als er sich mit einem älteren Mann unterhielt, der ihn scheinbar irgendwohin führen wollte. Mein Magen drehte sich herum, als Yoongi sich nochmal zu mir drehte, sein Gesicht wieder ausdruckslos, seine Augen schienen mir jedoch etwas mitteilen zu wollen.

Ich saß noch immer innerlich überfordert auf dem Hocker vor dem Flügel, als mein Freier sich von mir abwandte und mit dem Anderen mitging.

"Hey du", sprach mich jemand von der Seite an. "Komm mit." Es war das Mädchen von vorhin in dem roten Cocktailkleid, Yoona. Bevor ich reagieren konnte, hatte sie mich bereits am Handgelenk gepackt und zog mich mit sich. Die Verwandtschaft zu Yoongi war nicht zu übersehen.

Paid // YoonMinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt