Kapitel 8

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Jimin

Ich war allein und lag zusammengerollt in diesem riesigen Bett. Das gesamte Zimmer war weiß, die Decke und Wände, die Bettbezüge, die Gardinen, sogar der Tisch und die beiden Stühle waren weiß. Alles war steril und rein. Ich war hier fehl am Platz.

Beschmutzt.

Ein Schluchzen entrang sich meiner gereizten Kehle und ich versuchte, die Tränen endlich zu stoppen.

Ich hatte Yoongi angeschrien, ihn dafür verantwortlich gemacht, dabei konnte er am wenigsten dafür. Er hatte mich gerettet. Wahrscheinlich wäre ich bereits tot, wenn er nicht früher gekommen wäre.

Er hatte mich nicht mit Abscheu angesehen, mich nicht geschlagen, als ich ihm meine Wut ins Gesicht geknallt hatte. Er hat es einfach über sich ergehen lassen und ist dann gegangen.

Ich wollte, dass er wiederkam, dass er mir nochmal so in die Augen schaute, wie er es getan hatte, nachdem er meine Stirn geküsst hatte. Seine Lippen hatten sich so kühl angefühlt.

Doch ich hatte ihn vertrieben, war zu weit gegangen. Und jetzt war ich wieder allein.

Ich drehte mich auf die Seite und wurde dabei schmerzhaft daran erinnert, dass ich einen Körper besaß. Die Schmerzmittel hatten ihre Wirkung verloren, doch ich würde keine Schwester rufen. Der Schmerz bewies, wie schwach ich war. Zeigte mir, dass ich unrein war. Ich passte nicht in dieses weiße Zimmer.

Ich fühlte mich taub. Als wäre alles egal. Nichts hatte noch eine Bedeutung.

Ich war nichts wert. Einsam und schwach, wie ich war.

Er hatte einfach meine Wohnung betreten, meinen Kopf gegen den Türrahmen geschleudert und mich zur Seite geschubst.

Ich wollte nicht daran denken. Mein Blick war auf die Wand gerichtet. Weiß. Unberührt.

Seine Hände waren überall gewesen, hatten mein Hemd zerrissen und meinen Oberkörper berührt. Mich geschlagen. Mein Blut war mir in die Nase zurück gelaufen, als er mich auf den Boden gedrückt hatte, und hatte mich zum Husten und Würgen gebracht. Auf dem Boden waren die dunklen Flecken gelandet.

Warum war alles in diesem Zimmer so sauber, so rein?

Er hatte mich auf den Bauch gedreht und mich weiter nach unten gedrückt, bis er seinen Gürtel um meinen Hals geschlungen hatte. Ich bekam keine Luft.

Ein und aus. Ich musste atmen. Ich musste mich beruhigen. Ich versuchte die Augen zu schließen und meinen Atem zu kontrollieren, doch ich sah sofort mein Blut, dass von meinen Armen auf dem Boden verschmiert wurde, als er mich auf die Knie zog und meine Hose runter riss.

Das kalte Leder an meinem Hals drückte mir weiter die Luft ab, während ich versuchte, von ihm wegzukrabbeln. Er hatte mich an der Leine, wie einen räudigen Köter. Meine Knie schmerzten und mein gesamter Kopf dröhnte in einem unbestimmten Rhythmus. Seine Finger strichen über meinen Eingang und ich wusste einfach, dass das das Ende sein würde.

Ich schlug meine Augen wieder auf und versuchte, mich auf nichts zu konzentrieren. Meine Gedanken sollten Ruhe geben. Ich konnte meinen Puls rasen hören. Sonst nichts. Ich hielt bewusst meine Luft an und horchte, doch es war völlig still in diesem Zimmer. Nur innerlich tobte in mir ein Sturm, ein zerstörerischer Kampf gegen meine Erinnerung.

Es sollte aufhören. Ich war es müde, es nochmal zu erleben, wieder und wieder.

Ich hörte seine raue Stimme, ganz dicht an meinem Ohr: "Schrei für mich." Ich tat, was er sagte.

Ich wollte nicht mehr. Ich wollte schlafen und einfach vergessen. Aber ich durfte nicht. Ich durfte meinen letzten Schutz, mein Bewusstsein, nicht verlieren.

Er war tief in mir, zerriss mich innerlich, bewegte sich zu schnell, zu hart. Er zerstörte mich. Er nahm mir das einzige, was mir in meinem verkorksten Leben noch geblieben war: Die Entscheidung, wie weit ein Freier gehen durfte.

Ich wollte nicht mehr. Mein Körper war so dreckig. Sie haben mich untersucht, gewaschen und verarztet. Aber ich fühlte mich beschmutzt. Ich gehörte zurück in meine runtergekommene Wohnung. Ich wollte nicht zurück. Ich konnte nicht zurück.

Ich würde nie wieder ruhig schlafen können. Sobald ich die Augen schloss, erschien dieses Bild vor mir, meine Hände auf dem mit Blut beschmierten Fußboden und meine Knie aufgeschrammt durch seine harte Behandlung. Er hatte mich zerstört. Er ist in mir gekommen.

"Jimin."

Ich zuckte zusammen und riss meine Augen auf, es dauerte einen Moment, bis ich die Person scharf erkennen konnte.

"Es tut mir Leid." Meine Stimme klang rau, als hätte ich tagelang nicht gesprochen. Er durfte mich nicht auch verlassen.

"Beruhig dich, alles wird gut."

Ich schaute Jungkook in die Augen und versuchte, nicht zu weinen. Doch ich war zu schwach. "Nichts wird gut werden", hauchte ich und richtete mich auf, legte mir die Hände über mein Gesicht, um die Tränen nicht zu zeigen.

Mein bester Freund setzte sich zu mir auf das Bett und versuchte, mich zu beruhigen.

"Du verstehst nicht", schluchzte ich, "er wird nie wieder mit mir reden! Ich bin so dumm!"

"Jimin, du bist nicht dumm! Und Yoongi ist dir nicht böse. Er wird wiederkommen."

Ich wollte ihm so gern glauben. Erleichtert lehnte ich mich gegen ihn, als er seine Arme ausbreitete. Es war für einen kurzen Moment, als würde seine Wärme meine Taubheit etwas vertreiben. Doch er war nicht die richtige Person.

"Du hattest Recht, er ist einer von den Guten. Er hat mich angerufen, damit du nicht allein bist."

Mein Herz schlug schneller. Vielleicht war nicht alles verloren. Ich wischte mir über die Augen und versuchte, die Tränen zu trocknen.

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Paid // YoonMinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt