03; entschuldigung

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t e s s a

"Ellie? Hey, Ellie!"

Ich streifte mit langsamen Schritten durch die Küche meines Arbeitgebers und ließ den Blick grinsend über all die Haushaltsgegenstände und Schränke schweifen, während ich Ausschau nach dem kleinen Mädchen hielt, das sich ganz offenkundig irgendwo in dem Raum versteckt hatte. Ich schaute mich überall genau um, machte hier und da mal ein paar Schranktüren auf, gab mir indes große Mühe, den Esstisch, aus dessen Richtung die ganze Zeit schon halblautes Gekicher kam, erstmal keine allzu wahrnehmbare Aufmerksamkeit zu schenken.

Ellie und ich spielten Verstecken. Wir waren mittlerweile bestimmt schon bei unserer zehnten Runde angekommen, aber dieses Spiel schien dem kleinen Mädchen trotz alldem immer noch so großen Spaß zu machen, dass wir nur schlecht eine Pause einlegen konnten.

Sie liebte es, sich zu verstecken;
es war nicht einfach zu erklären, aber irgendwie schien sie in diesem simplen Spiel richtig aufzugehen. Sie lachte und gluckste und amüsierte sich, zeigte dabei kaum mehr Anzeichen ihrer anfänglich viel zu großen Schüchternheit. Ich war erst seit zwei Stunden bei ihr, aber sie hatte sich in dieser kurzen Zeit so sehr geöffnet, dass ich mich ernsthaft selbst fragte, wie zum Teufel ich das jetzt schon wieder geschafft hatte. Sie hatte sich natürlich nicht völlig verändert und hatte ihre Zurückhaltung mir gegenüber auch noch nicht vollkommen abgelegt, aber ihre Entwicklung war hinsichtlich dieser knappen Zeitspanne trotzdem ziemlich beachtlich.

Nun hatte ich zumindest das Gefühl, dass sie sich richtig an mich gewöhnen könnte. Ich hatte das Gefühl, dass sie angefangen hatte, mir zu vertrauen und deshalb glaubte ich, dass ich nun sogar recht gute Chancen hatte, diesen Babysitter-Job wirklich und wahrhaftig zu bekommen.

Als ich vorhin gekommen war, hatte ich ziemlich große Angst gehabt, dass ich versagen würde. Ellies Vater hatte mir erzählt, dass sie oft ein paar Schwierigkeiten mit Fremden hatte und dass es deshalb schwierig werden könnte, eine Verbindung zu ihr aufzubauen - ich hatte befürchtet, dass das Mädchen mich nicht mögen würde, dass sie mich ständig meiden und dass ich diesen Job dann wieder verlieren würde, bevor ich ihn überhaupt richtig gehabt hatte.

Aber nun sah alles ganz anders aus.

Ich setzte meinen Gang fort und rief noch einmal nach Ellie, musste mir ein Lachen verkneifen, als ich mich im nächsten Moment etwas bückte, um mit einer Hand einen hellbraunen Schrank zu öffnen. Mir war klar, dass sie sich nicht dort drinnen befand, aber ich wollte einfach noch ein bisschen warten, bevor ich sie später dann endlich unter dem Tisch 'entdecken' würde. Ich war konzentriert und schaute etwas länger als nötig in das Innere besagten Schrankes, studierte all die vollen Flaschen und Dosen, die sich darin befanden, während ich mir fast schon krampfhaft überlegte, wann genau denn der richtige Zeitpunkt war, das alles aufzulösen.

Ich hätte sehr wahrscheinlich noch ein oder zwei Minuten so getan, als ob ich Ellie nicht finden könnte, aber auf einmal gerieten meine Pläne ins Wanken. Mein Blick war nach wie vor auf den offenen Schrank gerichtet, als auf einmal ohne Vorwarnung eine kratzige, unbekannte Stimme an meine Ohren drang, die mich einerseits mit ihrer Stärke aus meiner eigenen Welt riefen und mir andererseits ohne Mühe einen unbeschreiblich großen Schockmoment bescherten.

"Störe ich?"

Diese beiden Worte brachten mich mit einem Mal vollkommen aus meinem Konzept; ich stieß ein leises, erschrockenes Quieken aus und weitete meine Augen, während mein Kopf geradezu reflexartig nach oben schnellte. Den immer noch etwas geöffneten Schrank vergaß ich gänzlich, während ich ein paar Mal schnell hintereinander blinzelte und nach hinten stolperte, die Person zu der Stimme gleich darauf dann schlussendlich erblickte. Mein Mund stand weit offen und ich verschluckte mich beinahe an meiner eigenen Spucke, als meine Pupillen es nach einer halben Ewigkeit endlich schafften, die Figur eines ganz bestimmten Jungen zu fokussieren.

nightmare ❀ taddl, ardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt