Wenn Soldaten Generäle anschwindeln ....

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"Wir waren unvorbereitet, haben dafür aber nur wenige Verluste gemacht." Sinnierte Mycroft über die Berichte seiner Generäle.

"Es war nur ein Probeangriff, sie hatten nur einen Kommandanten, mit kaum Auszeichnungen auf der Uniform." steuerte Sherlock bei, der neben seinem Bruder über den Tisch im Hauptzelt stand.

Mycroft hob skeptisch eine Braue. "Ich wusste gar nicht , dass du auf dem Feld warst."

Sherlock wollte sich zwar nicht anmerken lassen während dem Hauptgeschehen mit etwas anderem beschäftigt gewesen zu sein, aber zu behaupten er wäre auf dem Schlachtfeld gewesen, wäre zu viel des Alibis. "Ich habe Informanten." erwiderte er knapp.

Damit schien sich sein Bruder zufrieden zu geben.

"Außerdem sind die meisten von ihnen geflüchtet, als der General gefallen ist. Treue Soldaten tuen so etwas nicht. Unsere Gegner haben also weder eine gute Ausbildung genossen, noch einen ernsthaften Angriff gestartet."

Sie dachten beide über die nächsten Schritte nach. "Nun wissen sie wie stark wir reagieren können." gab Mycroft von sich, auf den Rat von seinem Bruder wartend. Dieser spürte den erwartungsvollen Blick auf sich ruhen. "Du hast mehr Kriegserfahrung als ich, wie sollte ich mit Gewissheit den nächsten Schritt vorhersagen können?" erwiderte Sherlock ruhig.

Zustimmend nickte Mycroft. "Schick die Oberschwester zu mir, ich muss über unsere Verfügbaren Kräfte Bescheid wissen. Und ich möchte, dass du beim Training heute mitmachst."

Halb geschockt stimmte der Lockenkopf zu, er wollte sich nicht herumstreiten. Obwohl ihm übel wurde, bei dem Gedanken mit den trainierten Soldaten mithalten zu müssen, die ihn nicht ausstehen konnten, weil er mittlerweile jedes ihrer Geheimnisse kannte.

Wortlos wand er sich ab, als die Stimme seines Bruders ihn noch einmal aufhielt. "Sherlock, lass dich von denen nicht unterkriegen."

Sherlock bezweifelte, dass sein Bruder sich um ihn sorgte. Dennoch nickte er ihm zu und machte sich auf dem Weg zu Molly.


-


Nach wenigen Stunden trabten die schnellen Pferdehufen aus den Bäumen heraus auf die freie Fläche des amerikanischen Lagers. John schwenkte schon von Weitem mit seinem USA-Abzeichen, damit sie ihn als einen von ihnen erkannten.

Als endlich ein paar Hände die Zügel des schweißnassen Tieres festhielten, ließ sich John von dessen Rücken fallen. Er wurde mit Fragen eines Kommandanten überhäuft, doch John rief nur aus: "John Watson, Spähtrupp unter Leitung von Kommandant Scholto. Ich melde nur dem General persönlich."

Mürrisch wurde er bis zum Hauptzelt begleitet, in dem General Smith mit verschränkten Händen über den Tisch gebeugt saß. Der Holzstuhl knarzte unter dem Gewicht des älteren Mannes, als er aufstand, um John zu mustern.

"Holen Sie Scholto." säuselte er mit verengten Augen, dem Kommandant zu Johns Rechten zu nickend.

"So, so." Begann der Mann, der John auf Anhieb unsympathisch war. Die grauen Haare waren nach hinten gestrafft, was seine kahle Stirn übertrieben hervorhob. "Du hast also den Angriff der Briten überlebt." Er schenkte dem jungen Soldaten ein schiefes Lächeln. "Sag mir, wie konntest du aus ihrem Lager fliehen?"

In diesem Moment platzte ein weiterer Mann ins Zelt - James. John schlich ein erleichtertet Grinsen aufs Gesicht, als er seinen Freund gesund und munter sah. Mitten in der Begrüßungs-Pose vor dem General fiel sein Blick auf John und seine Augen weiteten sich. "John ...? Du hast überlebt! Wie bist du entkommen? Was ...?"

Doch General Smith unterbrach ihn. "Kommandant Scholto." Seine Miene nahm einen unfreundlichen Zug an. "Sie berichteten mir, die Briten seien überaus voraussichtig und flink. Doch wieso steht dieser unerfahrenen Frischling wohl-auf in meinem Zelt?"

James Blick wanderte zu John und wieder zu seinem Vorgesetzten, bis er gestehen musste, dass er keine Antwort hatte. "Ich kann es mir nicht erklären, Sir."

"Oh," entfuhr es dem General gespielt erstaunt. "So geht es mir auch."

"Ich bin geflohen." meldete sich John zu Wort und hatte sofort die Aufmerksamkeit der anderen beiden Männer. "Während dem Angriff ... ist der Raum in dem ich gefangen wurde explodiert. Meine Fesseln konnte ich aufreißen und flüchten. In all dem Tumult hat keiner gemerkt, wie ich eines der Pferde gestohlen habe." log John selbstbewusst. Er wollte nicht verraten, Kontakt mit einem der Briten gehabt zu haben - schon gar nicht, wenn dieser ihm geholfen hatte. So wie er Smith einschätzte würde er bis ins kleinste Detail nachhaken und die Beziehung zu seinen Gunsten ausnutzen. So würde er sich, und auch Sherlock, in Gefahr bringen.

Der General funkelte gefährlich mit den Augen und grinste breit, was seine schiefen Zähne zum Vorschein brachte. "Erzähl mir mehr!"

John trat einen kleinen Schritt nach vorne, schenkte seinem Kameraden ein flüchtiges Lächeln und begann die Dinge zu verdrehen. "Ich wurde an einen Stuhl gebunden und Tagelang ausgehungert. Sie haben mir Flüssigkeit in den Körper gespritzt, denn ich kann ich mich nicht erinnern, etwas Nahrhaftes zu mir genommen zu haben. Eines Nachts stellten sie Lichter um mich herum, damit ich nicht einschlief. Dann setzten sie mir Essen vor, welches ich nicht anrühren konnte, da meine Hände angebunden waren. Sie haben mit psychischer Folter gearbeitet, physisch litt ich nur unter den Seilen."

Bevor er weiter reden konnte unterbrach Smith. "Was für Essen?"

John dachte kurz nach ob er die Wahrheit sagen sollte. Die Augenbrauen des Generals hoben sich, als der Junge zögerte. Wenn John jetzt log, würde er es bemerken. "Gutes Essen. Warme Kartoffeln und Brot."

Smiths Augen verengten sich erneut. "Was ist ihnen aufgefallen, als sie durch das Lager gelaufen sind - Im Gegensatz zu unserem."

John schüttelte leicht den Kopf. "Sir, es ging alles so schnell, ich ...."

"Was hast du gesehen, Soldat?" nagelte der General ihn fest.

Der Blonde dachte kurz nach. Seine Hand zuckte zusammen, als er Sherlocks festen Griff dort spürte. "Es herrschte Chaos." begann er langsam. "Viele junge Männer liefen umher, wie bei uns, doch sie haben eine große Krankenstation." Er sah die dunklen Locken vorbeifliegen, die tiefen silbernen Augen hektisch umhersehen, voller Sorge.

"Ihre Gesichter waren starr und entschlossen. Auch mein Pferd ist ein hochwertiges. Das war alles, Sir."

Erst jetzt wurde John bewusst, dass er seinen General angelogen hatte. Dass er ein Gesetz gebrochen hatte und womöglich exekutiert werden würde, falls es herauskam. Und wofür das alles? Die Briten. Den Briten. Den einen einzigen Briten. Wie konnte er nur soweit gehen, nur um einen anderen Menschen - einen Feind - nicht in Gefahr zu bringen? John redete sich ein, dass er seine Schuld begleichen wollte - sein Leben für seines.

General Smith schickte Scholto fort, während er John in ein paar Stunden wieder hier erwartete. Die beiden Soldaten sahen sich verwirrt an, als sie in der kühlen Luft auf dem Militärgelände standen.

"Ich dachte du wärst gestorben ..." Setzte James mit belegter Stimme an.

"Ich kann dich doch nicht alleine lassen!" Erwiederte John und grinste seinen Freund an, das Geschehene in den Hinterkopf schiebend, wo es den Rest des Tages herumspuken konnte.

Soldaten (Johnlock)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt