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Oliver brummte der Schädel als er sich aufrappelte und schwerfällig anlehnte.
"Elegant." brummte er belustigt und genervt und lauschte den aufgeregten Wärterstimmen. Der Arzt kam hineingestürzt, erfasste die Situation und half ihm, sich auf eine Liege zu setzen. Dann nahm er sich einen Stuhl und setzte sich dem Rächer gegenüber.
"Dass ich mal die Ehre haben würde, Arrow zu verarzten." lachte er und sah sich den geschundenen Oberkörper des 29 jährigen an.
"Haben Sie nicht." stöhnte Oliver schmerzerfüllt und deutete schwach auf das blutige Nähmaterial und auf die selbstgenähte Wunde am Oberkörper. "Nicht sehr schön, aber es hat sich bewährt." grinste er und lehnte den Kopf an die kühle Wand.
"Das sehe ich." meinte der Arzt kopfschüttelnd und sah sich die Wunde genauer an. "Dieser Körper erzählt eine Geschichte des Leidens. Von wem stammt die Stichwunde?"
"Welche?"
"Die Frische."
"Sein Name war Ra's al Ghul."
"Und wo ist er jetzt?"
"Ich war kurz Ra's Al Ghul, jetzt ist es ein anderer."
"Haben Sie den ersten Razalku, oder wie auch immer er hieß, getötet?"
"Vielleicht." Es war offensichtlich, dass Oliver dieses Gespräch nicht weiter führen wollte, doch der Arzt bohrte weiter.
"Worauf werden Sie plädieren?"
"Weiß ich noch nicht."
"Hatten Sie schon ein Treffen mit Ihrem Anwalt?"
"Nein, ich hatte nicht einmal eine Kautionsanhörung wegen der zu hohen Fluchtgefahr. Es gab nicht genug Polizisten um das Ganze abzusichern, deshalb bin ich auch hier und nicht in einer Minizelle auf dem Revier."
"Verstehe... Stimmt es, dass Sie an die 30 Menschen umgebracht haben?"
"Vielleicht."
Resigniert ließ der Arzt von seiner Befragung ab und musterte noch einmal die Naht, die nicht von ihm stammte. Das sah ohne Frage geübt aus.
"Wieviele dieser Narben haben Sie selbst versorgt?" startete er noch einen Versuch.
"Keine Ahnung. Genug. Ich hab es nicht gezählt."
"Und wer hat die Anderen versorgt?" Die ganzen Narben hatten unterschiedliche Versorgungsmuster, mal war ein narbenförderndes, dafür schneller heilendes Nahtmuster erkennbar, mal sorgfältige, professionelle Nähte, mal gar keine Einstiche und einmal erkannte er sogar die Narben von Tackernadeln, die die Haut an diesen Stellen damals wohl notdürftig zusammengehalten hatte (er war Gefängnisarzt, er hatte schon einiges gesehen).
"Verschiedene."
Bedauernd, dass er seine Narbenschau nicht fortsetzen konnte, reichte der Arzt Oliver das Top, welches er anzog und den Overall darüber zuzog.
"Schönen Tag noch." brummte der Blondbraunhaarige und hinkte zu der Tür, um daran zu klopfen.
Er wurde wieder zur Zelle geführt und ganz artig wartete er, bis die Zelle zu war, bis er sich an die Wachen zum Lösen der Handschellen umdrehte.
"Könnten Sie mir bitte noch ein Oberteil besorgen? Es kann sein, dass ich dieses auch noch vollblute." fragte er freundlich und rieb sich die Handgelenke.
"Morgen wird geduscht, da kriegen Sie ein Neues. In zwei Stunden holen wie Sie zum Abendessen." sagte der Wachmann tonlos und Oliver wünschte sich in dem Moment einen Wachsmalstift, um diesen grauen Menschen anzumalen.
"Okay, dankeschön." Oliver drehte sich um und presste die Lippen auf diese typische Oliver Art zusammen und schnaufte angewidert. "Hygienisch." kommentierte er das Ganze trocken und ließ sich auf sein "Bett" fallen. Er zuckte nicht einmal zusammen als er auf die Wunde fiel und blieb dann motivationslos liegen. Wie sollte er hier jemals wieder herauskommen? Was würde William denken wenn er herausfände, dass sein Vater ein Knasti war?! Wer würde jetzt die Stadt so beschützen wie er es tat?
Verzweifelt drehte er sich um und schloss die Augen. Das mit dem Schlafen würde so schnell nicht mehr hinhauen.

Zwei Stunden später wollte Ollie einfach nur liegen bleiben, seine Hüfte fühlte sich an, als wäre er nochmal erstochen worden und sein Körper fühlte sich an, als wäre er eins mit der ungemütlichen Matratze.
"Aufstehen Queen, Abendessen! Anwesenheitspflicht!" Der Angesprochene blieb liegen,
"nur noch ein Bisschen Slade..." Wo er war spielte keine Rolle, war er auf Lian Yu? Ein Wärter kam in die Zelle und rüttelte an Olivers Schulter, doch nur einen Reflex später lag er mit Ollies Hand an der Kehle auf dem Boden.
"Entschuldigung!" stammelte er und robbte von seinem Opfer weg. Widerstandslos ließ er sich zur Mensa führen und er ignotierte die aufkommende Nässe, verursacht durch die noch immer leicht blutende Wunde. Sie war doch so gut verheilt, warum riss sie so schnell wieder auf?!
Beunruhigt nahm Oliver zwei Bissen seines Breis zu sich und begab sich so schnell es ging wieder zurück in die Zelle, wo er weiter ruhte bis zum nächsten Morgen. Doch schlafen konnte er nicht. Immer wieder sah er den Moment vor sich, als Ra's ausholte und ihm das Schwert in den Oberkörper stach.
"Seien Sie stolz auf sich. Sie haben länger überlebt als die Meisten. Hab keine Angst, mein Sohn. Der Tod kommt uns alle holen. Wir können ihn nur eine Weile vertrösten. Betrachten Sie dies als einen ehrenvollen Abgang."
Wie er ihn vom Felsen stieß, die Kälte. Ja, da hatte er wahrhaftig den Tod geschmeckt.

Am nächsten Morgen blieb er einfach liegen, die Wärter ließen ihn, was sollte er denn auch eingesperrt in der Zelle tun? Er schwitzte, er fühlte sich wie damals bei Tatsu. Schmerz, doch er war erträglich. Was ihm wirklich zu schaffen machte war das Delirium. Er benötigte Wasser, musste duschen und schlafen. Doch das alles schien meilenweit entfernt. Sein Atem wurde flacher, dann wieder tiefer, dann wieder flacher.
Der Mann auf dem Bett gegenüber sah besorgt zu Oliver. Er hörte die Atemschwankungen und wusste, niemand würde etwas unternehmen falls er starb. Falls er elendig zugrunde ging, verblutet in der Zelle.
"Hey?" ergriff er das erste Mal das Wort und stand auf. Der Angesprochene reagierte nicht, ein kurzer Husten schüttelte den Körper. "Hey!" versuchte er es nochmal, diesmal rüttelte er ihn an der Schulter.
"Mh?" brummte Oliver und drehte sich zu dem anderen Mann. "Slade?"
"Nein, ich bin nicht Slade. Brauchst du was?"
"Wasser." flüsterte Ollie und ließ den Kopf sinken. Hier zu verbluten wäre eine echt dumme Idee.
Der Fremde half ihm zu trinken und ließ ihn weiter ruhen. Der Blutfleck auf dem Laken entging ihm nicht.

Arrow - Wenn... Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt