Kapitel 1

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12. August 1984

Remus erwachte unter einem lauten Stöhnen. Letzte nach war Vollmond gewesen, weshalb er sich erst vor wenigen Stunden ins Bett geschleppt hatte und schrecklich müde war. "Ist Onkel Sirius nicht wach?", fragte er den kleinen Harry, welcher soeben munter auf ihn gesprungen war. "Onkel Siri sagt, ich soll lieber mit Onkel Moony spielen!" quiekte der kleine Harry, der erst im letzten Monat vier Jahre alt geworden war. Remus stöhnte auf und rief, so laut es ihm in seinem angeschlagenen Zustand möglich war, nach Sirius. Dieser erschien kurz darauf mit vom Schlaf zerzausten Haaren und zerknittertem Gesicht in der Tür des Schlafzimmers und grinste: "Na Moony, etwa keine Lust auf Harry?"
Remus fand das gar nicht lustig. Sirius war in den letzten Monaten unaufmerksam geworden was Remus betraf. Immerhin war er es, der Harry damals entführt hatte. "Denk einmal nach Sirius, so schwer kann das doch nicht sein" sagte Remus, der inzwischen wirklich sauer war. Sirius bemerkte es allerdings, überlegte kurz und schlug sich dann mit der Flachen Hand gegen die Stirn: "Verflucht, es tut mir leid Moony - Vollmond!" Er kam auf das große Bett zu, welches in der Mitte des Schlafzimmers stand und in dem Remus immer noch lag. Sirius schnappte sich Harry und warf ihn in die Luft, was diesen dazu brachte, laut zu kreischen. Remus seufzte und zog sich die Decke über den Kopf, um noch ein Paar Stunden Schlaf zu bekommen, bevor der tägliche Trubel wieder losging. Er hörte noch, wie Sirius die Tür hinter sich schloss und die Treppe nach unten rannte, vermutlich um Frühstück zu machen, bevor er wieder einschlief.

Er wachte am späten Nachmittag auf, als es leise an der Tür klopfte. Er richtete sich auf, streckte seine schmerzenden Glieder und zog sich auf dem Weg zur Tür noch schnell ein Shirt über den Kopf. "Morgen Moony! Ausgeschlafen? Wir wollten zu Abend essen", begrüßte ein gut gelaunter Sirius ihn. Remus folgte ihm die Treppe nach unten, wo er schon Harry hörte. "Schau mal! Schau mal Moony! Schau, was Onkel Siri mir gezeigt hat!" Sirius sah wegen Harrys Worte zwar stolz aus, aber mindestens genauso schuldbewusst. Remus ungutes Gefühl bewahrheitete sich als Harry "Womsbi Böff" brüllend im Sturzflug auf den Boden zuraste. Er versuchte sich noch rechtzeitig hochzuziehen, doch es gelang ihm nicht, weshalb er volle Kanne auf dem Boden aufschlug und anfing zu weinen.
"Harry!" rief Remus besorgt und rannt mit einem letzten bösen Blick zu Sirius aus Harry zu. "Harry, sieh mich an, Harry! Komm schon! Schau mich an!", versuchte er ihn davon zu überzeugen ihm sein Gesicht zu zeigen, damit er mögliche Verletzungen heilen konnte. Remus seufzte erleichtert, als Harry ihn aus wässrigen Augen ansah und nur ein paar kleine Kratzer sein Gesicht zierten. Er hob Harry sanft vom Boden und brachte ihn in die Küche, damit er schon einmal essen konnte, während Remus selbst noch mit Sirius meckern würde. In der Küche blickte er fragend zu Sirius, welcher die Achseln zuckte und gelassen meinte: "Wie gesagt, wir wollten essen. Deshalb solltest du kommen und kochen!"
Remus war nicht einmal überrascht, er war einfach sauer. Sirius schien ihn mit jedem Jahr, indem sie Harry nun schon erzogen, weniger zu schätzen. Er machte den gesamten Haushalt alleine, musste kochen, einkaufen und sich um ihren Schutz kümmern. Und was machte der Herr Black? Er spielte mit Harry, brachte ihm gefährlich Sachen bei und das einzig hilfreiche war wohl, dass er es war, der Harry das Sprechen und auch die richtige Grammatik beibrachte. Die Erziehung blieb allerdings an Remus hängen. Sirius hatte nicht viel für Manieren übrig oder Bücher, oder auch nur für ein bisschen Ruhe am Abend bevor Harry zeitig ins Bett ging. Auch davon hielt Sirius nicht viel. Er sah immer alles locker, und Remus fände das vermutlich nicht schlimm, wenn er nicht alles alleine machen müsste, zusätzlich zu den Verwandlungen in einen Werwolf jeden Monat. Besonders dann viel es ihm auf, wie auch heute, wie wenig es Sirius kümmerte. Er war in ihrer Schulzeit jeden Monat bei ihm, hat ihn tatkräftig unterstützt, wurde sogar zum Animagus. Und nun? Die letzten Monate hatte er es immer vergessen, obwohl Remus schon den ganzen Tag schwach und kränklich war nahm er ihm kein Stück der Arbeit ab. Remus hatte sich bisher zurück gehalten, er wusste genau, dass Harry es nicht mochte, wenn sie stritten, doch gerade hatte er das Gefühl, es nicht mehr auszuhalten.
Er atmete ein Paar Mal tief ein und aus und drehte sich dann langsam um, in Erwartung, dort Sirius und Harry zu finden, doch er war allein. Er nahm allerdings Geräusche wahr, die aus dem Wohnzimmer zu kommen schienen. Remus folgte ihnen und sah zu seinem Überdruss, das sowohl Harry, der inzwischen wieder lachte, als auch Sirius vor dem kleinen Fernseher saßen und eine Zeichentricksendung schauten.
"Sirius?" fragte Remus mit fester Stimme, um nicht jetzt schon los zu schreien musste er sich gewaltig zusammenreißen: "Würdest du Mal kurz kommen?" Sirius gab Harry noch einen Kuss auf den Kopf und folgte dann leicht genervt in die Küche.
"Was gibt's?" fragte er gelassen, was Remus nur noch mehr zur Weißglut trieb. Er schloss die Tür und belegte sie mir einem Zauber, sodass kein Ton nach außen dringen würde: "Sirius Orion Black! Was fällt dir eigentlich ein? Ich bin kein verdammter Hauself! Als du damals vor meiner Tür aufgetaucht bist dachte, wir machen das gemeinsam! Ich hab es satt, alles, aber auch wirklich alles, alleine zu machen während du dich mit Harry vergnügst! Weißt du eigentlich, wie beschissen es mir dabei geht?", schrie Remus den verdutzten Sirius inzwischen an, welcher nun aufstand um auf Remus zu zugehen, doch dieser wich zurück: "Nein, lass mich in Ruhe! Ich mache den Haushalt, ich koche, ich wasche Wäsche, ich erziehe Harry, ich kümmere mich um unsere gesamte Geheimhaltung und du? Du spielst mit Harry, sitzt gemütlich vorm Fernseher und machst mehr kaputt als ich aufräumen kann! Und das ist noch nicht Mal alles" schrie Remus weiter, Sirius war inzwischen zurück gewichen: "Ich verwandle mich jeden Monat in einem Werwolf, alleine eingesperrt in unseren Keller, weil du es jeden Monat aufs neue vergisst. Du, mein angeblich bester Freund, schläfst seelenruhig während ich Qualen leide! Und anstatt mir, wenn ich vorher und nachher krank bin, Arbeit abzunehmen, bist du an diesen Tagen besonders schlimm! Hätte es dich so viel von deinem, deinem Stolz oder deiner Würde, oder was weiß denn ich gekostet, heute einmal zu kochen? Harry heute nicht zu mir zu schicken? Ihm nicht gerade heute den Wronski Bluff beizubringen? Wäre es zu viel verlangt, dass du dich ein Mal wieder in lieben, treuen Hund verwandelst, der seinem Freund beisteht und ihn unterstützt? Erwarte ich zu viel von dir, Sirius?"
Remus war leiser geworden, bis er kaum noch zu verstehen war. Inzwischen hatte Sirius sich wieder zu ihm getraut und seinen Freund in die Arme geschlossen. So hatte er Remus noch nie erlebt. Remus war immer, egal in welcher Situation, gefasst, ruhig und perfekt koordiniert. Sirius konnte sich vorstellen, wie sehr es seinen Freund belastet habe muss um so zu reagieren. Und er hatte vollkommen Recht. Sirius war in den letzten Monaten nicht für ihn da gewesen, er war eine Last.
"Remus..." begann er leise, als sie sich gelöst hatten: "Es tut mir wahnsinnig leid. Ehrlich! Ich war ein miserabler Freund, keine Hilfe... Ich werde es ändern, ich schwöre, nächsten Vollmond kannst du komplett im Bett verbringen, und mit dem Putzen können wir uns abwechseln! Nur das mir der Wäsche, das kann ich nicht", gab es fast schon betrübt zu.
Remus grinste, in Gedanken zurück in ihrer Schulzeit, wo er Sirius jeden morgen die ersten drei Jahre lang die Krawatte binden musste. Sirius sah ihn ebenfalls grinsend an: "Die Krawatte, richtig? Weißt du was, Moony? Du gehst jetzt zu Harry und... Und liest ihm was vor und ich koche was schönes zu Abend, okay?" Remus nickte und lächelte, es tat ihm irgendwie leid, das er Sirius so angefahren hatte und wollte sich gerade entschuldigen als dieser bestimmt den Kopf schüttelte, als wisse er genau, was Remus sagen wollte, was vermutlich auch so war. Remus erreichte gerade die Tür, als Sirius ihm noch hinterher rief: "Du bist kein Hauself für mich, du bist mein Bruder!"

"Essen!", rief ein strahlender Sirius als er nach über einer Stunde das Esszimmer betrat in welches nur wenige Sekunden später ein lachender Harry flog. Remus hatte wohl seinen Spielzeugbesen repariert. Dieser flog, im Gegensatz zu seinem ersten, schon anderthalb Meter hoch.
Nun kam auch Remus und setzte sich, um zu begutachten, was Sirius gekocht hatte. Er war sichtlich überrascht, denn Sirius lachte sein bellendes Lachen und füllte ihm auf. Nicht nur Pesto mit Reis hatte Sirius zubereitet, sondern auch noch Salat, Fleisch mit gebackenen Tomaten und dem Geruch zu Folge, der immer noch aus der Küche kam, gab es auch noch ein Dessert.
Sie aßen, redeten und lachten über Harry, der Tomaten gar nicht mochte. Sein Gesicht verzog sich bei dem Anblick: "Aber SIRI! Sonst machst du nie gesundes Essen!" Sirius konnte ein grinsen nicht verbergen, auch wenn er den Beleidigten spielte: "Aber Harry, ich ernähre mich immer gesund und du brauchst deine Vitamine. Außerdem mag Moony Tomaten am liebsten."
Remus merkte, dass es ihm immer noch sichtlich leid tat, ihn so vernachlässigt zu haben, doch er war seinem Freund schon lange nicht mehr böse. Er war sich immer bewusst, das Sirius James vorzog, und das hatte ihn nie gestört, doch das Wissen, dass auch er wie ein Bruder für ihn war, machte Remus ungemein glücklich. Genau das war auch Sirius für ihn, ein Bruder, jemand, für den er sterben würde.
Remus wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Sirius mit einem Blick auf die Uhr verkündete, dass Harry nun ins Bett müsse. Harry und er waren gleichermaßen erschrocken ob der strenge in Sirius' Stimme. "Nein Siri, es ist zuuu früüüh!", maulte der gähnender Harry erfolglos als Sirius ihn hoch hob und nach oben trug.

"So, fertig. Eigentlich gar nicht so schlimm", überlegte Sirius, welcher gerade das Wohnzimmer betrat, in dem Remus bereits die Nachrichten verfolgte. Sirius hatte währenddessen tatsächlich den Abwasch gemacht.
"Als der Jaguar sich zurück in die Hexe verwandelte, warteten bereits ein paar Zauberer des Magischen-Unfall-Umkehr-Kommandos auf sie, um sie festzunehmen und den Schaden zu beseitigen.
'Nicht gemeldeten Animagi droht eine hohe Geldbuße!' ermahnte ein Sprecher des Zaubereiministeriums unsere Redakteurin vor Ort", sprach die Nachrichtensprecherin. Sirius griff die Fernbedienung und schaltete ab, als zu einer Vermisstenanzeige gewechselt wurde. Remus hätte sie gerne gesehen, sicher gehen, dass es niemand war, den er kannte, doch Sirius begann bereits zu sprechen: "Du, du hast mich vorhin gefragt, warum ich mich nicht einfach wieder in den lieben, treuen Hund verwandele." Er sah Remus nicht in die Augen, doch dieser wusste auch so, dass er noch nicht fertig war. "Ich habe mich seit James' Tod nicht mehr verwandelt." Als er zu Ende gesprochen hatte, wurde es still.
Remus war es nicht aufgefallen, doch jetzt, wo Sirius es offen ansprach viel es ihm wie Schuppen von den Augen. Früher hatte Harry immer darum gebettelt, doch nachdem seine Eltern verstorben waren, hatte er monatelang viel geweint und nie an den großen, zottigen Hung gedacht, vermutlich hatte er ihn inzwischen vergessen. Und da sie sich nicht getraut hatten, die Verwandlungen draußen im Wald zu verbringen, um bloß keine Aufmerksamkeit zu erregen, war es auch da nie zur Sprache gekommen. Der Keller war ohnehin winzig. Remus vermisste sein altes Haus was das anging, doch sie mussten sich nun mal verstecken. Und auch in keiner anderen Situation, war die Hundegestalt von Nöten gewesen, das Haus war nicht groß und ebenso der von hohen Tannen umgebene Wald. Kein Ort für einen großen Hund.
Remus sah nun Sirius direkt in die Augen, in diese sturmgrauen und tieftraurigen Augen. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Er war so in Gedanken gewesen, dass er die leisen Tränen erst nicht wahrnahm, welche ihm die Wangen hinunter liefen. Sirius hatte die ersten Monate nach James' Tod viel geweint, er hatte ihn nachts gehört und ihn oft vorm Kamin erwischt. Jedoch hatte er sich, ebenso wie Remus selbst, gehütet, vor Harry zu weinen, auch wenn es oft besonders schwer viel, wenn dieser in den ersten Monaten nach seinen Eltern geschrien hatte.
Remus nahm nun Sirius in den Arm und auch ihm kamen die Tränen. Er verstand Sirius, sie waren gemeinsam Animagi geworden, und jede Erinnerung an sein Hundeselbst verband er mit dem prächtigen Hirsch. "Tatze altes Haus, du solltest dich verwandeln. Nicht meinetwegen, deinetwegen und wegen James. Er hätte gewollt, das du der aktive, verspielte Welpe bleibst, der mehr kaputt bekommt als Harry auf seinem Besen." Als er sprach, hörte er Sirius' schluchzendes Lachen an seiner Schulter als dieser meinte: "Aber ich würde ihn damit verraten, es war unser Ding." Remus schüttelte seinen Kopf: "Und das bleibt es auch... Aber du konntest als Hund frei sein, abschalten, und ich denke, das würde dir gut tun. Und stell dir mal Harrys Begeisterung vor." Remus dachte kurz nach, sprach dann aber weiter: "Und wer weiß, vielleicht wird er einmal so wie James."
Jetzt grinste Sirius wieder, ihm gefiel die Idee, sie würden Harry in einen Animagus verwandeln. Auch wenn ihm natürlich bewusst war, das sie damit noch einige Jahre warten mussten.
In Gedanken versunken merkte Sirius erst spät, dass Remus bereits gegangen war. Er stand nun ebenfalls auf und ging zu Bett. Mit dem Gedanken daran, wieder mit Hirsch und Werwolf durch die Wälder streifen zu können, schlief er lächelnd ein.

What if...? Harry James Black-Lupin || Harry Potter ff||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt