Alexis

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Alexis

"Ich finde du solltest Gouda statt Edamer über die Nudeln machen. Edamer ist total widerlich!"

Mike sah mich von seinem Platz auf dem Fensterbrett aus durchdringend an, während ich am Herd stand und mit Argwohn die beiden Käsesorten, die neben mir lagen, betrachtete.

"Ist er nicht! Außerdem hat dich niemand gefragt und du isst sowieso nicht mit", erwiderte ich, genervt davon, dass er sich einmischte.

"Jaja, wenn du meinst. Aber muss ich dich ernsthaft daran erinnern, wer hier derjenige von uns beiden ist, der kleine Tomaten nicht von reifen Kirschen unterscheiden kann? Richtig. Du." Mike lachte laut und entblößte dabei seine perfekten weißen Zähne.

Ich warf ihm einen bösen Blick über die Schulter zu. "Das war ein Versehen, okay? Und du musst da auch nicht jedes Mal drauf rumreiten, wenn es irgendwie zum Thema Essen kommt", verteidigte ich mich und meine Unfähigkeit, was das Kochen betraf.

"Ich hätte nichts dagegen auch auf anderen Dingen herumzureiten", hauchte Mike, jetzt ganz nah, in mein Ohr. Er hatte seine Hand dabei auf meine Hüfte gelegt und zog mich enger an sich heran.

Ich wollte mir nichts anmerken lassen, aber trotz der guten Freundschaft, die Mike und mich verband, ging mir das ein wenig zu schnell, gerade, weil wir uns erst seit gut drei Monaten kannten. Ich wusste zwar, dass es nur ein Scherz war, fühlte mich aber trotzdem unwohl.

"Ja, aber ich hätte schon was dagegen!" Schnell drehte ich mich um und stieß ihn dabei von mir weg. Gespielt entsetzt brachte ich hervor: "Du bist so ein Schwein, ehrlich." Dann fing ich an, mit meinen Fäusten gegen seine Brust zu schlagen. Mike lachte nur. Es schien in keinster Weise so, als würde er einen Versuch starten, mich bei meinem Vorhaben zu stoppen, noch schien es, als würde es ihm auch nur in der geringsten Art und Weise etwas ausmachen, von mir amateurhaft verprügelt zu werden.

Irgendwann, lange nachdem ich, ebenfalls lachend, von ihm abgelassen hatte und wir beide an unsere ursprünglichen Plätze zurückgekehrt waren, wollte er gehen.

Er hatte mir bereits vorhin mitgeteilt, er habe heute nicht viel Zeit, weil sein älterer Bruder mit seiner Freundin zum Essen käme. Die beiden waren frisch verlobt und Mikes Eltern fest davon überzeugt, dass die dritte Ehe von Mikes Bruder nun endlich länger als ein halbes Jahr halten würde. Deshalb sollte Mike Ansels Freundin kennenlernen. Mike hatte zwar kein Vertrauen in die Prophezeiung seiner Eltern, tat aber trotzdem, was sie verlangten, auch wenn ich das Gefühl hatte, er tat es nicht gerne.

Sein Lieblingsthema schien es nicht zu sein, weshalb ich auch nicht weiter nachgebohrt hatte, genauso wenig wie ich es jetzt tat.

Unsere Verabschiedung fiel simpel aus – eine Umarmung, bei der er seine Hände von meinem Rücken ein wenig nach Süden wandern ließ, daraufhin ein Schlag von mir gegen den Oberarm und ein kehliges Lachen von ihm.

Kurz bevor ich die Tür schloss rief Mike mir noch zu: "Ach ja, Alex, die Nudeln dürften mittlerweile auch schon so weich sein wie Butter, die ein paar Stunden in der Sonne stand."

Fuck. Während er sich schlendern auf den Weg nach hause machte, eilte ich in die Küche, um von den Nudeln zu retten was zu retten war (was dann ungefähr soviel war wie nichts).

Dieser Idiot. Hätte er nicht früher etwas sagen können? Das hatte er mit Absicht gemacht. Wegen ihm waren diese blöden Nudeln jetzt zu nichts mehr zu gebrauchen, außer vielleicht um gefaketen Kartoffelbrei herzustellen.

Aber okay, Mike konnte nichts dafür. Ich war einfach nicht zum Kochen geborgen. Um ehrlich zu sein, ich war zu nichts geboren. Nicht einmal zum Badewassereinlassen.

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