Sam

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Sam

"Sam? Hey, Sam!"

Ich drehte mich ruckartig herum, gerade so weit, wie es mein Rollstuhl nun einmal zuließ. Mit den Augen suchte ich den Raum nach demjenigen ab, der meinen Namen gerufen hatte, auch wenn ich in meinem Unterbewusstsein wusste, dass es im Moment nur einen gab, der freiwillig nach mir rufen würde. Und wie erwartet, zwinkerte mir ein lächelnder Kyle vom anderen Ende des Raumes zu, als mein Blick ihn streifte.

Ich setzte einen fragenden Blick auf und zuckte mit den Schultern, um ihm zu signalisieren, dass ich nicht wusste, was er von mir wolle.

Mit den Lippen formte er die Worte: Guck auf dein Handy. Also kramte ich mein Handy aus der Hosentasche und entsperrte den Bildschirm. Und tatsächlich wurde eine neue Nachricht angezeigt. Nachher, große Pause, hinter der Sporthalle. Muss mit dir reden. -K, stand darin.

Ich blickte zu ihm auf und bestätigte ihm mit einem Kopfnicken, dass ich da sein würde.

Vom Rest der Stunde bekam ich nicht mehr viel mit, da ich fieberhaft darüber nachdachte, was er mir wohl erzählen wolle und was so wichtig war, dass er mir deshalb mitten im Unterricht eine SMS schrieb, um sich mit mir zu treffen.

Zum Glück musste ich nicht lange warten, da die Stunde von Mrs. Adams die letzte vor der großen Pause war.

Es klingelte. Schnell schmiss ich die ganzen Hefte und Bücher in meinen Rucksack, bevor ich in Rekordzeit zur Sporthalle raste.

Als ich völlig außer Atem an dem vereinbarten Treffpunkt ankam, stand Kyle schon mit einer Kippe in der Hand, lässig an die Wand gelehnt, da.

Mir fiel auf, wie fertig er aussah. Dunkle Augenringe und ungewaschene Haare. Das war untypisch für Kyle und deshalb keimte sofort Sorge in mir auf.

Als er mich bemerkte, begrüßte er mich mit einem einfachen Handzeichen.

"Hey", gab ich zurück.

Er stieß sich von der Wand ab und kam auf mich zu. Vor mir blieb er stehen und schaute auf mich herunter. Ich fühlte mich dabei ziemlich minderwertig, aber damit musste ich jetzt wohl klarkommen. "Wie geht's dir?", fragte er nach einer Weile.

"Normal. Und dir?"

"Gut."

"Okay."

"Und wie war dein Tag so?"

"Normal. Und deiner?"

"Gut."

"Okay."

Dann schwiegen wir. Keiner von uns beiden wusste was zu sagen war. Ich fand das ein wenig seltsam, da er sich doch mit mir treffen wollte, und jetzt hatte ich das Gefühl er wartete darauf, dass ich begann zu reden. O Mann, wenn's sein musste.

"Und wieso wolltest du dich hier mit mir treffen? Doch hoffentlich nicht um mich zu verführen, oder?"

Kyle lachte erleichtert auf, froh darüber, dass ich als Erster gesprochen hatte. "Nein, Kumpel, nein. Keine Sorge."

"Warum dann?"

In Kyles Augen blitzte etwas auf, das ich nicht richtig zuordnen konnte. Es sah aus wie eine Mischung aus Trauer, Verzweiflung und Scham. Er knete seine Finger, eine nervtötende Angewohnheit von ihm, und kaute auf seiner Lippe herum. Schließlich gab er beschämt zu: "Ich hab Scheiße gebaut, Kumpel!"

Eigentlich war das nichts Neues für mich, aber die Art wie er es sagte und wie er sich aufführte und aussah, ließ mich stutzig werden und in meinem Bauch breitete sich ein ungutes Gefühl aus, so als würde er gleich mit etwas weitaus Schlimmeren als dem Zigarettendiebstahl, damals im Laden meines Onkels, herausplatzen. Trotzdem nahm ich all meinen Mut zusammen und forderte ihn auf, mir zu erzählen, was passiert war.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 13, 2014 ⏰

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