1. Run away!
Egal, zurück zu wichtigeren Themen wie zum Beispiel die Situation zuhause.
Meine Mom hatte vor ein paar Jahren einen totalen Idioten geheiratet. Derek. Er hasste mich und um ehrlich zu sein konnte ich ihn auch nicht gerade leiden, denn er schlug meine Mutter und meine jüngere Schwester. Und ich konnte rein gar nichts unternehmen, ich hatte es oft versucht, aber es war Hoffnungslos. Meine Mutter weinte sich jeden Abend in den Schlaf, wenn er nicht da war und in irgendeiner Kneipe mit seinen Freunden saß. Meine kleinere Schwester Emely versuchte sie zu trösten doch auch ihr kamen nach einer Weile die Tränen. Und ich? Ich konnte nichts gegen das Elend tun. Welche Mittel hatte ich schon? Ich konnte nicht zu ihr, um ihr Trost spenden. Ich konnte es einfach nicht ertragen sie so zu sehen, also ignorierte ich es so gut es ging. Mir war bewusst das es nicht die feine Englische Art ist, aber wir sind hier auch nicht in England sonder im Bronx und hier war niemand nett zueinander. Niemand, also warum sollte ich es ändern, auch wenn es meine Mutter war.
Ich war ganz in Gedanken versunken und merke im ersten Moment nicht das ich längst bei der U-Bahn angekommen war. Ich kaufte mir wie immer kein Ticket also stieg einfach ein. Es gab wie üblich keinen freien Platz und so hielt ich mich an den dazu vorhergesehenen Stangen fest. Die Leute beachteten sich gegenseitig nicht wirklich. Sie waren alle in ihre Smartphones vertieft. Kein Hallo und kein auf Wiedersehen. Nichts der gleichen. Seelenlose Wesen dessen einzige Aufgabe es war vor sich hin zu lebe und immer mal wieder ein paar Glücks Momente zu haben. Doch auch diese waren eher Mangelhaft. Sie lebten auch nicht wirklich, sie existierten nur. Ich seufzte und senkte meinen Blick wieder. Dieser Anblick von ihnen machte mich Deprimierter als ich schon war. Die Bahn kam nach wenigen Momenten zum Stillstand. Einige Leute stiegen ein andere wieder aus. Auch ich musste aussteigen. Nicht weil ich hier raus musste, nein, weil mich die Traurigkeit der Menschen einfach nur übermannte. Ich musste hier schleunigst raus. An die frische Luft. Ich lief eilig zur Treppe die nach oben führte und übersprang die meisten Stufen, ehe ich wieder den Himmel erblickte.
Es hatte angefangen zu regnen und die Menschen die ausdruckslos an mir vorbeiliefen breiteten ihre meist bunten Regenschirme aus. Doch ich war noch nicht da angelangt wo ich hinwollte. Ich drängt mich durch die Menschenmasse und schwamm so gesehen gegen den Strom. Sie gaben brummende Geräusche von sich und fluchten leise vor sich hin. Wie ich das alles hier doch hasste. Mein Blick war jedoch stets nach vorne gerichtet und vom weitem konnte ich schon mein Ziel sehen. Die Brücke von Brooklyn. Dort wo nicht so viel Trubel war. Wo es ruhig war und nur Autos vorbei fuhren. Wo ich meine Gedanken sammeln konnte. Wo ich allein sein konnte. Ich merke wie ich anfing zu rennen. Ich konnte es kaum erwarten dort anzukommen.
Dann, endlich, ich war da. Ich lief mit langsamen Schritten bis zur Mitte der Brücke und setzte mich schließlich hin, meine Beine ließ ich runter hängen. Es regnete noch immer, doch das störte mich nicht im geringsten, im Gegenteil es beruhigte mich das tropfen zu hören. Wie die einzelnen Regentropfen auf dem Wasser unter mir aufkamen. Ich schloss meine Augen für einen kurzen Moment und atmete einmal tief ein und aus. Dann zog ich eine Schachtel und ein Feuerzeug aus meiner Hosentasche. Ich öffnete die Malboro Packung. Zog dort eine Zigarette raus und zündete sie an. Ich zog einmal kräftig an dieser und ließ den Rauch dann durch meine Nasenlöcher entweichen. Ich klopfte die Asche ein wenig ab und zog erneut. Es ging solange bis die Hälfte der Packung verraucht war. Danach zog ich ein kleines Tütchen mit einer winzigen bunten Pille aus meiner Jackentasche und schluckte dieses. Es betäubte meine Sinne sowie meine Gefühle für ein paar Stunden und ich konnte alles um mich vergessen. Ich lehnte meine Stirn gegen das Gelände und starrte aufs Meer hinaus. Meine Haare sowie Klamotten waren in der zwischen zeit durchnässt und Regentropfen tropften von einzelnen Strähnen auf meine Hände. Wie konnte das alles eigentlich so weit kommen. Was hatte ich im Leben falsch gemacht, das ich jetzt so bestraft wurde? Ich strich mir mit einer Hand durchs Haar verschränkte meine Hände hinter dem Kopf. Dann guckte ich nach der Uhrzeit und bemerkte erst jetzt das es später war als erwartet. Wie lang hab ich hier gesessen und hab in die Weite geschaut? Ich weiß es nicht.
Ich rappelte mich wieder auf und trat meinen Heimweg an. Meine Schritte wurden langsamer je näher ich der Wohnung kam wo ich wohnte. Ich wollte da auf keinen Fall rein. Ich wollte wieder umdrehen und diesen Ort nie wieder sehen. Einfach weglaufen, aber ich konnte nicht. Ich hatte nicht das Geld wo sollte ich denn bitte schon hin? So etwas wie Freunde kannte man in dieser Gegend nicht. Ich fischte schließlich meine Schlüssel raus und schloss zuerst die Haupttür auf und dann die Wohnungstür selbst. Ich versuchte es so leise wie möglich zu machen. Ich schloss sie hinter mit und lief in die Küche wo ich mir ein Glas aus dem Hängeschrank holte und es mit Leitungswasser füllte. Ich kippte es meine Kehle runter und erschrak als ich mich umdrehte und Emely hinter mir stand. Sie hatte eine blutige Lippe und ein blaues Auge. Oh nein, er hatte es schon wieder getan. Sie stand da und sah mich flehend mit ihren Kindlichen Augen an. Dieses Schwein. Sie war doch noch ein Kind. Ich ging ein paar Schritte auf sie zu, hockte mich ein wenig hin und zog sie vorsichtig in meine Arme. Sie fing an bitterlich zu weinen. Sanft begann ich über ihr Haar und über ihren Rücken zu streichen bevor ich sie ein wenig fester an mich drückte. »Justin, mach das er aufhört« schluchzte sie doch ihre Stimme brach ab. »Ich verspreche dir wir laufen weg. Gib mir noch ein wenig Zeit um Geld zu besorgen und wir sind hier weg. Ich verspreche dir ich hol dich hier raus. Ich verspreche es. Ich verspreche es. Ich verspreche es« flüsterte ich ihr diese Worte immer wieder ins Ohr.
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Brooklyn Bridge
Fiksi PenggemarHerzlos. Eiskalt und Unantasbar. Justins Welt in Mitten vom Bronx. Doch was wenn ein Mädchen in sein Leben tritt das ihn mit ihren Träumen, aus dem Loch in das er immer weiter reinzufallen droht, rausholt. Doch wie will man einen Menschen der die Ho...