34

2.5K 160 17
                                    

"Was ist denn mit euch los?", fragte Mik besorgt. "Ich will nicht darüber reden", flüsterte ich. Mik nickte verständnisvoll. Er setzte sich zu uns auf die Bank. "Was war was das für ein Buch?", fragte er vorsichtig. Ich schüttelte den Kopf und umklammerte das Buch in meiner Tasche noch fester, so als ob Mik mir das Buch aus der Hand reißen wollte. Vielleicht wäre es schlauer gewesen Mik erzählen was wir gelesen hatten. Aber auch nur vielleicht. "Was machst du eigentlich hier", fragte ich um die Stimmung aufzulockern. "Ich geh mit Ivy spazieren", antwortete er grinsend. Erst jetzt bemerkte ich, dass Mik von einem mittelgroßem, weißem Hund begleitet wurde. "Wir sollten zurück gehen", meinte Taddl nach einiger Zeit. Ich nickte und wir machten uns auf den Weg zurück. Mik hatte beschlossen mit zu kommen. Wir konnten nur beten, dass Stegi noch nicht wach war. Er würde sofort sehen, dass wir sein Notizbuch mitgenommen haben.

Als wir im Zimmer ankamen, schliefen alle außer Ardy, Izzi und Felix noch. Ardy musterte uns kritisch. So wie Stegi es immer tut. "Wo wart ihr denn?", fragte Izzi leise. "Ach nur ein bischen spazieren", meinte ich.
Ist ja auch irgendwie die Wahrheit.
Irgendwie.
Als Felix und Izzi weg schauten, legte Taddl schnell das Notizbuch auf Stegis Koffer. Ardy beobachtete ihn wütend. "Was habt ihr euch dabei gedacht? Und warum habt ihr mich nicht mitgenommen?", fragte Ardy leise, aber wütend. "Sorry, kleiner. Aber es tut dir nicht gut dieses Buch zu lesen", nuschelte Taddl und bevor Ardy etwas erwiedern konnte küsste ihn Taddl. Ardy erwiederte sofort und schlag seinen Arme um Taddls Nacken. "Leute! Wir sind auch noch im Raum", lachte Felix. Die zwei lösten sich von einander und wurden rot. Wir lachten. Es tat gut wieder mal zu lachen. Irgendwie kam es mir vor, als hätte ich das seit Jahren nicht mehr gemacht.
Wir hörten ein Grummeln aus dem Bett von Stegi und wenig später kam ein kleiner Blondschopf von der Leiter runter. Er schaute sich um und verschwand dann im Badezimmer. Ich und Taddl schauten uns an. Ich glaub wir dachten das gleiche.
Stegi ritzt sich.
"Was solln wir jetzt machen?", zischte ich ihn an. "Weiß ich doch nicht", zischte Taddl zurück. Alle schauten uns verwirrt an. Nur Ardy hatte auch mal gecheckt um was es geht.  "Ich glaub er will nicht, dass wir versuchen ihm zu helfen", meinte Ardy leise. "Was willst du sonst tun? Ihn dort drinnen verbluten lassen?", schrie ich ihn an. Jetzt sahen mich alle an. Felix kam auf mich zu. "Tim. Du sagst mir jetzt sofort was ihr die ganze Zeit vor uns verschweigt", knurrte er wütend. Ich schüttelte den Kopf. Er nahm mich am T-Shirt und drückte mich gegen die nächste Wand. So kannte ich Felix garnicht. So dominant. "Tim! Du sags mir jetzt was los ist!", schrie er mich an. Ich zuckte zusammen. Auch wenn ich größer war als er, war er um einiges stärker. "Felix hör zu...", versuchte ich ihn zu beruhigen. "Nein! Nichts: Felix hör zu. Du hörst mir jetzt zu!", schrie er und verstärkte seinen Griff. Izzi näherte sich uns und nahm Felix Hand von meinem T-Shirt. "Hör auf, Felix", meinte er mit sanfter Stimme. Felix sah ihn an. "Warum? Warum sagt mir denn hier keiner was los ist?", schrie er jetzt auch Izzi an. "Hör auf! Das bringt nichts!", schrie Izzi zurück. Ohne das Felix nachdachte holte er aus und klatschte Izzi seine Hand ins Gesicht. Izzi war geschockt. Er rieb sich die Wange und brach in Tränen aus. Felix schaute ungläubig auf seine Hand, als könnte er nicht realisieren, dass er gerade seinen Freund geschlagen hatte. "D-das...tut...", versuchte Felix rauszubringen. "D-du hast m-mich geschlagen", schluchtzte Izzi und rannte aus dem Zimmer. "Das wollt ich nicht...", flüsterte Felix noch. "Ok das geht zu weit, Felix. Ist dir klar dass du gerade deinen Freund geschlagen hast?", meinte Simon. Ich hatte garnicht bemerkt, dass Simon auch hier war. "Ja das ist mir klar", zischte Felix. Er rannte Izzi nach. "Warte, kleiner...", hörte ich noch Felix schreien. Ich und Taddl schauten uns an. In dem Moment kam Stegi aus dem Badezimmer. Er schaute zwischen uns hin und her. Ich hatte einen unbergründeten Hass auf Stegi und ballte meine Faust. Taddl sah mich zweifelnd an. "Nein. Oder willst du wie Sebastian werden?", fragte er ernst. Ich schaute auf Stegi und dann auf meine Hand. Eine Träne rollte meine Wange runter.
Seit wann war ich so sentimental geworden?
Ich war doch früher auch nicht so.
Ach ja. Seit wir Stegis Notizbuch gefunden hatten.
Toll.
Warum hatte wir es nicht einfach gelassen?
Warum mussten wir so scheiße neugierig sein?
Ich sah einen Blutstropfen auf den Boden fallen. Keiner hatte es bemerkt, außer ich. Ich sah zu Stegi welcher gerade versuchte den Tropfen mit seinem Fuß aufzuwischen. Unsere Blicke trafen sich. Es war mir in dem Moment egal, dass die anderen so rausfinden könnten, dass Stegi sich ritzt. Es war mir in dem Moment egal, dass Stegi so vielleicht herrausfinden könnte, dass wir in seinem Notizbuch lesen. Ich ging auf in zu und stellte mich vor ihn hin. Ich spürte seinen Atem auf meinem Hals, da er mir nur bis dort hin reichte. Ich nahm vorsichtig seinen linken Arm, wo vorhin das Blut rauskam und wollte seinen Ärmel raufziehen. Er wich aber zurück. Ich kam wieder auf ihn zu. Er wich noch mehr zurück. Letztendlich drückte er sich gegen die Wand und ich stand vor ihm. Ich griff erneut nach seinem Arm und zog diesmal den Ärmel hoch. Er schloss schmerzerfüllt die Augen. Ich schaute geschockt drauf. Mir wurde schlecht. Überall Schnitte. Die meisten bluteten noch. Ich streckte die Hand aus. "Gib mir die Klinge", hauchte ich. Er schüttelte den Kopf. Ich seufzte.
War ja klar.
Was hast du dir eigentlich erhofft?
Dass er sagt: Ja ok. Und dir dann die Klinge gibt?
Ja. Eigentlich hatte ich mir das erhofft.
Ich zog ihn ins Bad und fing an seine Wunden zu reinigen. Manchmal zischte er schmerzerfüllt auf. Danach verband ich seinen Arm, währenddessen schrieb er einen Zettel umd zeigte ihn mir mit bittenden Blick. Bitte. Sag es keinem. Ich will zu keinen Psycholgonen. Ich nickte stumm und machte weiter. Irgendwie wusste ich, dass es nicht nur wegen dem Psychologen war. Er wollte einfach nicht, dass die anderen versuchten ihm zun helfen.
Plötzlich kam Simon rein. "Tim? Was tust du da?", fragte Simon vorsichtig und schloss die Badezimmertür hinter sich. "Nach was siehts aus?", fragte ich monoton. "Anderer auch noch hoch", forderte ich Stegi auf. Er schüttelte wieder den Kopf, deshalb zog ich seinen Ärmel hoch. Es war nicht so schlimm wie beim anderen, aber schlimm genug, dass Simon checkte was hier abging. "Scheiße", brachte er raus und wollte aus der Tür stürmen. Ich hielt ihn fest. "Kein Wort zu niemanden", zischte ich. "Spinnst du? Stegi ritzt sich! Und du willst es niemanden sagen? Wir müssen das Kathi sagen und Stegi muss zu nem Arzt", meinte er und schrie fast. "Schhhhht...nicht so laut. Aber wenn du es einem Arzt sagst, was erhoffst du dir dann? Er wird ihn zu nem Psychologen schicken und dann? Stegi wird ihm ja wohl kaum erzählen warum er sich ritzt", meinte ich und verbannt auch den anderen Arm.
Simon setzte sich auf den Boden und lehnte sich gegen die Tür. Ich verstand ihn. Ich, Taddl und Ardy hatten jetzt fast zwei Tage gehabt um es zu verarbeiten und Simon wird von der einen auf die andere Sekunde damit konfrontiert. "Wer weiß es alles schon?", fragte Simon nach einiger Zeit.
Shit.
Jetzt muss ich mir gut überlegen was ich antworte.
Wenn ich Taddl und Ardy sage, dann weiß Stegi dass wir in seinem Notizbuch gelesen haben.
"Nur du und ich", log ich. Stegi musterte mein Gesicht. Schon wieder. Als würde er es wissen. Simon nickte langsam. "Jetzt such mal eine plausible Entschuldigung warum wir hier drinnen waren", meinte Simon und schaute mir in die Augen. Ich dachte kurz nach.
Eigentlich brauchen wir keine Erklärung.
Es waren nur Taddl und Ardy im Zimmer.
Und die zwei wussten genau was wir hier gemacht hatten.
Mik war vorhin schon gegangen.
Und Ju und Vik schlafen, trotz des Lärms, immer noch.
Ich ging ohne noch ein Wort mit Stegi aus dem Badezimmer. Taddl und Ardy schauten auf. Sie verstanden sofort und schauten wieder weg. So wie ichs mir gedacht habe. Ich setzte mich zu ihnen und zog mein Handy aus der Hosentasche. Stegi nahm sein Notizbuch in die Hand und setzte sich auf sein Bett. Simon stand ratlos im Raum. "Ich geh kurz spazieren", murmelte er und stolperte aus dem Raum.
Ich hatte mich in den letzten Stunden verrändert. Vom früheren, lustigen, gutgelaunten Tim war nichts mehr übrig. Leider.
----------------------------
Danke für 1,93k Reads und 192 Stimmen. :3
Mir bedeutet das echt viel.^^
Eigentlich wollte ich mkch schon bei 1k Reads bedanken.
Aber ich habs irgendwie verpennt und auf einmal hatte ich schon 900 mehr.
Danke💙

1492 Wörter

Schweigen // Stexpert ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt