Kapitel 5

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„Du musst heute Abend heiß aussehen", sagt Clarissa, als ich meine Haustür aufschließe.

Da meine Eltern bis zum Abend arbeiten, haben wir entschieden, noch kurz zu mir zu gehen. Sie will mir ein geeignetes Outfit zusammenlegen, doch ich bezweifle, dass irgendetwas Gutes dabei rauskommen wird. Mein Kleiderschrank bietet keine große Auswahl zum Zusammenstellen von „heißen Outfits".

Doch Clarissa weiß das und lässt sich nicht aufhalten. Voller Enthusiasmus stürzt sie sich auf meinen Schrank und wühlt in meinen Klamotten. In der Zeit beginne ich, mein Zimmer einigermaßen aufzuräumen. Es sieht wirklich schrecklich aus, auf Besuch bin ich nicht vorbereitet gewesen. Schulsachen schiebe ich auf meinen Schreibtisch, dreckige Wäsche stopfe ich in eine Tüte und verstaue sie in meinem Schrank.

„Das Wichtigste ist, dass du keinen Mundgeruch haben darfst! Das stößt total ab", erklärt mir Clarissa, während sie weiterhin in meinem Kleiderschrank stöbert, „hast du Mintbonbons? Davon musst du immer einen im Mund haben."

Ich lass vor Schreck fast eine Tasse Tee fallen, die ich mir gestern Abend gemacht und dann vergessen habe. „Für einen Kuss? Geht das nicht ein bisschen schnell?"

„Was? Nein! Ihr müsst ja nicht gleich miteinander schlafen, aber Küssen reicht vollkommen. Du musst mal ein bisschen lockerer werden was diese Themen angeht."

„Aber ich liebe ihn doch gar nicht", murmele ich kleinlaut und Joe spukt ein weiteres Mal in meinem Kopf herum. Clarissa dreht sich zu mir um und legt mir ihre Arme auf die Schultern.

„Bella, Liebling, Küssen hat nichts mit Liebe zu tun. Du weißt gar nicht, wie viele Jungs ich schon geküsst habe, und verliebt war ich selten."

„Aber ich will ihm keine falschen Hoffnungen machen", jammere ich und lass mich auf mein Bett fallen, „ich kann nicht mal küssen!"

Clarissa lacht und schüttelt den Kopf:„ Du machst mit einem Kuss niemandem falsche Hoffnungen. Sollte Giulio doch etwas in den falschen Hals bekommen, dann rede ich mal mit ihm. Und Küssen kann jeder. Du musst einfach nur die Lippen im Gleichtakt zu den Lippen deines Partners bewegen und, voilá, du küsst ihn."

„Lippen bewegen? Wie soll ich mir das vorstellen?"

Clarissa kichert und zeigt dann auf meine Hand:„ Übe mit deiner Hand. Das funktioniert, echt."

Nein, ganz sicher werde ich nicht in Anwesenheit von Clarissa das Küssen an meiner Hand üben. Aber Clarissa scheint das auch schon gar nicht mehr zu interessieren, denn sie hat das perfekte Outfit gefunden.

Natürlich hat sie mich auch gleich verdonnert, es anzuprobieren. Jetzt stehe ich vor ihr, mit einem weiten weißen Rollkragenpullover und einem schwarzen Rock mit Strumpfhose.

„Das ist perfekt!", haucht Clarissa und besieht ihr Kunstwerk mit runden Augen, doch ich schnaube auf.

„Ich sehe affig aus. Giulio wird nur lachen."

„Nein! Ganz sicher nicht. Du siehst süß damit aus", lächelt Clarissa und schnappt sich ihre Tasche von meinem Bett, „das Restaurant macht um 8 zu, also ist er circa viertel nach bei dir. Bei Problemen rufst du mich einfach an, okay?"

Ich nicke zögerlich und begleite sie zur Haustür:„ Irgendwie hab ich Angst."

„Du brauchst keine Angst zu haben. Giulio ist doch ein ganz Lieber. Außerdem glaube ich, er geht  sehr zärtlich vor. Wir sehen uns morgen im Museum", verabschiedet sich Clarissa, dann tritt sie aus der Tür.

Seufzend schließe ich die Tür hinter ihr. Mein erstes Date rückt immer näher. Das wird ein Spaß. Ich hoffe, mir bleiben peinliche Situationen erspart.

Bis Giulio kommt mache ich noch Hausaufgaben. Bei Chemie brauche ich besonders lange. Ich kann Chemie einfach nicht! Diese ganzen Formelgleichungen und dieser Mist, ich krieg das nicht auf die Reihe. Für mich klingt das nicht mal logisch! Diese ganzen Säuren, Struktur- und Formelgleichungen... Das kann ich mir nicht merken.

Ich sitze so lange an meinen Hausaufgaben, dass ich die Zeit vollkommen vergesse und als es an der Tür klingelt, habe ich mir meine Haare in einem zerrupften Dutt nach oben gebunden und trage Kuschelsocken.

Erst als ich die Tür aufgemacht habe und Giulio vor mir steht, bemerke ich meinen peinlichen Aufzug. Giulio hingegen sieht gestylt aus, mit einem lockeren Shirt und schwarzen Jeans.

Lächelnd sieht er mich an:„ Du siehst gut aus."

Ich räuspere mich verlegen:„ Danke. Du aber auch."

Oh Gott, sagt man so etwas auch zu einem Jungen?

Er sieht an sich herab und zieht an seinem Shirt:„ Na ja, ist nur ein weißes Shirt."

Lächelnd trete ich zur Seite und Giulio betritt mein Haus. Jetzt wird es ernst.



Forbidden- Geheime LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt