𝒦𝒶𝓅𝒾𝓉𝑒𝓁 𝓏𝓌𝑜̈𝓁𝒻

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K A P I T E L | 12
Wiedersehen

Zoey

Wir drehen uns beide zu der Stimme, die meinen Namen gerufen hat und erblicken Henry, der keine Minute später vor uns zum Stehen kommt. Dabei taxieren seine Augen zunächst Arthur mit einem Funkeln, dass ich nicht deuten kann. Sein Gesicht wirkt völlig ernst und angespannt, genauso wie seine Körperhaltung. Überrascht schaue ich ihn an, bis er seinen Blick zu mir wendet und mich forschend ansieht. „Mr. McLeod Sie müssen zur nächsten Untersuchung.", teilt er Arthur mit, wobei er seinen Blick nicht von mir abwendet. Im Blickwinkel erkenne ich wie Arthur sein Gesicht zu einer genervten Grimasse verzieht, sich dann aber tonlos umdreht und den Gang hinab schreitet.

„Zoey, was willst du hier?", dass er immer noch verärgert ist, ist deutlich spürbar. Seine ernstliche Mimik hat sich kein bisschen verändert.

„Ich ... vielleicht gehen wir besser in dein Büro?"

„Ich muss gleich wieder los.", hält er stur dagegen und schaut mich erwartungsvoll und ungeduldig an. Ein Weile blicken wir uns einfach entgegen, ehe ich ihm von meinem Vorhaben berichte.

„Du denkst wir brauchen eine Pause voneinander?", wiederholt er eins meiner Argumente, die nicht nur ihn, sondern auch mich selbst überzeugen sollen. Vorsichtig nicke ich. „Gut.", entgegnet er schließlich emotionslos.

„Gut?", perplex starre ich ihn an, woraufhin er bloß mit den Schultern zuckt. „Ich muss dann jetzt auch los.", damit verabschiedet er sich und lässt mich völlig überrumpelt stehen.

______

Meine Entscheidung anzweifelnd, überwinde ich mich dennoch und laufe zum Bahnsteig. Ich bin nicht wirklich anwesend und doch sitze ich nach unzähligen Minuten auf einer Bank am Hauptbahnhof Bahnhof und warte auf meinen Zug. Die Unterhaltung zwischen Henry und mir hatte ich mir um einiges anders vorgestellt, und doch beunruhigt und beschäftigt mich die Konversation mit Arthur McLeod mehr, als sie eigentlich sollte. Denn er ist erneut dauerhaft in meinen Gedanken und egal wie oft ich versuche mich dagegen zu währen, scheitere ich.

Es ist wie ein Teufelskreis, aus dem ich einfach nicht rausfinde, gleichviel ich es versuche. Sein Name reicht aus, damit ich hilflos falle.

Erst als der Zug mit hoher Geschwindigkeit und einem schrillen Geräusch auf dem Gleisen auf uns zu kommt, erwache ich aus meinen Gedanken und richte mich auf. Die Menschen neben mir drängeln sich nach vorne und warten ungeduldig darauf,dass der Zug zum Stehen kommt. Als er endlich mit einem ohrenbetäubenden Geräusch anhält, quetsche ich mich ebenfalls durch die bunte Menschenmasse, um mir noch einen Sitzplatz zu ergattern. Nach wenigen Minuten fährt der Zug auch wieder los und aus den kleinen Fenstern erkennt man panische Menschen, die dem Zug ein paar Meter hinterherlaufen, ehe sie den bereits verlorenen Kampf aufgeben und fluchend auf dem Bahngleis stehen bleiben. Seufzend lehne ich mich zurück und schließe erschöpft meine Lider, woraufhin ich auch sofort einschlafe.

Durch ein leichtes Schütteln wache ich auf und sehe erst nur verschwommene Umrisse, bis sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt haben und ich einen älteren Mann wahrnehme. „Miss, ihr Ticket bitte.", fordert er mich freundlich auf und nickend suche ich in meiner Tasche nach meinem Ticket und reiche es ihm sobald ich es gefunden hab. Er stempelt es ab und trottet anschließend den Gang weiter.

Als ich in Washington ankomme, ist es bereits dunkel, denn kurz nachdem der Schaffner mein Ticket kontrolliert hat, blieb der Zug aufgrund von technischen Problemen stehen und so komme ich mit einer zweistündigen Verspätung in Washington an. Mein Koffer hinter mir her ziehend, suche ich ein freies Taxi und werde nach fünfzehn Minuten auch endlich fündig und nach einer weiteren halben Stunde erreiche ich endlich die Militärbasis, in der ich soviele Jahre verbracht habe.

Zu meinem Glück erkenne mich die Soldaten am Eingang sofort und so dauert es nur zehn Minuten, ehe ich die Basis betreten kann. Leicht nervös bleibe ich stehen und betrachte die altbekannte Umgebung, die ich fast fünf Jahre nicht mehr zu Gesicht bekommen habe, denn Dad und seine Freundin, Lucy Ross, sind wenn überhaupt zu mir und Henry nach New York angereist und haben uns dort besucht.

Etliche Erinnerungen prasseln auf mich ein und meine Lungen ziehen sich schmerzlich zusammen, sodass ich nur schlecht Luft bekomme. Für einen kurzen Augenblick verschwimmt meine Sicht, doch für weitere sentimentale Momente bleibt keine Zeit, denn jemand ruft meinen Namen laut und quer über den Platz.

„Zoey? Du bist es ja wirklich!", ruft die Stimme verblüfft aus und schließlich erkenne ich Dan, der auf mich zu joggt. Kurz schaut er mich noch überrascht an, ehe er mich in seine Arme zieht und mich lachend hoch hebt. „Wow, dass ich dich wieder sehe!", grinst er und lässt mich los. Lächelnd zucke ich mit meinen Schultern und stehe etwas unbeholfen vor ihm.

„Großartig gewaschen bist du in derzeit ja nicht.", neckt er mich und grinst mich weiterhin an. Kichernd verdrehe  ich meine Augen und schlage ihm leicht auf die linke Schulter. „Und du bist dafür in die Breite übergegangen.", erwidere ich und lasse meine Blick über ihn gleiten. Doch es stimmt. Nicht wirklich im negativen Sinn, aber Dan hat ordentlich an Muskelmasse zugelegt. Und auch sonst hat er sich sehr verändert. Sein Kopf ziert kein einziges Haar mehr, und auch sein Gesicht strahlt eine andere Ernsthaftigkeit aus als vor sechs Jahren.

Er sieht wirklich gut aus.

Lachend legt er seinen Kopf in den Nacken und  mustert mich anschließend ebenfalls, wie ich es noch vor wenigen Minuten getan habe. „Du hast hier ganz schön gefehlt, Zoey. Vor allem deinem Dad und Marta.", teilt er mir schließlich mit und verschränkt seine Arme vor seinem Brustkörper.

„Mir haben sie auch sehr gefehlt. Ihr alle, Dan." Daraufhin legt er seinen Kopf schief und sieht mir starr in meine braunen Augen. „Warum kommst du erst jetzt wieder?", tief im Inneren wusste ich, dass irgendjemand diese Frage stellen wird, doch ich wollte es wirklich gerne vermeiden.

„Dan, nicht jetzt. Bitte.", wimmele ich ihn ab und er nickt, nach paar Sekunden, ergebend.

„Wo kann ich meinen Dad finden?", frage ich, um das Thema wirklich zu beenden und den Mann endlich wieder zu sehen, für den ich eigentlich hier bin. „Ich begleitete dich zu  Tom.", bietet er mir an, wobei es nicht wirklich ein Angebot ist. Stumm nicke ich und laufe den Pfad neben ihm her. Meinen Koffer hatte mir Dan abgenommen, sobald wir losgelaufen sind, sodass dieser noch kleiner hinter dem groß-gewachsenen und muskulösen Mann wirkt, als er so schon ist.

Mit einem mulmigen Gefühl begleite ich den Mann, dem ich einst das Herz brach zu meinem Vater, den ich schon einige Monate nicht mehr gesehen habe, während er mich in meinen Gedanken penetriert und verfolgt.



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Okay peeps,
Was glaubt ihr, weshalb sich Henry so merkwürdig verhält?

Das wars erstmal mit der Lesenacht🌚
Das vierte Kaptitel gefällt mir nicht mehr wirklich, sodass ich es morgen überarbeite und es dann spätestens Dienstag veröffentliche & die restlichen Kapitel werden auch nicht mehr lange auf sich warten lassen🙆🏼‍♀️

Also adios & bis dann!

xoxo M.C. Hoskins

vestiges of the past | on holdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt