𝒦𝒶𝓅𝒾𝓉𝑒𝓁 𝓋𝒾𝑒𝓇𝓏𝑒𝒽𝓃

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K A P I T E L | 14
Versöhnung

Zoey

Erschöpft und übermüdet komme ich in New York an. Die Verabschiedung hat mich letztendlich doch mehr mitgenommen, als ich geahnt hab. Meinen Dad, Marta, Piet und Dan wiederzusehen, war wirklich befreiend und so fiel die erneute Verabschiedung umso heftiger aus. Auch Dan und Piets Freunde waren eine erfrischende Abwechslung von meinem alltäglichen Leben, weshalb ich letzten Endes weniger an Henry denken musste, als ursprünglich erwartet.

Trotz den unbegründeten Sorgen, die ich mir vor der Ankunft in Washington bereitete, bin ich unglaublich glücklich darüber, dass Romy mich überreden konnte und ich meinen Dad und Lucy besuchte. Beide hatten ein offenes Ohr und auch wenn ich nicht bei allen Aspekten ins Detail gegangen bin, konnten die beiden mir helfen. Auch wenn es nicht immer Ratschläge waren, die sie mir geben konnten, hat die bloße Anwesenheit meines Dads mich zutiefst beruhigt. Dennoch werde ich immer beunruhigter, je näher ich meinem Appartement komme und somit Henry wieder sehen werde. Auch wenn ich ihm wahrscheinlich niemals über ihn erzählen kann, möchte ich, dass wir unseren Disput aus der Welt schaffen und uns wieder versöhnen. Dabei muss vor allem ich akzeptieren, dass auch er mir nicht alles erzählen möchte. Vielleicht ist dies keine gute Basis eine stabile Beziehung zu führen, allerdings kann ich ihn nicht zwingen mir etwas zu erzählen, wenn ich doch mit schlechtem Beispiel voran gehe.

Die hell leuchtenden Licher der Stadt wirbeln nur so umher und verleihen der dunklen Nacht eine helle Nuance. Dabei strahlen die bunten, neon farbenden Lichter mir entgegen und sogleich beginne ich, New York mit der Basis in Washington zu vergleichen. New York diente mir als Schutzmauer für alles vergangenes und auch wenn ich mich hier zuvor Zuhause gefühlt habe, hat der Besuch in der Basis so vieles verändert. Der Ort, den ich so sehr versucht habe zu vermeiden, wird plötzlich wieder zu meinem Rückzugsort. Wahrscheinlich ist es feige in Erwägung zu ziehen, dort wieder zu leben, nur weil meine Vergangenheit mich hier in New York versucht einzuholen, doch ich spiele tatsächlich mit dem Gedanke nach Washington zu ziehen. Ob Henry damit einverstanden ist, ist die andere Seite der Medaille.

Das Taxi hält und nachdem ich den Fahrer bezahlt habe, schnappe ich mein Gepäck und steige mit einer kurzen Verabschiedung aus dem gelben Auto, das kurz nachdem wieder in der fahrenden Metallmasse verschwindet. Seufzend drehe ich mich um, greife nach den Koffern und tapse zum Gebäudekomplex. Der alte, leicht gebrechlich aussehende Mann, Hank,  an der Rezeption begrüßt mich herzlich und entblößt dabei seine leicht schief stehenden Zähne.

„Wie gehts Ihnen, Ms. McCartney?" Hank humpelt um den Tresen, trotz meiner anfänglichen Proteste, und nimmt mir die Koffer ab, ehe wir gemächlich zum Aufzug gehen.  "Tatsächlich sehr gut.", antworte ich ihm lächelnd. Nickend nimmt er meine Antwort an und fragt mich, wie es bei meinen Eltern war. Leicht überrascht beginne ich zu erzählen, bis der Fahrstuhl sich öffnet und ich mich verabschiede. Den Koffer lasse ich neben mir stehen, winke dem in die Jahre gekommenen Portier noch einmal zu, ehe sich die Türen schließen und der Fahrstuhl sich in Bewegung setzt. Dabei tönt die typische Aufzugsmusik durch kleine Lautsprecher an den mit Birkenholz verkleideten Wänden. Die penetrate Musik nervt und beruhigt einen zugleich - auch wenn es die meiste Zeit bloß nervtötend mit anzuhören ist.

Als der Fahrstuhl zum Stehen kommt und sich die Türen erneut öffnen, ziehe ich mein Gepäckstück hinter mir her. Nicht ganz schlüssig, wie ich meine Gefühlsregungen einschätzen soll, greife ich nach dem Appartementschlüssel und schließe die Eingangstür auf. Leise fällt sie wieder hinter mir ins Schloss. Für einen kurzen Moment lausche ich der Stille, die sich im Appartement breit macht - doch Henry scheint schon zu schlafen.

Was um kurz nach Mitternacht nicht ungewöhnlich ist.

Spotte ich über mich selbst und blicke hinunter zu dem pechschwarzen Koffer mit den farbenfrohen Patches. Ich lasse ihn einfach im Eingangsbereich stehen und tapse leise in die Küche. Das Licht meines Handys erhellt und vereinfacht mir meinen Weg in die Küche - vereinzelt flackern Lichtstrahlen von vorbei fahrender Fahrzeugen sowie Reklametafeln durch das Fenster der Wohnung.
An meinem Ziel angekommen, erlösche ich das Licht meiner Handylampe und genieße die mich umgebenden Dunkelheit. Seufzend lege ich meine Kopf in den Nacken und lehne mich an die Küchentheke hinter mir.

vestiges of the past | on holdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt