[Mike] 24. November '18

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Wald.
Frische Luft.
Dunkle Wolken.
Grauer Himmel.

Sirenen.

Noch nie - in meinem ganzen Leben - hatte ich so Todesangst, wie in diesem Moment.
Nicht bei der Verhaftung, nicht als ich das Urteil hörte, nicht an meinem ersten Tag in San Margareta, nicht mal, als ich vergewaltigt wurde, nicht als ich den Verrückten Bill provoziert hatte, nicht als Ethan mir von dem Plan erzählte.

Jetzt, hier draußen, mit jedem Schritt, mit dem ich mich weiter von der Vergangenheit der letzten 15 Jahre entfernte, hatte ich immer mehr davor Angst, es würde ein Wächter oder Polizist auftauchen und mich auf einen Schlag einfach erschießen. Mir alles wieder nehmen, auf das ich so lange gehofft und hingearbeitet hatte.

Ich schüttelte den Kopf.
Ich musste optimistisch bleiben, für mich, für Ethan.

Ich umfasste das Papier in meiner Hand fester, als es plötzlich wie aus Eimern vom donnernden Himmel schüttete.
Ethan.

Ich schluckte schwer, als ich nun einige hundert Meter, mitten im Wald, war. Ethan war stark, Gott, sogar stärker als ich. Natürlich war er auch entkommen.
Darüber sollte ich mir gar keine Gedanken machen - eher, ob ich zurück zum See unserer Kindheit fand.

In einer Lichtung blieb ich stehen, nahm einen schweren Atemzug. Die Sirenen kamen und gingen - sie würden nicht im Wald suchen, die Wächter nannten es Selbstmord.
Doch fühlte ich mich gerade hier, am sichersten.

Langsamer trottete ich also weiter, orientierte mich allein über mein in den letzten Tagen erlangtes Wissen über die Lage des Waldes.
Denn entweder lief ich direkt in meinen Tod, einen endloslangen Kieferwald, oder in die Nachbarstadt meiner, einst, Heimat. Und ich konnte Ethan nicht im Stich lassen.

Äste zerbrachen unter meinen schweren Schuhen. Ich mochte das Geräusch; es war etwas anderes als das ewige Brummen von Maschinen und piepsen der elektrischen Schlösser.

Es donnerte schwer und in der Ferne blitzte es - Regen floss weiterhin in Strömen.

Und je länger ich darüber nachdachte, desto schneller traf es mich; Langsam überkam mich eine komische Welle aus Freude, Wahnsinn, mit jedem klaren - oder nassen - Atemzug den ich nahm. Ich fühlte mich frei. So frei! War ich es jetzt aber auch?

Ich starrte hoch zum dunklen Himmel, ließ das Wasser auf mein Gesicht herunterplätschern. Ja, Freiheit.

Es war real. Es war Realität. Ich war hier, draußen. Nicht mehr hinter Gittern und Stahl!
Ich rieb mit meinen Händen über mein Gesicht. Real, real, real..

Ich öffnete meine Augen, lachte leise. Ob sich Ethan genauso fühlte?

Die Realisation kam schnell.
Mein Blick senkte sich wieder.
Ich konnte nicht anders, als mir Sorgen zu machen. Ohne ihn hätte ich immerhin keine Woche in diesem Gefängnis überlebt.
Ich könnte es nicht verkraften ihn jetzt, in der verlockenden Freiheit, zu verlieren.

Doch sollte ich mich jetzt alleine auf eins konzentrieren: den See wiederfinden. Unser altes zu Hause war nur wenige Blöcke von diesem See entfernt - doch warum würde unsere Mutter uns überhaupt sehen wollen? Wir waren damals zwar keine Verbrecher, doch sind es nach den ganzen Prügeleien wohl geworden.
Obwohl ich irgendwie hoffte, sie könnte une verzeihen.

Seufzend ging ich weiter, gleiche Richtung, vielleicht 45 Minuten. Ich war gut im Zeit schätzen geworden.

Ermüdet wollte ich also eine kleine Pause machen, hörte jedoch plötzlich etwas;
Ich lauschte, blieb stehen, lauschte, blieb stehen; das Geräusch von Autos; eine Straße!

Trust me (man x man /boy x boy )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt