[Samuel] 1. Dezember'18

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Unten angekommen quetschten wir uns durch die Menschenmenge. Ich war überrascht, dass Philipp bei den ersten Geräuschen, welche mehr als eindeutig laute Stöhner gewesen waren, keinen Rückzug angetreten war.
Auf jeden Fall schien er etwas selbstbewusster als zuvor, schob sich zwischen ein paar Leuten vorbei, um besser sehen zu können.
Und ich folgte ihm, wollte seine Reaktion nicht verpassen, während ich hier und da noch ein paar alte Bekanntschaften grüßte.

Als wir schließlich einmal quer durch die Menge gewandert waren, standen wir wenige Meter von der kleinen Show-Bühne entfernt am Rand.
Philipps Mund stand offen. Ich konnte den Ausdruck jedoch nicht deuten.

Als erstes machte ich Verwirrung aus. Vielleicht aber auch Gleichgültigkeit, als hätte er so eine Szene jeden Tag ansehen dürfen - und langsam wurde es langweilig.
Wahrscheinlich war ich wohl einfach nur miserabel im einschätzen seiner Mimik. Kurz darauf wand er sich nämlich zu mir, seine Augen reine Fragezeichen.

So gab ich ihm den fragenden Blick nur zurück, schmunzelte leicht bei dem Anblick, wie er sich auf die Unterlippe biss und dabei doch so unschuldig mit seinen langen Wimpern klimperte.

Oh fuck Samuel, was tust du eigentlich?

Mein Gewissen war gut darin, gewisse Momente zu zerstören; und nun plagte es mich, zusätzlich mit extremen Herzrasen, warf mir allerlei Vorwürfe auf.

Du gehst mit deinem neuen Kellner in deinen Lieblingsclub, während er beteuert nicht schwul zu sein und wirst dann noch innerlich zum kleinen, schwärmenden Mädchen?
Ich war mir sicher, dass er nach dieser Nacht sofort wieder kündigen würde. Einerseits befand ich dieses Ergebnis ganz stark in mir für war, doch andererseits konnte ich nicht wirklich glauben, dass er mitgekommen wäre, nun auch hier stehen würde, wenn ich ihn nicht irgendwie anziehen würde.

Und wenn mein Gedankengang richtig war, hatte ich ihn so gut wie in der Tasche - oder im Bett eben.

Philipps Augen schweiften wieder zu dem breit gebauten Mann, welcher den Kleineren auf der Liege schematisch durch aller Art von Reize an die Grenze brachte, aber nie kommen ließ. Der Kleinere erschütterte bei jeder Berührung, voller Erregung, kniff die Augen vor Schmerz zusammen; und schon bald spürte ich, wie meine Hose enger bei dem Gedanken wurde, Philipp so vor mir liegen zu haben.
Als ich also nun wieder zu ihm sah, trafen sich unsere Blicke und meine Fingerspitzen begannen zu kribbeln.

Er schien nun mehr Neugierig, als verwirrt oder gar angeekelt.
"Tut das nicht weh?", flüsterte er, wie das unwissende Schäfchen, dass er nun in diesem Moment eben war.

"Das ist der Sinn der Sache", entgegnete ich also nur leicht lachend und nahm einen kräftigen Schluck aus meiner Flasche.

" Dass es weh tut?"

War er wirklich so unschuldig?

"Naja, es hat auch was mit Vertrauen zutun. Und Befriedigung."
Gegen Ende des Satzes wurde meine Stimme immer rauer und bestimmender. Ich hoffte, dass er das Kribbeln genauso spürte wie ich.
Ich war so verdammt heiß auf ihn.

Und als er sich endlich wieder nach langer Beobachtung, mir zuwand, war mir die Lust wohl so ziemlich vom Gesicht abzulesen.
"Dafür, dass du nicht schwul bist, scheinst du gar nicht angeekelt oder verstört."
Vor allem nahm er das ihm wohl nebensächliche Spiel, von Dominanz und Unterwerfung, ganz ruhig hin.

Und ein Lachen war eindeutig etwas, dass ich nicht gerade erwartet hätte.
Er machte den Mund auf, um etwas zu sagen, stockte jedoch und schüttelte plötzlich energisch den Kopf.
"Ich muss nicht schwul sein, um Toleranz zu haben. Wer meinte wir sind hier für den Spaß?", erinnerte er mich und nun musste ich leicht grinsen.
Mit jeder Sekunde gefiel er mir besser und besser. Er war nicht so leicht zu bekehren aber ich war mir sicher, dass er zumindest bisexuell war.

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