Kapitel 2
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Eine einzelne Träne lief mir die Wange hinunter. Krampfhaft klammerte ich mich an der Tischkante fest. Ich hatte das Gefühl, etwas zu brauchen, was mir halt gab.
Wow, ein Tisch. Starke Idee, Kayla. Als gäb es nichts besseres. Und als hätte Brom meine Gedanken gehört, schob er, wie zuvor Juri, seinen Stuhl zurück und stand auf. Er jedoch ließ mich nicht allein. Er breitete einladend seine Arme aus. Verzweifelt warf ich mich hinein. Mein Damm brach und die Tränen flossen mir in Strömen über die Wangen. Wie konnte er nur? Wie konnte er nur sein Leben für den Schutz des Mannes geben, der die Verantwortung für den Tod meiner Familie trug? Und mich alleine lassen! Ich schluchzte auf. Ich wollte ihm nicht böse sein, was hatte er schon für eine Möglichkeit? Eigentlich handelte ich nicht fair. Leise Schuldgefühle machten sich in mir breit, die ich jedoch schnell wieder dorthin verbannte, wo sie hergekommen waren. Hmpf. Es war so Ungerecht. Ich verdrängte den starken Drang, einen schuldigen zu finden und barg mein Gesicht an Broms Schulter, dessen Hemd meine erneuten Tränen auffing.⚜︎⚜︎⚜︎
Ich weiss nicht, wieviel Zeit vergangen war, aber irgendwann waren die Bäche auf meinen Wangen versiegt. Es fühlte sich an wie Tage. Brom hatte nichts gesagt. Er wusste, dass die Worte nicht bei mir angekommen wären und ihren Zweck verfehlt hätten.
„Geht es wieder?", fragte er mit seiner tiefen, aber beruhigenden Stimme, als wir draußen auf einer Bank vor der Hütte saßen. Er musste sie während meiner Trauerzeit angeschafft haben. Eine andere Erklärung bot sich mir nicht, da ich sonst etwas mitbekommen hätte. Ich nickte schwach, woraufhin er mir ein aufmunterndes Lächeln zuwarf.„Kann ich dich was fragen?". Ich setzte mich ihm gegenüber. Er antwortete: „Immer, mein Kind. Das weisst du doch".
„Hat es je eine Frau auf die Drachen-Akademie geschafft?"
Seine Augen weiteten sich, als er meine Worte verstand. Er sah mir eindringlich in die Augen, als versuche er in ihnen die Antwort auf eine unausgesprochene Frage zu finden. Dann schüttelte er langsam den Kopf. „Nein, bis jetzt hat es aber auch keine versucht." Es folgte eine kurze Stille, bevor er fortfuhr: „Kayla, ich weiss nicht, was du vor hast, aber es sollte in jedem Fall auch bei keiner Frau bleiben. Ich weiss, was in dir vorgeht, Mädchen. Sie nahmen dir deine Eltern, jetzt den Jungen. Mir ist bewusst, dass dich hier nichts hält, ausser mir, einem alten Mann, der wohl auch schon bessere Tage gesehen hat. Aber glaube mir, wenn ich dir diesmal sage, dass das, was ich denke, was du vorhast, keine gute Idee ist.", erwiderte er. Er hatte mich also durchschaut. Er kannte mich so gut. Und wiedereinmal hatte ich das Gefühl, er könne aus mir lesen, wie aus einem offenen Buch.
„Ich will auf die Akademie. Ich will mit Juri gehen.", bestätigte ich seinen Verdacht.
„Frauen sind dort nicht gestattet. Sie werden dich nichtmal mitnehmen, geschweigedenn an der einführenden Aufnahmeprüfung teilnehmen lassen."
„Ich weiss. Deshalb werde ich auch nicht als Kayla gehen. Wir wissen beide, dass mein Aussehen -nun ja- für eine Frau eher bescheidener ist. Schau, meine schulterlangen Haare könnten die eines Mannes sein. Viele Jungen aus dem Dorf tragen sie so. Es wird mir nicht schwerfallen meine Identität zu verstecken.", versuchte ich ihn zu überzeugen.
Sein rechtes Auge zuckte verdächtig und verriet seine Nervosität. „Nein! Das kann und werde ich nicht verantworten! Ist dir überhaupt klar, wieviele der Bewerber schon in der ersten Runde ausscheiden? Und mit ausscheiden meine ich kein einfaches Ich-geh-dann-mal-wieder. Sie sterben, Kayla! Die Prüfungen sind härter als du denkst. Sie verändern dich Stück für Stück. Du wärst nichtmehr dieselbe, falls du jemals zurückkämst!", sprach er nun mit erhobener Stimme gegen meinen Vorschlag, beruhigte sich jedoch kurz darauf wieder und atmete tief durch, bevor er fortfuhr: „Schau, die Drachenreiter haben ganze Dörfer beseitigt. Sie sind gefährlich, haben Drachen und jahrelange Kampferfahrung. Du bist bloß eine Person. Und obendrein auch noch eine Frau. Damit will ich nicht sagen, dass das was negatives sei, aber dafür sind Frauen nunmal nicht gemacht. Schmeiss dein Leben nicht für einen Kampf weg, den du nicht gewinnen kannst".
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Dark Love -Die Chroniken der Drachenreiter (Band 1)
FantasyWenn aus Hass Liebe wird und der argste Feind einem der engste Freund ist, fallen alle Masken. Kayla schleicht sich verkleidet als Junge ins Innere der Drachen-Akademie, um an den Drachenreitern den Tod ihrer Eltern zu rächen. Da hat sie allerdings...