Kapitel 3
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Ich lief auf einem der Pfade, die den Hügel hinab führten. Aus irgendeinem Grund nahm ich den längsten von ihnen. Womöglich ging ich diesen Umweg um mir Zeit beim Abschied zu lassen. Die stetig aufkeimenden Gedanken an Brom versuchte ich beiseite zu schieben. Sie erschwerten mir bloß jeden meiner Schritte. Lieber konzentrierte ich mich auf den Weg, hielt meinen Blick starr auf meine Füße gerichtet und bemühte mich die Steine und Stöcke plötzlich hochinteressant zu finden, sodass ihnen meine gesamte Aufmerksamkeit zugutekam. Sobald ich mich dem Tal näherte drangen bereits die Geräusche des Dorfes an meine Ohren. Menschen die wild durcheinander riefen und bereits jetzt auf dem Morgenmarkt ihre Ware anpriesen, kleine Kinder die spielten und das Bimmeln der Glocken, die die Ziegen um ihre Hälser trugen. Für all diese Menschen begann heute ihr Alltag, für mich fühlte es sich wie ein ganz neues Leben an. Ich betrat das Dorf von hinten und zwängte mich durch die engen Gassen zwischen den Ställen. Es roch nach frischem Heu. Sofort musste ich ein Niesen unterdrücken. Hinter einem Karren blieb ich stehen. Wohin nun? Mir blieben nicht viele Möglichkeiten, doch noch bevor ich sie abwägen konnte wurde mir die Entscheidung durch sich nähernde Pferdehufe abgenommen. Mein Blick schnellte zu meiner Linken. Augenblicklich erfasste ich die sich nähernden Karren. Sie waren nicht überdacht und ähnelten denen der Bauen.
Was hatte ich denn auch erwartet? Edle Kutschen? Da konnte ich noch lange warten.
In einigen der Karren konnte ich bereits die Umrisse einzelner Personen ausmachen. Sie mussten aus anderen Dörfern in der näheren Umgebung stammen und auf dem Weg bereits eingesammelt worden sein. Betrachtete man die bereits reisenden Männer, hätte ich nicht einen von ihnen für einen Soldaten gehalten. Für einen der Sorte Drachenreiter, wie ich sie bisher immer sah. Dennoch beschloss ich, sie alle mit Vorsicht zu genießen. Das Risiko entdeckt zu werden oder an die falschen Leute zu geraten war zu groß. Das sprach allerdins nicht dagegen, zu ihnen freundlich zu sein.Der Wagen hielt in der Mitte des Dorfes. Von meinem Versteck aus hatte ich ihn gut im Blick. Menschen begannen sich drum herum zu versammeln, Mütter umarmten ihre Söhne, als könnten sie sie so bei sich halten. Nicht weit von mir entfernt entdeckte ich ein mir bekanntes Gesicht. Juri starrte gebannt auf den Karren und kratzte sich verbissen am Hinterkopf. Es versetzte mir einen kurzen Stich zu sehen, dass er wohl nicht vorgehabt hatte, mich noch einmal zu besuchen um lebewohl zu sagen.
Seine Mutter stand neben ihm. Sie war Mitte vierzig, sah jedoch um einige Jahre älter aus. Ihre braunen Haare zeigten schon wenige graue Strähnen, auch wenn sie sich dem Anschein nach alle Mühe gab, dies zu verstecken. Sein Vater befand sich zu ihrer Rechten und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Etwas kleines zog an Juris Hand. Seine kleine Schwester Mim stand neben ihm und schaute mit großen Augen erst auf ihn und anschließend auf die Pferde. Ihr kleiner Finger zeigte auf einen Schimmel und sie rief laut, sodass es klar verständlich war: „Guck mal, Juri. Der ist sooo schön! So einen will ich auch haben". Daraufhin lachte Juri glucksend, beließ es aber dabei.
Einer der Kutscher stieg ab. Er trug Kleidung aus schwarzem Leder, die sehr mühevoll angefertigt worden sein musste. Sein Gesicht war vermummt, sodass ich ihn an der Akademie nicht wiedererkennen würde, falls er mir nochmal über den Weg liefe. Seinem Gang nach zu urteilen war er noch jung. Nicht so jung wie ich, aber für einen Boten schon. „Im Namen des Königs werden alle unverheirateten Männer im Alter von 20 Jahren aufgefordert, eine Ausbildung an der Drachen-Akademie zu absolvieren und seiner Garde beizutreten. Sie werden in besten Händen sein. Für unser Land!", rief er über die Menschenmenge hinweg. So machten sie es den Menschen also geschmackvoll in ihren eigenen Tod zu laufen und für einen Mann, der die eigenen Familien tyrannisiert, ihre Leben zu geben. Für unser Land. Als würde bei diesen Herrschaftsformen noch irgendjemand freiwillig für dieses Land kämpfen wollen. Da gab es nichts mehr für dass es sich zu kämpfen lohnte. Dennoch begannen einige, nachdem seine Worte verklungen waren, zu jubeln und warfen wild die Arme in die Luft. Schleimer. Andere standen reglos dar und reagierten nicht, als hätten sie nicht wahrgenommen, was der Mann gesagt hatte. Zu denen gehörte auch Juri, der seine volle Aufmerksamkeit seiner Familie schenkte und sich schon zu verabschieden schien. Nun begannen auch die anderen es ihm gleich zu tun. Schwestern und Brüder wurden umarmt, Väter klopften ihren Söhnen auf die Schultern und Mütter strichen sich Tränen von den Wangen. Alles in allem war es traurig, wie die Familien so auseinandergerissen wurden und kleine Mädchen ohne ältere Brüder aufwachsen mussten. Ich meine, wer hatte sich als kleines Mädchen denn nicht mal einen großen Bruder gewünscht?
Ich wagte nicht, mir vorzustellen wie es wäre, jetzt auch mit einer Familie dort zu stehen. Womöglich sogar einen Bruder zu verabschieden. Bevor die Bilder sich in meinem Kopf festsetzen konnten, legte ich meine Konzentration hastig wieder auf den Mann in Leder.
Er ging nacheinander zu den Familien und schickte die Einberufenen zu den Wagen. Einer nach dem dem anderen füllte sich, bis zu guter Letzte nur noch die Verheirateten in der Menge standen, die sowieso hier bleiben würden. Auf ein Signal des fremden Mannes hin setzten sich die Pferde in Bewegung. Langsam rollend verließen die zukünftigen Soldaten die Stadt.
Das war meine Gelegenheit. Ich musste mithalten. Also joggte ich, ohen groß nachzudenken, los. Hinter den Häusern entlang konnte ich ihnen unentdeckt aus dem Dorf hinaus folgen. Wir ritten direkt auf den Wald zu. Zu meinem Vorteil: Die Bäume boten mir die Deckung, die ich vorerst so dringend benötigte. Ich konnte schlecht einfach zu einigen von ihnen auf den Wagen hüpfen und sagen „Hi, ich bin der Neue".
Am Waldrand blieb ich stehen und drehte ich mich ein letztes Mal um. Viele der Umstehenden hatten sich schon abgewandt und nur wenige winkten noch. Da erfasste ein Umriss neben Broms Hütte meine Aufmerksamkeit. Da stand er. Regte sich nicht, bis auf ein schwaches Nicken in meine Richtung. Es war nur schwach, aber quoll so von Anerkennung und Respekt. Er stand hinter mir und glaubte an mich und dieses Wissen gab mir mehr Kraft, als alles andere es hätte tun können.⚜︎⚜︎⚜︎
Bereits einige Stunden folgte ich den Karren schon. Ab und zu hörte ich ein Gröhlen und lautes Gelächter. Die Männer verstanden sich prächtig. Obwohl meine Füße schon seit einiger Zeit schmerzten, setzte ich tapfer weiter einen vor den anderen. Plötzlich hierlt mich etwas mit einem Ruck zurück. Ein beißender Schmerz durchfuhr mich. Ich zischte leise, mein Puls stieg an. Ich wurde erwischt, das wars. Alles ist aus. In der Erwartung im nächsten Moment aufzufliegen drehte ich mich um. Und atmete erleichtert aus. Mein Bein hatte sich lediglich in einer mir unbekannten Pflanze verfangen, deren Stacheln sich durch die Leinen tief in mein Bein bohrten. Mit zusammengebissenen Zähnen zog ich sie raus. Dabei musste ich mir alle Mühe geben, ein Ächzen zu unterdrücken. Sobald ich mich befreit hatte und weitergehen wollte, machte sich ein brennender Schmerz in meinem gesamten Bein breit. So konnte ich unmöglich mithalten. Leise fluchend hastete ich weiter in die Richtung, in die die Wagen verschwunden waren. Erst spät nahm ich war, dass die Stimmen nun viel näher waren, als zu vor. Schnell suchte ich Zuflucht hinter dem nächstgelegenen großen Baum. Es war nur ganz knapp, fast hätte mich einer von ihnen gesehen. Sie hatten hier auf einer großen Lichtung ein Lager für die Nacht aufgeschlagen. Während ein Paar von ihnen damit beschäftigt waren die Zelte aufzubauen, verteilte sich der Rest. Nun waren sie überall, hasteten zwischen den Bäumen entlang und trugen Feuerholz zusammen.
Ich hielt Ausschau nach einer ganz bestimmten Person: Den Mann in schwarz konnte ich nicht entdecken. Unsicher lehnte ich meinen Kopf an den Stamm und bemühte mich, mein verletztes Bein zu entlasten. Ich schloss meine Augen und versuchte mich zu entspannen, doch riss sie im nächsten Moment wieder auf. Urplötzlich packte mich etwas -oder jemand- am Hals und ehe ich mich versah wurde ich von einer gewaltigen Kraft mit dem Rücken an denStamm gepresst. Meine Beine baumelten hilflos in der Luft. Ich zappelte, um mich zur Wehr zu setzen, hatte jedoch keinen Erfolg.
„Was stehst du hier so rum und drückst dich?", erklang eine Stimme, die mir bekannt vorkam. Schlagartig hörte ich auf mich zu wehren und schaute auf meinen Angreifer. Eisblaue Augen blickten mir entgegen und ließen mich schaudern. Es war beinahe, als könnten sie mir in die Seele schauen. Der Rest seines Gesichts war wie auch zuvor vermummt. Mein Hals wurde von einer in Leder verborgenen Hand umschlungen. Da war er also. Der mysteriöse Mann von vorhin. Und diese Augen... wie hatte ich sie übersehen können? Bevor ich meinen Gedankengang fortsetzen konnte schüttelte er mich erneut.„Antworte mir, wenn ich dich was Frage! Warum bist du nicht bei den Anderen und befolgst meine Anweisungen?", knurrte er.
Ängstlich riss ich die Augen auf. Er hatte mich nicht enttarnt, nein, er ging sogar davon aus ich sei von vorne rein dabei gewesen.
Und so begann also mein Spiel.⚜︎⚜︎⚜︎⚜︎⚜︎⚜︎⚜︎⚜︎⚜︎
Sorry für das späte Update, ich wollte meine letzten beiden Urlaubstage auf Mallorca mit den ganzen lieben Menschen da genießen. Jetzt hab ich aber wieder ganz viel Zeit zum Schreiben.
Ich lade jetzt im Anschluss direkt das nächste Kapitel, allerdings noch leer (!) hoch, da mir noch ein Part fehlt um an den Wattys teilzunehmen und das so noch geht. Natürlich werde ich das auch bald dann schreiben und aktualisieren, aber ich hab nur jz nur noch 1 minute zum einreichen, deshalb hehe
-Marie
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Dark Love -Die Chroniken der Drachenreiter (Band 1)
FantasiaWenn aus Hass Liebe wird und der argste Feind einem der engste Freund ist, fallen alle Masken. Kayla schleicht sich verkleidet als Junge ins Innere der Drachen-Akademie, um an den Drachenreitern den Tod ihrer Eltern zu rächen. Da hat sie allerdings...