VII

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Kapitel 7

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Die altmodischen Teppiche, die in den Gängen des Schlaftracktes, als welchen sich die rechte Gebäudehälfte herausgestellt hatte, den Boden überzogen, verschluckten dumpf unsere Schritte. Lucien führte mich schweigend durch etliche Flure, einige Stockwerke hinauf und bog letztlich auf einer Wendeltreppe links in eine schmale Sackgasse.
„Hier sind unsere Räume. Jedem Mentor und seinem Schüler ist einer dieser kleinen Flure zugeteilt. Hier links ist der Waschraum", erläuterte er und deutete auf eine Tür zu seiner Linken. Nun deutete er auf die vor uns liegende und gab mit zu verstehen, dass sich dort sein Schlafraum befand.
Eine letzte hölzerne Tür ging von der rechten Wand ab. Mit einem leisen Knarzen öffnete sie sich unter dem Druck seiner Hand und ermöglichte den Eintritt in einen Schlafraum, wie mir das Doppelbett neben der Tür verriet. Das war dann also mein Zimmer. Die Einrichtung war gar nicht so übel wie erwartet. Gegenüber dem Fußende des Bettes befand sich ein hölzerner Schreibtisch. Beim Gedanken hier mit den ganzen Kerlen für so eine lange Zeit zur Schule zu gehen stöhnte ich innerlich. Jeder Tag, den ich hier verbrachte ohne etwas zu in der Welt da draußen zu ändern, war ein weiterer, an dem Menschen unter der Monarchie des Königs litten, Dörfer von Drachenreitern ausgelöscht wurden und Brom alleine in seiner Hütte saß und den Hass der Dorfbewohner zu spüren bekam. Brom... beim Gedanken an sein gutmütiges Lächeln, dass unter seinem grauen Vollbart nur schwer erkennbar war, wurde mir warm ums Herz. Er war auch mal Drachenreiter, doch nun der liebevollste Mensch, den ich kannte. Ich rang zwar noch etwas mit dem Gedanken, musste aber zugeben, dass er sehr wohl Recht haben konnte, wenn er sagte, dass einige unter ihnen gut waren. Zu gerne wüsste ich, wer von ihnen seine Freunde waren und wie die Zeit seiner Ausbildung ausgesehen hatte.
An der Wand zu meiner Linken befand sich ein Schrank, dessen Türen mit schwungvollen Schnörkeln verziert waren. Ich schmiss den Beutel, den ich seit dem Verlassen meiner Heimat mit mir trug, achtlos auf den Schreibtisch. Ich würde später schauen, was Brom mir mitgegeben hatte. Vielmehr interessierte mich in dem Augenblick eine Tür direkt neben besagtem Schrank, die als einzige in unserem Flur kein Schloss hatte. „Wo führt die hin?", konnte ich den Drang meiner Neugierde nicht unterdrücken. Auf Luciens Gesicht erschien ein Grinsen, das nichts gutes heißen konnte. „Das, Kleiner, ist die Verbindung zu meinem Zimmer", beantwortete er schließlich meine Frage. Ich schluckte erschrocken. Jetzt war dieser aufgeblasene Idiot nicht nur die Person, die mir den Großteil meiner Ausbildungszeit gehörig auf den Geist gehen würde, sondern konnte auch noch jederzeit mal eben in mein Zimmer spazieren? Tolle Privatsphäre hier. Innerlich verzweifelte ich, überhaupt die ersten Wochen unentdeckt zu bleiben. Er brauchte bloß im selben Moment wie ich duschen zu wollen oder zur falschen Zeit den Raum betreten. Um mich abzulenken konzentrierte ich mich auf andere Dinge. „Wozu der große Schrank? Keiner von uns besitzt annähernd genug Kleidung, um gar die Hälfte davon zu füllen", sprach ich den nächstbesten Gedanken laut aus. Er lachte. Ein wunderschönes melodisches Lachen. Das sollte er lieber öfter tun, stattdessen läuft er mit seiner 7-Tage-Regenwetter-Miene rum. „Du willst doch nicht wirklich in der Kleidung trainieren? Sie schützt dich nicht vor dem leichtesten Schlag und wenn ich mir dich mal so ansehe, würde der deinen Gegnern schon fast zum Sieg reichen. In dem Schrank hängt Kleidung für euer Training und die freien Tage hier. Die solltest du zum Lernen der Theorie nutzen, unter der Woche bleibt euch dafür nicht viel Zeit. In vier Wochen findet die Einstiegsprüfung statt. Vielleicht bin ich dich danach wieder los, aber das wollen wir ja nicht hoffen, oder? Sie wetten schließlich eh schon alle gegen mich" Ich runzelte irritiert die Stirn. „Wetten?", hakte ich nach. Als wäre es das normalste der Welt zuckte er mit den Schultern und erklärte: „Die Drachenreiter schließen untereinander Wetten ab, welcher Mentor seinen Schüler zum Jahrgangsbesten machen kann. Was meinst du wo der Eifer her kommt, mit dem die Mentoren an die Sache rangehen? Bestimmt nicht aus der Motivation die Schlafräume mit einem Lehrling zu teilen oder diesem den Großteil der eigenen Zeit zu widmen. Daher ist es auch auch am besten, wenn man als erster unter den Lehrlingen seinen wählen darf" Das ergab Sinn. Denke ich mal. Das heißt nicht, dass ich diese albernen Spielchen nachvollziehen konnte. Um zumindest zu versuchen, dem Ganzen mehr Verständnis entgegen zu bringen hakte ich also nach: "Worum wettet ihr denn? Und was passiert mit dem Mentor, dessen Schüler am besten Abschneidet?" "Je besser der eigene Lehrling am Ende eines Semesters abschneidet, desto höher steigt man als Mentor in der Rangliste der Drachenreiter. Da steht also viel am dem Spiel, Bürschchen, denn davon hängt auch ab, in was für Arbeitsbereichen oder Angriffen man eingesetzt wird. Und verwetten tun wir schlichtweg Drachenmünzen, die einzige Währung, mit der sich Ausrüstung für den eigenen Drachen oder spezielle Waffen angeeignet werden können. Solche Requisiten sollen schließlich nicht in die falschen Hände geraten", fuhr er seine Erklärung sichtlich gelangweilt fort und nutzte Schamlos meine Unwissenheit aus um seine Überlegenheit dadurch deutlich zum Ausdruck zu bringen.
Ich hingegen ging nicht weiter auf das Thema ein, sollte er mich doch für noch so dumm halten, er war der, der nicht bemerkte, dass er sich mit dem gerade übermittelten Wissen ein mieses Eigentor geschossen hatte: In gewisser Weise hatte ich, wie ich nun wusste, ein Ass gegen ihn im Ärmel. Ich hatte mehr Macht über seinen Stand und womöglich ein verwettetes Vermögen, als ihm lieb war. Und dafür brauchte ich nichts weiter tun, als mich für so dumm ausgeben, wie er mich sowieso schon hielt. Früher oder später würde er das zu spüren bekommen.

Über dieses Kräftemessen unter den Männern hier konnte ich jedoch nur schlichtweg die Augen verdrehen. Die taten auch echt alles für ihr Ego. Bei der Erinnerung an die Einstiegsprüfung in vier Wochen wurde mir jedoch schlecht. Ich hatte schon viel davon gehört. Geschichten, von denen ich nur hoffen konnte, dass sie nicht wahr waren, sondern den Hirngespinsten irgendwelcher Irren entsprungen waren. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Lucien mich noch einmal gründlicher musterte. Er schätzte wohl seine Gewinnchancen ab. Mit einem "Dein Stundenplan und ein allgemeiner Wochenplan liegen auf deinem Schreibtisch, ab morgen beginnt dein Unterricht. Ich hab' noch einiges zu erledigen" wandte er sich von mir ab und verließ durch die Verbindungstüre zwischen meinem und seinem Zimmer das Meine. Kurz bevor er die Tür endgültig hinter sich schloss murmelte er noch gefährlich leise: "Und Bursche, ich werde meinen Vater nicht enttäuschen. Das hier läuft nach meinen Regeln, merk dir das". Das Klicken, das mir beteuerte, dass die Tür nun wirklich verschlossen war, riss mich aus einer unheimlichen Starre, in die mich seine Worte versetzt hatten.
Mit einem unwohlen Gefühl ließ ich Broms Beutel von meiner Schulter auf den Boden fallen und mich auf mein neues Bett sinken. Wie sollte ich das die nächsten Wochen nur überstehen? Es schien, als hätte hier alles Augen und Ohren und auch auf Juri konnte ich nicht zählen, ohne sein Leben zu gefährden. So saß ich wie ein Spatt im Nest des Adlers fest, unter stetiger Beobachtung, ohne jegliche Chance zu überleben.

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Es tut mir wirklich unfassbar leid, dass so lange wieder nichts von mir kam, aber ich war seit dem letzten Update vor 3 Monaten wirklich viel beschäftigt. Ich habe einer Freundin in (für mich jedenfalls) Rekordzeit ein Buch geschrieben und musste dafür diese Story nunmal leider hintenanstellen. Zukünftig wird, denke ich, wieder hier weitergeschrieben.
-Marie

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 01 ⏰

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Dark Love -Die Chroniken der Drachenreiter (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt