Kapitel 5
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Blinzelnd öffnete ich am darauffolgenden Morgen die Augen. Neben mir erklang noch das laute Schnarchen der anderen. Da ich möglichst nahe des Zelteingangs geschlafen hatte, konnte ich, ohne erst über etliche scharchende Männer zu klettern, problemlos ins Freie.
Nachdem die anderen gestern mit dem gesammelten Holz zurückgekommen waren, hatten wir ein großes Lagerfeuer gemacht und saßen im Kreis drum herum. Die Männer begannen sofort laut durcheinander zu reden und schienen sich prächtig zu verstehen. Kurz erhaschte ich einen Blick auf Juri, der auf der gegenüberliegenden Seite saß. Er unterhielt sich ebenfalls mit einer kleinen Gruppe. Sie schienen sich prächtig zu verstehen. Ich hingegen fühlte mich ziemlich verloren zwischen all den Fremden und wagte nicht, jemanden anzusprechen. Den Kutscher hatte ich erst wieder zu Gesicht bekommen, als er uns nach einigen Stunden in Gruppen für die Zelte einteilte. Ich war mit fünf weiteren in einer Gruppe. Sie hatten sich zwar alle vorgestellt, ich war jedoch zu müde um ihnen noch großartig Beachtung zu schenken und konnte mich somit bereits als ich mich wenige Minuten später schlafen legte, nicht mehr an ihre Namen erinnern.
Die ersten Sonnenstrahlen erstreckten sich über das Gras, das im Morgentau schimmerte. Alle anderen schienen noch zu schlafen und so fand ich mich alleine auf der Lichtung wieder. Kein Wunder. Sie hatten sicher auch einige Stunden länger als ich am Lagerfeuer verbracht. Da es noch früh am Morgen war, beschloss ich mir einen Überblick zu verschaffen, bis wo wir gestern gekommen waren und wie weit es noch bis zur Stadt war. Um über das Netz aus Baumkronen hinwegschauen zu können, zog ich mich an dem Ast eines nahegelegenen Baumes hoch. Mein Dorf konnte ich nichtmehr sehen. Trauer und Schuldgefühle wallten in mir auf. Was Brom wohl grade machte? Ob es ihm gut ging? Wie konnte ich ihn nur alleine lassen? Er hatte sein altes Leben für mich aufgegeben, mich immer unterstützt und bedingungslos gebliebt, obwohl ich nicht einmal seine eigene Tochter war. Was war ich nur für ein Mensch... Ich schluckte schwer. Er würde aber auch nicht wollen, dass ich alles hinschmiss. Zusammenreißen, Kayla! Während ich so dasaß, meinen Blick starr dem Himmel zugewandt, merkte ich nicht, dass nach und nach die anderen aus ihren Zelten krochen und sich versammelten. Erst als mich etwas unangenehm an der Schulter traf, sah ich hinab und entdeckte drei Männer. Der größte von ihnen, wahrhaftig ein Riese, hielt einen weiteren Apfel in der Hand. Der, mit dem er mich abgeworfen hatte, lag nun vor ihm auf dem Boden. Er entblößte grinsend eine Reihe ekelerregend gelb schräger Zähne. Die beiden, die hinter ihm standen, lachten verachtend. "Was machst du da oben, Schwächling? Angst vor den richtigen Männern unter uns?", rief er. Er warf einen unschuldigen Blick auf den Apfel, den er noch in der Hand hielt. "Da du dir dein Frühstück nicht abgeholt hast, hab ich gedacht ich bin so nett und werf es dir zu. Wie ich sehe bist du nicht nur schwach, Schwächling, auch Fangen scheint nicht wirklich deine Stärke zu sein. Bleibt wohl nur noch ein Apfel, vielleicht solltest du dich jetzt ein bisschen mehr anstrengen." Der am Boden liegende Apfel wurde mit jedem seiner Worte ein wenig mehr von seinem Schuh zermalmt. Ergeben seufzte ich. Was sollte ich gegen die drei schon ausrichten? Einer bulliger als der andere. "Kannst du nicht sprechen, kleiner?", verlangte der vordere erneut eine Reaktion meinerseits. Ich schwieg lediglich, in der Hoffnung sie würden den Spaß an ihrem kleinen Spielchen verlieren. Tja, falsch gehofft. Es schien sie nur noch mehr zu provozieren. So sah ich mit an, wie auch der zweite Apfel unter dem Schuh des Fremden verschwand. Prompt begann mein Magen zu knurren, wofür ich mich augenblicklich verwünschte. Die drei am Fuße des Baums lachten, machten allerdings keine Anstalten zu mir hochzuklettern, wofür ich nur allzu dankbar war. Nachdem zum Aufbruch gerufen wurde und sie somit zu den anderen zurückkehrten, wagte auch ich mich wieder nach unten, verweilte jedoch vorsichtshalber ein gutes Stückchen abseits. Und hasste mich für meine Unsicherheit den anderen gegenüber.
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Dark Love -Die Chroniken der Drachenreiter (Band 1)
FantasíaWenn aus Hass Liebe wird und der argste Feind einem der engste Freund ist, fallen alle Masken. Kayla schleicht sich verkleidet als Junge ins Innere der Drachen-Akademie, um an den Drachenreitern den Tod ihrer Eltern zu rächen. Da hat sie allerdings...