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Kapitel 6

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Vielleicht hätte ich mir denken können, dass selbst meine Ankunft hier nicht problemlos verlaufen würde, wie zu Anfangs erhofft. Aber dass es so kommen würde, wie es nun war, hätte ich mir im Leben nicht erträumt. Nachdem wir alle mit unserem Hab und Gut versammelt vor den Eingangstoren, die ins Innere der Akademie führten, standen, wurden wir in die Hausordnung eingewiesen. Ganz dieses typische Drama von wegen "nicht rennen auf den Fluren", "Pünktlichkeit zum Unterricht wird erwartet" und "ein gewaltfreies und gesittetes Miteinander ist vorausgesetzt". Eher außergewöhnlich erschien mir die Tatsache, dass mit Frauen nicht gesprochen werden durfte. Schülerinnen gab es zwar nicht, jedoch bezog sich das Verbot auf viele Angestellte. Dienstmädchen, die den Dreck der Drachenreiter erledigten, da diese sich offensichtlich zu gut dafür waren, und auch Köchinnen, die bei der wilden Meute und dem harten Training wohl allerhand zutun hatten. Immerhin bestand so noch Hoffnung auf annähernd appetitliche Malzeiten und keinen verkochten Brei. Der schwarze Mann klärte uns daraufhin auf, dass dies als reine Vorsichtsmaßnahme anzusehen war. Mich schauderte es bei dem Gedanken, was für Erfahrungen zu dieser geführt haben mussten. Hatte man den Frauen hier gedroht? Sie vielleicht ausgenutzt? Waren sie hier hin verschleppt worden und gar nicht freiwillig hier? Oder ging es noch viel weiter, bis hin zur Vergewaltigung? Ich verschob den Gedanken auf einen späteren Zeitpunkt.

Anschließend folgte die Zimmerverteilung, bei der gleich mehrere hellhöriger wurden, als bei den Regeln zuvor. "Ihr werdet nicht mit der Gruppe zusammen schlafen, eine gesunde Trennung zwischen Privatem und Schulischem hat bei uns hohe Priorität. Jedem wird somit ein kleiner Abschnitt mit Schlafzimmer und Waschraum zugeteilt", hatte der schwarzbekleidete Mann verkündet. Vereinzelt ertönte ein erfreutes Johlen, zwei junge Männer, ein paar Meter neben mir, klatschten sich froh ab. Ich glaube, auch ich habe nie etwas Schöneres aus seinem Mund gehört, als diesen einen Satz. "Ihr habt dennoch keine reinen Einzelzimmer, also freut euch nicht zu früh. Vergesst nicht, dass ihr hier in keinem Hotel seid, sondern immer noch diejenigen, die dem König unterwürfig dienen. Nicht andersherum. Und da uns die Qualität eurer Ausbildung dann doch wichtiger ist, als euer privater Mist, wird jedem ein Mentor zugeteilt, der mit euch innerhalb eurer Räume zusammenlebt. So können wir Fortschritte überwachen und jederzeit zusätzliche Trainingseinheiten für Einzelne anordnen" Das war dann also seine Umschreibung von so können wir euch und eure Loyalität besser kontrollieren. Wirklich sehr ansprechend. "Und jetzt ab durch die Halle, auf dem Hinterhof warten eure zukünftigen Mentoren und die haben gewiss nicht den ganzen Tag Zeit".

Sichtlich lustlos beendete er seinen eher begrenzt formellen Vortrag, machte mit wehendem Umhang auf dem Absatz kehrt und verschwand eiligen Schrittes in einem kleinen Flur hinter einer Biegung. Ich fühlte mich so hilflos und derart fehl am Platz, dass ich am liebsten Kehrt gemacht hätte. Dennoch trottete ich den anderen hinterher, als die den Befehlen des Fremden nachkamen und auf die vor uns liegende Tür zu schritten. Juri öffnete diese und trat gelassen als erster hindurch. Da die anderen mir mit ihrer Größe und der Breite eines Elefanten die Sicht versperrten, musste ich unruhig darauf warten, dass sich der Trubel vor mir etwas lichtete. Wir waren an einer großen Wiese angekommen, die von gepflegten, spitz zulaufend geschnittenen Bäumen umrandet wurde. Liebevoll verteilte Blumen leuchteten in allen Farben von jeder Seite und ich wurde gleich etwas glücklicher, als ich in Blickweite den Rand eines kleinen Waldstücks ausmachen konnte. Wenigstens ungestörte Rückzugsorte würde ich haben.

Die Männer, manche jünger, manche schon von grauen Bärten geziert, die in einer ordentlichen Reihe vor uns standen, bemerkte ich erst jetzt.  Einer von ihnen, kahlköpfig und sehr trainiert, trat vor und klatschte einmal, zum Zeichen der Ruhe, laut in die Hände.

Dark Love -Die Chroniken der Drachenreiter (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt