Ein letzter Schnitt 23.05.

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Ich kann nicht mehr...
Wie konnte ich auch nur so dumm sein und denken, dass ausgerechnet Jasmine mich versteht?!
Sie war seine verdammte Freundin und abgesehen von Paul traf Michael's Tod niemanden so hart wie sie.

Als ich ihr die Wahrheit gesagt habe, hat sie mich anfangs angeschrien und geschlagen, danach ist sie aber in ihre eigene Welt abgedriftet.
In die depressive Ruine ihrer sonst so strahlenden Welt...

Ich habe ihr das angetan.
Ich habe zwar nicht Michael getötet, dennoch bin ich mitschuldig.
Aber ich habe nicht nur ihr Leben zerstört.
Michael hatte eine Familie, Freunde...
Leute, denen er etwas bedeutet hatte.

Was habe ich getan?

Ich bin ein Mittäter an diesem Vergehen, ich habe nicht die Chance ergriffen und die Polizei gerufen, als Henry ihn zu Tode geprügelt hatte.

Ich hasse mich dafür.

Aber ich hasse mich noch viel mehr dafür, dass ich vergeblich darauf hoffe, dass mich irgendjemand bemerkt.
Meine 'alleinerziehende' Mutter arbeitet ununterbrochen und mein großer Bruder ist durchgängig high.
Freunde hatte ich keine.
Und dennoch hoffte ich auf jemanden, der mich von meinem schlechten Gewissen befreite.

Genauso wie Henry.
Er hatte mich an dem Tag bemerkt und versuchte gemeinsam mit mir das schreckliche Geheimnis zu hüten.
Manchmal ist es für die Leute besser, unwissend zu bleiben.
Das hatte ich bei Jasmine bemerkt.

Jetzt sitzt Henry vor mir auf dem kalten Boden in meinem Zimmer.
Wir beide hängen unseren Gedanken nach, während meine Schluchzer die Stille durchdringen.

Ich habe das Leben nicht mehr verdient.

Langsam hole ich eine Klinge heraus.
Dabei zittert mein Arm aber so stark, dass Henry darauf aufmerksam wird.

Er sah mich erschöpft an, als ich einen langen Schnitt machte.

Einen Schnitt vor dem Ende.

Das Blut fing langsam an, meinem Arm runter zu rinnen.
Ich wollte nicht gerettet werden und er wusste das.

Deshalb stand er auf.

Ein letztes Mal sah er mich an:"Keine Sorge Liebes, wir sehen uns bald in der Hölle wieder."

Eine einzige Träne lief ihm die Wange herunter.

Ein letztes Mal formten meine Lippen 'Sorry', während er den Raum verließ.

Noch ein Mord den er verantwortete.
Er hätte mich retten können.

Fifteen Broken PeopleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt