3. Kapitel

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„Ich muss mit dir reden, Stijn!"

Lasse hatte sich sehr viel Zeit gelassen, aber nun wollte er es endlich angehen. Er wollte einfach einen Zeitpunkt abwarten, an dem sein Bruder gute Laune hatte und vielleicht auch etwas zu betrunken war, um ihn gleich nieder zu schlagen.

Und der Zeitpunkt war nun da.

Sie hatten eine Siedlung überfallen, die reich war. Die Bewohner waren geflohen und die Männer, die sich ihnen entgegengestellt hatten, waren schnell niedergestreckt gewesen. Ein paar Sklaven hatten sie behalten, aber ihre Boote waren zum Bersten gefüllt.

Bevor es wieder nach Hause ging, hatten sie noch ein Gelage veranstaltet und das war gerade im Gange.

Stijn sah zu ihm.

„Was gibt es, kleiner Bruder?"

Seine Zunge ging etwas schwer, doch Lasse wusste, dass Stijns Verstand klar arbeitete. Ein Gunnarsson brauchte mehr um richtig betrunken zu sein.

„Setz dich, Mann! Du siehst so förmlich aus!"

Lasse seufzte leise.

„Ich muss mit dir auch förmlich reden. Nicht von Bruder zu Bruder!"

Tjark kicherte, als ob er schon wissen würde, was Lasse wollte.

Auf einmal wirkte Stijn ganz klar.

Er stand auf und winkte Lasse mit sich.

„Komm. Wir sollten hinaus und einige Schritte gehen."

Sie gingen gemeinsam aus dem Langhaus und schlenderten über den Hof.

Lasse verzog das Gesicht, als sie an einer Güllegrube vorbeiliefen, die mitten in der Siedlung war.

„Wie kann man nur so im Dreck leben?"

Stijn lachte leise.

„Das dachte ich schon oft. Aber trotzdem schaffen sie es immer wieder Reichtum zu scheffeln. Aber ich denke nicht, dass du mit mir über die Sachsen reden willst!"

Lasse schüttelte den Kopf und atmete tief ein.

„Ich will Jule zu meinem Weib nehmen!"

Er zog das Genick ein, doch Stijn schwieg, also versuchte Lasse es weiter.

„Sie ist nicht mit mir blutsverwandt. Niemand würde Anstoß daran nehmen. Wir sind uns schon lange zugetan."

Stijn schnaubte.

„Bei allen Göttern, denkst du, das weiß ich nicht?"

Wieder zog Lasse das Genick ein. Stijn klang wütend.

„Ich habe euch schon ein paar Mal erwischt. Du hast sie geküsst. Denkst du, ich bin blind? Oder dumm? Sie ist meine Tochter, verdammt nochmal. Was denkst du, warum ich einen Freier nachdem anderen abgelehnt habe. Doch du hast dir verflucht viel Zeit gelassen."

Lasse wandte sein Gesicht vorsichtig zu seinem Bruder.

„Du wusstest davon? Aber warum bist du nun wütend?"

Stijn schnaubte.

„Bist du schon bei ihr gelegen?"

Oh ha!

Er senkte den Kopf und schwieg.

„Ich habe dir eine Frage gestellt und erwarte eine Antwort! Hast du sie schon genommen?"

Lasse nickte und im selben Moment traf ihn Stijns Faust mitten ins Gesicht. Er fiel wie ein Baum auf den Boden. Stijn stand über ihm, die Faust erhoben.

Jules langer Weg -Gunnarsson-Saga Teil 3-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt