Chapter 17-Das Liebesgeständnis

2K 77 107
                                    

Mit zitternden Lippen reagierte ich. „H...hier."
Krächzte ich leise und hob mühsam den Kopf, während ich mich mit meinen restlichen Kraftreserven mühsam auf die Knie stützte.
„Scheisse, Diana."
Kyran stand schwarz gekleidet direkt vor mir, während andere, ebenfalls dunkel verhüllte Männer die Leichen der Männer aus dem Wagen zogen. Es ruckelte jedes Mal und jedes Mal strömten neue Tränen über meine Wangen.
Jetzt war es mir egal ob ich vor ihm weinte oder wie ich aussah. Ich war völlig fertig.
„I...ich."
Setzte ich an und wurde dann von Schluchzern geschüttelt.
Kyran ging vor mir in die Hocke und griff sanft nach mir.  In seinen Augen konnte ich Schmerz aufblitzen sehen, als er mich ansah. Das erste Mal dass ich so eine Regung an ihm wahrnehmen konnte. Doch gerade jetzt war es mir egal. „Komm, ich halte dich."
Meinte er und ich konnte seine unterdrückte Wut spüren. War er wütend auf mich?
Ich schwieg und die Tränen tropften auf seine Arme und Hände, als er einen um meine Hüfte und einen unter meine Beine schob, um mich dann hochzuheben als wäre ich eine Feder.
Ich hing in seinen Armen wie ein Sack mehl, nicht fähig mich zu orientieren. Alles drehte sich, mir war noch immer übel.
Ich versuchte, nicht zu Boden zu sehne, als er mich aus dem Van trug. Denn dort lagen die Körper. Von toten Menschen. Die Kyrans Männer und vielleicht sogar er selbst getötet hatten.
„Kannst du stehen?"
Fragte mich Kyran, seine schönen, vollen Haare hingen ihm in die Stirn und seine Augen lagen im Schatten. Ich sah nur, das seine vollen, anmachenden Lippen zu einem Strich zusammengepresst waren. Ich nickte und wollte tapfer sein.
Vorsichtig stellte er mich auf den Boden.
Mit wackeligen Beinen stand ich da, den Rücken fest an Kyrans Oberkörper gedrückt und flach atmend.
Meine Sicht war verschwommen und meine Augen vom vielen Weinen unterdessen verquollen, aber ich konnte noch immer Julio erkennen.
Er wurde gerade unsanft in einen schwarzen Wagen gestossen und mit Waffen bedroht. Einer von Kyrans Männer, die ich noch nie gesehen hatte, geschweige denn wusste woher sie kamen, schrie ihn an.
„Wir wollen über ihn seinen Auftraggeber finden. Aber keine Angst, er wird dir nicht zu nahe kommen können, dafür sorge ich. Und danach wird er verschwinden."
Meine Beine gaben nach und ich sackte nach unten. Ich hatte nicht einmal vor, mich aufzufangen. Ich wollte einfach nur loslassen und diesen Schock so weit von mir weg stossen wie nur möglich.
„Ouoh."
Machte Kyran und fing mich blitzschnell wieder auf und hob mich gut.
„Ich hab dich Teufelchen. Ich hab dich."
Seine Hand strich sanft über meine Haare und das entspannte mich erstaunlich fest. Es veranlasste mich dazu, loszulassen und mich zu entspannen.
„Ich...ich will hier weg."
Wimmerte ich nur und vergrub den Kopf an seiner Schulter. Er roch so gut, er roch so beruhigend.
„Du bist jetzt bei mir. Es wird alles gut ich passe auf dich auf. Niemand wird dich je wieder anfassen."
Murmelte Kyran mehr zu sich selbst als zu mir. Doch seine Worte zeigten Wirkung.
Als würde mein Körper spüren, dass er jetzt nicht mehr kämpfen musste, schaltete er sich aus.
Ich spürte noch Kyrans Hände an meinem Rücken und unter meinen Knien, und wie er Jemanden anwies eine Decke zu bringen, dann wurde ich von Dunkelheit umhüllt. Ich schien zu fallen, in ein dunkles, kühles Nichts. Und dann war alles weg.

Als ich wieder zu mir kam, musste ich einige Male blinzeln, um mich an das Licht im Zimmer zu gewöhnen. Es schmerzte in meinen Augen und ich verzog lautlos das Gesicht. Meine Wange begann sofort zu schmerzen. Ich fasste mit an die Stelle, an der ich geschlagen worden war und zuckte zusammen, als mich die Erinnerung erneut mit voller Wucht traf. Ein Pflaster klebte dort, ich war also in Sicherheit.
Als nächstes setzten meine Sinne wieder ein. Ich spürte eine warme, flauschige Decke um mich herum und mein Kopf ruhte auf einem dicken, aufgeplusterten Kissen. Ich atmete ein, es roch nach Kyran. Das war sein Zimmer. Ich war bei ihm zu Hause. In Sicherheit. Ich atmete tief ein. Dann bemerkte ich erst die beiden, beinahe identischen Gestalten vor mir im Zimmer auf und ab gehen.
Sie stritten sich.
„Das ist alles deine Schuld Kyran! In was für eine Scheisse hast du sie da rein gezogen?"
Blaffte Ian seinen Bruder an. Daran wie unruhig er im Raum herum tigerte und seinen grauen Pulli knetete, konnte ich seine Sorge erkennen.
Kyran blieb an die Wand gelehnt stehen, doch er schien aufs äusserste Genervt.
„Wer hat ihr denn bitte alles über uns erzählt? Sollte ich ihr das Wissen etwa aus dem Kopf löschen oder wie stellst du dir das vor!"
Ian raufte sich die Haare.
„Keine Ahnung aber mal sicher nicht überall herum erzählen sie sei deine Freundin! Ich sagte doch du sollst dich von ihr Fern halten!"
Kyrans Augen funkelten Wütend auf. Er konnte wirklich eiskalt werden.
„Ich habe ihr geholfen, Newmans Verhör zu bestehen und mit der ganzen Sache klar zu kommen. Du hast ihr nur deine Geschichte erzählt damit du dich selbst besser fühlst. Wer ist hier also der Egoist?"
Knurrte er und verschränkte die Arme.
Ian schwieg stiess mit beiden Fäusten an die Wand.
Ich zog mich am Bett etwas weiter hoch, sodass ich nun einigermassen senkrecht da stand.
„Hört auf zu streiten." murmelte ich und blickte sie beide an. Früher hätte ich mir nicht träumen können, einmal mit zwei so schönen Männern in einem Raum zu sein. Jetzt war das alles ganz anders.
„Diana, du bist wach!"
Ian stürzte sofort ans Bett und setzte sich neben mich, die Beine vom Bettrand baumeln lassend.
„Mhm."
Meinte ich und zog die Decke bis zum Kinn hoch. Das fühlte sich warm und geborgen an und das brauchte ich gerade.
„Wie geht es dir?"
Meinte nun auch Kyran, blieb aber weiterhin an die Wand neben dem Bett gelehnt.
„Ganz gut." meinte ich kleinlaut.
Sofort blitzten wieder Flavios tote, leere Augen und die schlaffen Körper am Boden vor meinen Augen auf und ich zuckte zusammen.
Etwas in Kyrans Blick veränderte sich.
„Es tut mir so leid dass das alles passiert ist. Ich hätte dir das niemals erzählen sollen."
Meinte Ian und lächelte mich entschuldigend an. Wie ein Welpe.
Ich versuchte, matt zurück zu lächeln.
Dann blickte ich zu Kyran.
„Wer hat mich entführt? Und wieso?"
Ich musste mich irgendwie mit Fakten von meinen inneren Bildern ablenken.
„Ich vermute mal es war einer der Drogenhändler aus Mexico. Julios Akzent und Papiere lassen darauf hindeuten. Wahrscheinlich wollte er dich als Druckmittel gegen mich einsetzen. Da du ja offiziell als meine Freundin giltst."
Ich nickte nur benommen. Wow, wie mein Leben sich doch zu einem einzigen verschissenen Problem verändert hatte.
Ian Blickte finster zu Kyran, dessen Gesichtszüge steinhart geworden waren. Trotzdem war ich mir sicher, dass es ihm leid tat und er unglaublich wütend auf sich selbst war. Das war nur seine Maske um zu verbergen, dass er die Gefühle hatte und spürte.
„Mir geht es gut, okay. Ich will nicht dass sich wer Vorwürfe meinetwegen macht. Ich bin heil da raus gekommen. Aber bitte versprecht mir, dass mir sowas niemals mehr passiert. Das würde ich nicht aushalten."
Ich musste mir schnellstmöglich einen Termin beim Psychologen besorgen um die Erlebnisse zu verarbeiten. Ah nein, ich konnte ja niemandem erzählen wieso ich so viele Leichen gesehen hatte. Am liebsten wäre ich wieder ohnmächtig geworden.
„Versprochen. Es wird leichter werden, glaub mir und ich bin für dich da, wenn immer du reden willst."
Ian drückte sanft meine Hand und blickte mich aus offenen, sanften grünen Augen an.
Ich nickte und blickte dann zu Kyran.
„Versprochen." meinte er knapp, liess mich allerdings keine Sekunde aus den Augen. Das merkte ich, obwohl sein Gesicht im Schatten lag.
„Gut." ich atmete tief ein.
Verdammt wieso sah ich diese toten Männer immer noch! Ich musste noch herausfinden wie ich das verdrängen konnte. Oder wie Ian es nannte, verarbeiten.
„Eine Frage habe ich allerdings noch. Wie konntest du mich so schnell ausfindig machen?"
Kyran stiess sich von der Wand ab, nur um sich wieder dagegen fallen zu lassen.
„Ich habe Flavio in die Bar geschickt um dich etwas im Auge zu behalten. Er hatte die ganze Zeit sein Handy an, das konnte ich abhören. Und so habe ich erfahren dass du entführt wurdest. Und dass du den Job verloren hast, weil du mich schützen wolltest."
Das letzte kam ihm völlig beiläufig über die Lippen, doch ich wusste genau dass er nur das sagte, was wer zuvor sorgfältig abgewägt hatte. Und zwar immer.
„Du hast also nicht auf mich gehört als ich gesagt habe, ich brauche keinen Babysitter."
Meinte ich und legte den Kopf schief.
Ian reichte mir eine Tasse Tee und ich schlürfte sie dankbar, während ich Kyran mit Blicken löcherte.
Es schmeckte nach Zimt, eine wahre Wohltat.
Kyran zuckte nur die Schultern.
„Aber du hast ihn gebraucht. Also war es gut dass ich dir einen geschickt hätte, sonst..."
Er brach ab und sein Blick wurde dunkler und seine Brauen zogen sich zusammen.
Sonst wäre ich nicht mehr lebend aus diesem Van gekommen, war schon klar. Ich senkte den Blick.
„Danke, dass du mich gerettet hast. Ich weiss nicht was passiert wäre, wenn du nicht rechtzeitig aufgekreuzt wärst."
Kyran beobachtete mich schweigend, die Muskeln an seinem Kiefer waren angespannt. Es gefiel ihm nicht, welchen Gedanken er auch immer grade hatte.
„Aber daran musst du jetzt nicht denken.
Das wird dir niemals wieder passieren! Dafür sorgen wir."
Auffordernd blickte Ian zu seinem Bruder. Dieser nickte nur.
„Was ist mit Flavios Leiche passiert?"
Kyran machte eine wegwischende Handbewegung.
„Denk nicht daran, wir haben uns darum gekümmert."
Na gut. Ich wollte auch gar nicht mehr daran denken, dann würde ich erneut zusammenbrechen.
Ich merkte wie ich gähnte und schüttelte denn den Kopf.
Mein Körper war völlig erledigt, aber in meinem Kopf geisterten Bilder und Gedanken herum, ich war hellwach.
„Und was passiert jetzt mit diesem Julio?"
Fragte ich dann. Es war mir unwohl dabei, im selben Haus wie er sitzen zu müssen.
„Er ist sicher verwahrt und wird von meinen Leuten verhört."
Meinte Kyran.
„Wir finden raus wer ihn geschickt hat und der wird sich wünschen, nie einen Fuss über Mexicos Grenze gesetzt zu haben!"
Knurrte Kyran und unten wurden Stimmen laut. Der Vater der Brüder musste wohl nach Hause gekommen sein.
Ich schluckte.
„Weiss eurer Dad es schon? Will er mich jetzt umbringen?"
Ian warf seinem Bruder einen vielbedeutenden Blick zu und stand dann auf.
Sorgfältig glättete er die Falte auf der Decke.
„Er weiss es, aber nicht von mir. Ich schaue jetzt, dass ich ungesehen hier raus komme. Ich habe keine Lust auf ein Gespräch nach 15 Jahren mit einem mürrischen alten Mann."
Ian lächelte etwas gequält und machte sich dann auf den Weg zur Tür.
„Gute Besserung Diana, wenn du irgendwas brauchst dann ruf mich einfach an. Egal was."
Sein Blick war sanft und freundlich wie immer. Er war ein wirklich herzensguter Mensch.
Ich nickte und lächelte.
Die Brüder nickten sich wenig herzlich zu, dann verschwand der Jüngere aus der Türe.
Es war eine weile Still im Raum.
Ich starrte stur die Decke an und spielte mit ihrem Saum und Kyran beobachtete mich von der Wand aus.
Spannung knisterte beinahe hörbar im Raum.
Ich wusste nicht was ich sagen sollte.
Ich hob den Blick und beobachtete ihn auch.
Ich hatte heute zwar etwas schreckliches erlebt, aber trotzdem hatte ich dadurch etwas wirklich gutes verstanden. Mir war klar geworden, dass ich wirklich, echte und wahrhaftige Gefühle für Kyran hegte.
Ich hatte es verleugnen wollen oder es auf seine äusserliche Attraktivität schieben. Ich wollte ihm auch die Schuld dran geben, dass ich entführt worden war und überhaupt all diese Probleme hatte. Doch das ging einfach nicht. Weil mein Herz einfach Saltos schlug, wenn ich ihn sah und mein Hirn sich komplett ausschaltete.
Und ich hatte auch nicht vor, länger ein schlechtes Gewissen wegen Ian zu haben. Er hatte mich mehrmals abblitzen lassen und ich konnte nichts für meine Gefühle seinem Bruder gegenüber.
Ich schluckte und wollte gerade ansetzen, was zu sagen, als Kyran sich von der Wand abstiess und Richtung Tür schlenderte.
„Ich lass dich dann mal in Ruhe schlafen und erkläre meinem Dad, was genau geschehen ist. Du musst dir keine Sorgen machen, das hat nichts mit dir zu tun."
Ich zögerte und er war schon fast an der Türe.
Ich hatte Angst, Angst vor Zurückweisung und das hielt mich beinahe davon ab, ihm die Wahrheit zu sagen. Aber den Mutigen gehörte die Welt. Und wenn er mich nicht wollte, dann war ich mir wenigstens danach darüber im Klaren.
„Warte...Kyran."
Nuschelte ich und er hielt in der Bewegung um.
Mit einem fragenden Blick drehte er sich zu mir um.
„Bleib bei mir. Bitte."
Es war mir unangenehm, das auszusprechen und starrte dabei hartnäckig die Bettdecke an.
So konnte ich auch seinen Gesichtsausdruck nicht sehen.
Aber er kam auf mich zu, das war schon mal etwas.
„Hast du Angst?"
Fragte er und ich rutschte etwas zur Seite, damit er sich neben mich legen konnte.
„Nein. Ich will einfach bei dir sein."
Den Satz auszusprechen war etwas vom schwersten, das ich je getan hatte. Kyran und ich wussten beide, was das bedeutete.
Sein Harter Gesichtsausdruck wich einem sanfteren und seine Augen wirkten plötzlich so unendlich liebevoll. Sowas hatte ich noch nie gesehen bei ihm. So sah er noch schöner aus als sonst.
„Okay."
Er legte sich aufs Bett und zog sich die Decke über den Körper.
Ich drehte mich auf dem Kissen, sodass ich ihn direkt ansehen konnte, er tat dasselbe.
So lagen wir eine Weile da, schweigend und einander einfach ansehend.
Es war ein magischer Moment.
Vielleicht lag es daran dass ich heute nur knapp dem Tod und Schlimmeren entkommen war, aber ich hatte das Gefühl zu leben. Hier zu liegen, seine Wärme neben mir zu spüren und mich in seinen Augen verlieren zu wollen.
Man konnte es kitschig nennen, wenn man wollte aber dieses Gefühl im Bauch, ja im ganzen Körper, das war einmalig.
Und ich wollte es nicht mehr verleugnen.
Kyrans Hand lag vor mir neben seinem Kissen. Ich war auch eine dieser Frauen, die wollten dass der Mann den ersten Schritt machte. Aber irgendwie passte es jetzt einfach.
Langsam schob ich meine Finger neben die seinen, sodass sie sich nur ganz leicht berührten.
Ich sah von ihnen zurück zu Kyran.
Seine Wimpern verbargen seinen Blick, doch er sah sich unsere Hände an.
Dann spürte ich wie seine Finger langsam die meinen Umschlossen und sein Daumen sanft über meinen Handrücken strich.
Es tat so verdammt gut. Ich schloss die Augen.
Es war ganz still doch das störte mich nicht mal mehr.
Ich öffnete die Augen wieder und bemerkte wie nahe er mir gekommen war. Sein Atem strich mir über die Lippen, seine Hand hatte sich von meiner gelöst und hatte sich in meinen Haaren vergraben.
Ich sah wie er sich beherrschen musste, nicht über mich herz zu fallen. Und das gefiel mir. Ich hätte absolut nichts dagegen gehabt, wenn er sich nicht zurück gehalten hätte.
„Küss mich doch einfach."
Flüsterte ich und öffnete meine Lippen leicht. Oh wie sehr wollte ich ihn küssen, das war doch nicht mehr normal.
Kyrans Augen begannen zu funkeln und er blickte auf meine Lippen. Er wollte es doch auch, das sah ich und das spürte ich.
Er sah gequält aus, als er den Kopf wieder entfernte.
Nicht schon wieder.
„Du weisst nicht was du tust. Du brauchst einfach Trost und Nähe nach dem, was heute passiert ist."
Meinte er dann trocken. Autsch, das traf mich mitten in mein flatterndes Herz.
Ich wich zurück.
„Nein, so ist es aber nicht."
Dieses mal liess ich mich nicht verjagen.
„Vielleicht hast du Angst, jemanden an dich ran zu lassen, dein Herz für jemanden zu öffnen. Aber hör auf sowas zu sagen. Ich bin mir über meine Gefühle für dich sicher, okay? Ich...mag dich wirklich. Weil du du bist."
Gegen Ende wurde ich immer leiser, ich sah wie er sich verspannte und schwieg. Er sah mich einfach nur an, mit diesem durchdringenden Blick der in mir die Hormone herum flitzen liess.
Doch sagen tat er nichts.
„Findest du mich denn so wahnsinnig abstossend?"
Fragte ich mit gebrochener Stimme und kämpfte mit den Tränen. Jetzt einfach nicht heulen.
Er mahlte mit dem Kiefer.
„Ich hatte heute Angst um dich. Und das bereitet mir sorgen."
Meine Augen wurden gross.
„Wieso?"
„Ich war so wütend. Ich habe mich selbst kaum wieder erkannt. Ich hätte die gesamte Stadt zerstört, wenn dir etwas zugestossen wäre. Ich konnte die ganze Zeit keinen klaren Gedanken fassen. Ich wusste nur dass ich dich finden musste. Und dieses Gefühl dir gegenüber ist so stark, so anders..."
Mein Herz begann zu klopfen. Oh mein Gott, er hatte tatsächlich über mich nachgedacht.
„Weil du..."
Er blickte mir direkt in die Augen, noch nie hatte er sich mir so geöffnet. Und es war wohl auch schon lange her, dass er das das letzte mal bei irgendwem getan hatte.
„Weil du mir mehr bedeutest als mir lieb ist, Diana."
Mein Herz drohte zu explodieren und mein Körper schüttete Tonnen von Endorfinen aus.
„Wieso willst du mich denn nicht?"
Fragte ich leise und er lehnte seine Stirn an die meine.
Ein beinahe gequältes Stöhnen entwich ihm.
„Du weisst nicht wie sehr ich dich will. Wie ich mich danach sehne deinen Körper mit meinen Händen zu berühren, dich in meinen Armen zu halten. Dass du meins bist."
Ich atmete stockend ein, mein Unterleib zog sich zusammen und mir wurde heiss bei seinen Beschreibungen.
Er blickte mich kurz an und in seinen Augen schien pures Feuer aus Lust zu lodern. Doch er hielt sich zurück. Wieso nur.
„Ich sagte ich will es mit dir richtig machen. Aber die Regel ist, keine Frau die dein Bruder liebt."
Ich starrte ihn an.
„Ian liebt mich nicht."
Flüsterte ich dann halb überzeugt und Kyrans Mundwinkel zuckten.
„Du weisst dass er das tut. Oder er denkt es zumindest. Und deshalb kann ich nicht. Ich würde meinen eigenen Bruder verletzen."
Ich schüttelte den Kopf und griff nach seiner Hand.
Er hatte mir doch gerade seine Zuneigung gestanden! Also sollte er verdammt noch mal mit mir zusammen sein! Und zwar richtig!
„Du hältst dich doch sonst auch nie an regeln."
Piepste ich und sag enttäuscht aus. So wie ich es auch war.
„Willst du denn, dass ich diese Regel breche? Und damit auch das Herz meines Bruders und deines besten Freundes?"
Ich zögerte. Ein wirklich grosser Teil in mir wollte diese Regel mit allen Mitteln brechen. Ohne Rücksicht. Aber das, was an Moral noch übrig blieb, hinderte mich daran. Sowas konnte ich Ian nicht einfach antun, Kyran hatte recht.
„Nein."
Meinte ich kleinlaut und senkte den Blick, damit er meine Enttäuschung und meine Trauer nicht sehen konnte. Ich hatte meinen ganzen Mut zusammengenommen für nichts und wider nichts.
Ich bereute es, kaum hatte ich es ausgesprochen. Aber jetzt war es zu spät. „Ja. Wir können nicht zusammen sein, solange mein Bruder dich liebt. Selbst wenn ich...dich mag."
Ich biss mir auf die Lippen. Noch nie hatte er so viel über seine Gefühle geredet wie jetzt.
„Ich geh dann mal schlafen."
Murmelte ich und drehte mich von ihm weg. Noch bevor ich das Bett erreichen konnte, schlug die Tür ins Schloss.

Ich hatte Kyran gar nicht mehr beichten müssen, dass ich meinen Job verloren hatte. Er wusste es ja bereits von seinem Spion.
Und er hatte versprochen, mir bei der Suche nach was neuem zu helfen.
Solange hatte er mir angeboten, im Gästezimmer bei ihm zu leben. Ian hatte solange Poseidon zu sich genommen und meine Wohnung sowie mein Kühlschrank stand leer. So sparte ich nun mal Geld. Auch wenn ich nicht gern auf Kyrans kosten lebte, war ich froh darüber. Als vorübergehende Lösung aber nur.
Ich wollte arbeiten, ich war keine der Frauen die sich einen Milliardär angelten und ihn heirateten, nur um sich wieder scheiden zu lassen und sein Geld zu kassieren.
Liebe bestand bei mir aus was anderem als finanziellen Mitteln.
Ich lungerte einig Tage in der Villa rum, benutzte den Sportraum und den Wellness Bereich um mich von den toten Augen von Flavio abzulenken und fühlte mich wie ein Schmarotzer. So sah mich Kyrans Dad auch an, wenn ich Mittags und Abends mit ihm und Kyran am Tisch sass.
Er redete so gut wie nie mit mir, aber immerhin war das Essen nicht mehr eklig.
Ich hatte mich unterdessen bei einigen Stellen beworben, und hatte euch bereits erste Vorstellungsgespräche hinter mir.
Jedes Mal wurde ich mit einem merkwürdigen Grund abgewiesen. Jedes Mal eine andere, unglaubwürdige Ausrede.
Heute war das letzte Vorstellungsgespräch, als Sekretärin einer Anwaltskanzlei. Wäre eine gute Gelegenheit für mich. Ich hatte mich extra rausgeputzt.
Jetzt sass ich nervös im Wartezimmer, während ich die vielen Bücher an der Wand vor mir beobachtete. Kaltes Licht liess den Raum eisig erscheinen und distanziert. Anwälte eben.
Die Türe öffnete sich und ein Mann mit grau melierten Haar und wachsamen Augen trat heraus. Er wirkte freundlich, das war vielleicht meine Chance.
„Sind sie..." er blickte kurz auf das Klemmbrett in seiner Hand und tippte mit dem Kugelschreiber drauf.
„Miss O'Connor."
„Genau, freut mich sehr."
Er nickte und gab mir die Hand. Ein starker Druck, aber aushaltbar.
Ich würde das hin kriegen, das spürte ich.
Ich folgte ihm in das geräumige Büro, ein fetter Eichenschreibtisch stand in der Mitte und rund herum hingen eine Menge Diplome. Alle gerahmt. Die Rolladen waren runter gelassen, trotzdem drang Tageslicht in schmalen Streifen ins Zimmer.
Es roch nach Lufterfrischer, ganz angenehm.
Ich setzte mich auf seine Geste hin auf den Stuhl ihm gegenüber. Er liess sich auf den schwarzen Ledersessel sinken, der selbst für den gross gewachsenen Mann zu gross war.
„Nun Miss O'Connor, ich möchte ehrlich mit Ihnen sein."
Ich lächelte, doch meine Mundwinkel verspannten sich. Oh oh.
„Ihre Bewerbung war vorbildlich, nur gute Referenzen. Und wirklich ausgezeichnete Ausbildungen."
Er nickte anerkennend. Mein Herz schlug schneller.
„Ich mache es aber lieber kurz und schmerzlos. Ich kann Sie hier nicht beschäftigen, auch wenn sie wie eine aufgestellte und intelligente Frau wirken."
Mein Lächeln gefror.
„Haben Sie auch eine Begründung für mich?"
Er blinzelte ehrlich verwirrt und kramte in den vielen Blättern und Mappen auf seinem Tisch.
„Ist das nicht offensichtlich für Sie?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, nicht wirklich. Klären sie mich doch bitte auf."
Meine Stimme war deutlich unterkühlt und ich war wirklich wütend. Ich brachte einen wirklich guten Lebenslauf mit, es gab keinen Grund mich so abzuschmettern.
„Nun, also mir ist das unangenehm sie so darauf hinzuweisen."
Er kratzte sich am Nacken.
Ich schwieg und reckte den Kopf.
„Nun, ich habe nach ihrer Bewerbung ihre Akte bei der Polizei besichtigt, wie wir es bei jedem Bewerber tun."
Ich runzelte die Stirn.
„Ja und? Ich habe in meinem Leben noch nicht einmal ein Ticket bekommen, was könnten sie also dort schon finden?"
Okay, ganz ruhig Diana, gleich weisst dus.
„Nun, es wurde vermerkt dass sie eine Zeugin im Falle von Drogendealern, Körperverletzung und noch vielem mehr sind. Das gegen ihren eigenen Freund. Und gleichzeitig wird auch gegen Sie ermittelt, wegen Beihilfe."
Mir klappte die Kinnlade runter.
„Und ich hoffe Sie können verstehen, dass ich mit ihnen nicht ein solch immenses Risiko eingehen kann. Wir sind eine Anwaltskanzlei, wir können keine Verbrecher beschäftigen."
Ich sprang auf und knallte die Hände auf den Tisch.
„Ich. Bin. Keine. Verbrecherin."
Knurrte ich und der Mann sah mich unbeeindruckt an. Er hatte als Anwalt schliesslich schon mit schlimmeren Leuten zu tun gehabt.  Ich sah, wie er auf meinen Ausrastet hin einen herablassenden Gesichtsausdruck bekam.
„Wissen sie, miss O'Connor. Das sagen sie alle."

Hold me close *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt