Und dann gibt es noch die romantischen Zyniker

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Ob wir es uns selbst nun eingestehen, oder nicht. Wir alle sehnen uns danach in einer Welt in der man kaum noch alleine, dafür aber sehr oft einsam ist, Jemanden zu finden, mit dem man gerne zu zweit alleine wäre.

Es kann passieren dass wir den Großteil unseres Lebens auf der Suche nach eben jenem Menschen verbringen. Und in dieser Zeit begegnen uns Menschen die wir anziehend oder faszinierend finden und dann denken wir, jetzt, jetzt endlich haben wir diese eine Person gefunden. Doch irgendwann, nach einer Zeit der rosaroten Verschleierung der Wirklichkeit und vollkommenem Entzug jeglicher Rationalität, blicken wir uns um und bemerken, dass wir zwar zu zweit sind, aber noch viel einsamer als wir es jeh auf einer verlassenen Insel sein könnten.

In diesem Moment teilt sich die Menschheit in zwei Kategorien auf: die hoffnungslosen Romantiker und die kitsch-abwehrenden Zyniker.

Ich selbst zählte mich immer als ein Mitglied der letzteren Kategorie und rechtfertigte meine zynische Einstellung mit dem fanatischen Glauben dass es pure Rationalität sei.

Ich verbat mir regelrecht den Wunsch nach dem ,,Wir", da ich zu sehr Angst davor hatte, erneut verlassen zu werden.

Ich fühlte mich wohl hinter meiner Mauer, verborgen hinter Zynismus und der Auffassung, dass ich die einzige Person sei, auf die ich mich zu 100% verlassen könnte.

Doch zurück zum Anfang. Ob wir nun hoffnungslose Romantiker sind, die der Welt und der Liebe mit einem naiven Optimismus entgegentreten oder ob wir als kitsch-abwehrende Zyniker durchs Leben gehen während wir uns noch immer heimlich wünschen, doch nicht so alleine, allein sein zu müssen. Wenn wir uns heimlich Bilder von unheimlich kitschigen Hochzeiten anschauen und dennoch felsenfest an der Meinung festhalten, dass die Ehe eine vollkommen freiheitsfeindliche und nicht Menschen kompatible Einrichtung sei.

Wir hegen alle den heimlichen Wunsch nicht für immer alleine durchs Leben gehen zu müssen.

Denn, wenn wir uns schon so oft alleine fühlen, in einer Gesellschaft die in so vielen Bereichen versucht Individualität mehr und mehr zu unterdrücken, warum können wir uns nicht einfach mit jemandem zusammen alleine fühlen? Denn dann wäre man zumindest weniger einsam und vielleicht auch ein bisschen mehr zweisam.

Also, ob wir es nun zugeben wollen, oder nicht. Unser Leben ist geprägt von der Suche nach Liebe. Hat man sie nicht, erscheint sie einem völlig irrational und utopisch. Doch dann, auf einmal hat man dieses Gefühl, man ist wie infiziert, es ist wie mit einer Droge von der man gar nicht mehr genug bekommen kann. Und dann erscheint einem all das auf einmal super logisch und man fragt sich, wie man bloß jemals daran hat zweifeln können.

Einzelkämpfer mögen beeindruckende Vorbilder oder starke Helden in Comics sein, doch führen sie auch ein sehr einsames Leben und das aus der bloßen Angst heraus dass man alles was man hat, auch wieder verlieren kann. Und dass stimmt ja auch. Alles was ich habe, das kann ich auch verlieren. Jedem, dem ich vertrau, der kann mich hintergehen und alles was ich tue könnte sich im Nachhinein als falsch entpuppen.

Doch diese Einstellung ist von Grund auf so falsch, dass ich mich frage, wie ich das jetzt erst bemerken konnte.

Wir können ein Leben lang damit verbringen uns Tabellen mit Pro und Kontra Argumenten für all unsere Handlungen zu erstellen. Wir können so viel Zeit damit verschwenden, uns zu überlegen, was wir alles verlieren könnten und ob die Entscheidung wirklich die Richtige ist.

Oder aber wir schaffen es unseren Mund zu öffnen und endlich das zu sagen, was uns eigentlich lange bewusst ist und vor dem uns einzig die Angst vor Zurückweisung gehindert hat.

Denn, während wir noch sehnlichst auf der Suche nach dieser einen Person sind, erscheint uns der Gedanke daran, geliebt zu werden noch vollkommen harmlos und durchaus etwas dass mit großer Freude und Erfüllung oder so verbunden ist.

Doch die Wahrheit ist. Es ist beängstigend. Ja, es ist eindeutig etwas aus dem Kaliber mit FSK Einschränkung.

Es raubt uns den Atem und lässt uns vollkommen sprachlos werden. Selbst die eloquentesten unter uns finden dann auf einmal keine Worte mehr und all die Worte, die wir uns vorher so genau zurecht gelegt hatten, erscheinen uns auf einmal völlig hirnrissig, banal, oder auch einfach viel zu riskant.

Und so bleiben wir still und sprachlos während wir merken wie die Stille immer greifbarer wird.

Mindestens 16 Mal öffnen wir den Mund um etwas zu sagen und mindestens 16 Mal schließen wir ihn wieder ohne ein Wort gesagt zu haben. Oder wenn wir richtig Pech haben fangen wir an völlig unzusammenhängende Satzteile von uns zu geben, während wir uns fragen, was eigentlich so verdammt beängstigend daran ist, geliebt zu werden, wenn man doch eigentlich genau das selbe empfindet und es nur nicht gebacken kriegt, dass auch endlich laut zu machen.

Normal ist das nicht, oder?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt