1 - Semtex in der Fresse

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Die Granate explodierte direkt in meinem Gesicht.

„Du Hurensohn, was klebst du mir die scheiß Semtex direkt in die Fresse?", fluchte ich.

„Sorry", kam keineswegs ernst gemeint die Stimme meines besten Freundes aus dem Headset. Ich konnte sein Grinsen über die hintergründigen Schüsse hinweg hören. „Du hast Teambeschuss angelassen, Host."

„Denny, machst du bitte Schluss? Morgen ist Schule!" Das war meine Mutter, die draußen vor meiner Tür stand.

„Ja, gleich", gab ich genervt zurück. Mein Charakter respawnte und im Schatten der Gebäude machte ich mich auf die Suche nach Syl.

„Nicht gleich, jetzt!"

Ich reagierte nicht.

Dann, als ich Syl gerade im Visier meiner Sniper hatte, brach die Verbindung ab.

Genervt stöhnte ich auf und ließ mich in meinen Sessel zurücksinken.

„Mama?", brüllte ich. „Mama!"

Keine Antwort, jetzt machte sie einen auf taub.

Seufzend rappelte ich mich auf, warf den Controller in meine Sitzkuhle und öffnete meine Zimmertür. Das orangene Flurlicht blendete mich für eine Sekunde.

„Mama!"

„Ja?" Sie kam mit einem Wäschekorb bewaffnet aus dem Schlafzimmer.

„Hast du jetzt ernsthaft den Router ausgeschaltet?"

„Ich hab' dir gesagt, dass du bitte ins Bett gehen sollst", erwiderte sie und zuckte scheinheilig die Schultern. „Jetzt Marsch Zähne putzen. Du hast morgen einen anstrengenden Tag vor dir!"

Ja, acht Stunden verfluchte Schule mit zwei Stunden Sport am Ende. Ich hasste Sport.

Mich meinem Schicksal ergebend trottete ich in mein Zimmer zurück. Die Benachrichtigungs-LED meines Handys blinkte, es war eine neue Nachricht von Syl eingegangen.

Dankeschön das du der scheiß host bisz und das ganze fucking game down is. Hat deine mutter wieder das internet gekillt?

Hoste du halt nächste mal, antwortete ich, warf mein Handy aufs Bett und machte mich dann ins Badezimmer auf. Das nächste Spiel würde so oder so wieder ich starten, da meine Internetverbindung die bessere war.


Am nächsten Morgen kam Syl zu spät, wie immer eigentlich.

Müde, mit zerzausten Haaren, riss er mitten im Deutschunterricht die Klassenzimmertür auf.

Frau Blumenau hob den Blick.

„Sylvester, schon wieder zu spät. Das vierte Mal diesen Monat."

„Ist doch ein guter Schnitt bei fünf Schultagen", erwiderte er und ging dann an ihr vorbei, um sich neben mich auf seinen Platz weit hinten im Raum mit dem Rücken zur Fensterfront fallen zu lassen. Lautstark rückten einige Schüler ihre Stühle nach vorne, um ihm Platz zu machen.

„Du siehst scheiße aus", begrüßte ich ihn. Unter seinen blutunterlaufenen Augen lagen tiefe, dunkle Schatten und seine erste Handlung war das Herausholen eines Energydrinks aus seinem Rucksack. Er öffnete ihn mit einem Zischen und trank ein paar tiefe Schlucke.

„Ich hab noch so 'ne geile Party gefunden, nachdem du weg warst", teilte er mit. „War echt der Hammer. Haben bis um fünf heute Morgen ..."

„Sylvester!", unterbrach ihn Frau Blumenau. „Wärst du früher da gewesen, hättest du Denny von deiner aufregenden Nacht erzählen können. Aber jetzt halt bitte die Klappe."

Im Internet gibt es keine FrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt