Ich bemerkte kaum, wie die Zeit verflog. Nach ein paar Runden warf Shivan einen Blick auf sein Handy und richtete sich dann auf, um aus dem Fenster zu sehen.
„Okay, Bock noch was cooles zu machen? Wenn ja, müssen wir jetzt los, inzwischen wird's schon echt früh dunkel."
„Was ist denn was cooles?", fragte ich nach. Ich legte den Controller vor mir auf den Boden und dehnte meinen schmerzenden Rücken. Mein Sessel Zuhause war definitiv bequemer.
„Das ist eine Überraschung", grinste Shivan. „Aber es wird dir bestimmt gefallen."
„Von mir aus", willigte ich ein und so machten wir uns auf den Weg.
Shivans Mutter stand in der Küche und wärmte das Curry auf, ich besuchte noch kurz das Bad, dann traten wir durch den nervigsten aller Vorhänge auf den Flur und zogen unsere Schuhe wieder an.
„Wie hältst du's nur mit all diesen Vorhängen aus, ey?", seufzte ich, während ich mich auf den Stufen niederließ.
„Ich kiffe", lachte Shivan und zuckte dann die Schultern. „Nein, irgendwann ist es nur noch ein nerviges Hintergrundgeräusch."
„Hört es irgendwann auch auf nervig zu sein?"
„Nein." Er schüttelte entschieden den Kopf. „Und wenn ich schlecht drauf bin, sind die Scheißteile die Hölle. Wenn ich krank bin, sind's die Räucherstäbchen. Glaubst gar nicht, wie oft die getriggert haben, dass ich kotze." Er hielt beim Binden seines zweiten Schuhs inne und schaute mich kurz entschuldigend an. „Das war wahrscheinlich wieder so 'ne Sache, die du nicht wissen wolltest."
„Alles gut", winkte ich ab und lächelte ihn an, das beruhigte ihn wieder.
„Sehr gut, dann mal los."
Motiviert sprang er auf und ich griff ans Geländer, um mich auf die Füße zu ziehen.
Wir begaben uns zu einer Bushaltestelle und fuhren aus der Stadt raus. Der Himmel war mit dunklen Wolken verhangen, aber regnen tat es nicht. Glücklicherweise, wie ich fand, als wir eine halbe Stunde später eine Art unbefestigten Feldweg hinabliefen. Rechts und links fassten Elektrozäune große Wiesen ein, vor uns tat sich ein angerostetes Metalltor auf.
Shivan schob es mithilfe seines kompletten Körpergewichts auf, ließ mich hindurch treten und schloss es unter ebenso großer Anstrengung wieder.
Wir befanden uns auf einer Art Hof. Rechts war ein längliches Gebäude, das eine Scheune oder ein Stall sein konnte, links stand ein bereits in die Jahre gekommenes Wohnhaus. Überall wuchsen Pflanzen und kamen Ranken von Dächern und aus Mauern.
„Warte hier!", sagte Shivan, machte eine Geste mit den Händen und eilte dann auf das Stallgebäude zu. Er verschwand im Inneren und einige Minuten vergingen, bis er wieder auftauchte. In der Tür blieb er kurz stehen, grinste mich an, dann führte er ein Lama zu mir auf den Hof.
Ein äußerst hässliches Lama.
Das hässlichste, das ich je gesehen hatte, aber es war ja auch das erste, das live in voller Farbe und Größe vor mir stand.
„Das ist Jeffrey", grinste Shivan, als er mit dem Tier einen Schritt von mir entfernt stehen blieb.
Jeffrey trug ein rotes Halfter, das ihn nicht unbedingt hübscher machte.
„Hi", sagte ich zu dem Lama und betrachtete es skeptisch. „Spucken die nicht?"
„Nur, wenn sie dich nicht mögen, stimmt's, Jeffrey?"
Shivan lächelte und kraulte dem Lama den Hals. Langsam wanderte seine Hand nach oben, ging zwischen den Ohren hindurch und erreichte die Stirn. Jeffrey legte genüsslich den Kopf in den Nacken und ließ seine Unterlippe hängen.
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Im Internet gibt es keine Frauen
Teen FictionIm Internet gibt es keine Frauen. Das ist allgemeingültiges Wissen und auch Denny, der leidenschaftliche Call of Duty-Spieler, ist sich dessen bewusst. Aber als er online die geheimnisvolle MissMolotov kennenlernt, wirft er alle guten Vorsätze über...