5. Kapitel

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„Ich hab noch nicht einmal für die Mathearbeit gelernt. Wieso muss die letzte Arbeit des Jahres nur in diesem Fach sein? Und ich meine, wer braucht schon Integrale? Es wird sowieso nichts bringen, ich bin einfach eine Niete wenn es um Rechnen geht.“

„Vielleicht solltest du deine Haare braun färben. Wer weiß, vielleicht bekommst du dann einen etwas höheren IQ“ antwortete ich schmunzelnd.

„Haha. Sehr lustig. Du weißt, wie sehr ich Blondinenwitze hasse. Vorallem solche, die so schlecht sind wie deine.“

Katha und ich liefen an den zahlreichen Bussen vorbei.

„Ich hab aber gesehen, wie du kurz grinsen musstest!“ sagte ich mit gespieltem Trotz.

Katharina und ich kannten uns schon seit frühen Grundschultagen. Wir waren die Einzigen, die so verrückt gewesen waren, an das berüchtigte und immer wieder in den Schlagzeilen landendes Mark-Pyräus-Gymnasium zu gehen. Unser Motto lautete: Um auf diese Schule zu gehen, musst du schon selbst ein bisschen was an der Birne haben!

Gut gelaunt liefen wir zu unserer Haltestelle. Dutzende Schüler warteten ungeduldig auf ihre Schulbusse. Auch unserer würde in wenigen Minuten ankommen.

„Wo wir schon dabei sind, hast du deinen Aufsatz schon zu Ende geschrieben? Ein langweiligeres Thema hätte Frau Schwenk uns echt nicht geben können.“

Mist. Der Aufsatz. Wie hatte ich den nur vergessen können?

„Nein. Eigentlich wollte ich ihn gestern anfangen, dch ich hatte wirklich keinerlei Ahnung, was ich schreiben soll. Ich meine, Glück. Was ist das schon für ein Thema? Ich würde nicht langweilig sagen, aber schwer, Wir sind ja schließlich in Deutsch und nicht in Philosophie. Sowas kann man echt schlecht beschreiben.“

ich schaute in dutzende Gesichter. Einige unterhielten sich mit ihren Freunden, hörten Musik oder schienen halb im Stehen zu schlafen. Auch bei mir kroch die Müdigkeit langsam wieder hervor und ließ meine Augen schwer werden.

Katharinas Stimme glitt immer mehr in den Hintergrund. Unzählige kleine Berge aus Schulranzen, laute, umherhüpfende Fünftklässler. Fahrkarten in der Hand. Braune Haare. Sonnenbrillen. Blonde Haare. Blaue Au-

„Aber du bist doch diejenig, die immer und über alles schreiben kann. Die 13 Punkte in der letzten Deutsch Klausur kommen ja nicht von irgendwo im Nirgendwo. Nicht wahr, du kleines Schreibtalent?“

Sie stand mit zwei anderen Mädchen in einem kleineren Kreis nur etwa zwanzig Meter von mir entfernt. Ich musste nur meinen Kopf ein klein wenig nach rechts drehen, ein kurzer, unauffälliger Blick genügte. Sie stand schräg, den Rücken halb mir zugewandt, doch ich konnte trotzdem in ihr Gesicht sehen. Mein Magen zog sich schlagartig zusammen, es fühlte sich an wie ein Vulkanausbruch. Mein Puls wurde urplötzlich schneller. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter, nur um gleich darauf laut auszuatmen. Mein Körper war wie mit Strom durchflutet. Auf Hochspannung und hellwach.

„Hey! Bist du gedanklich immernoch in deinem Bett? Ich sag es dir doch immer wieder, dass du mehr schlafen solltest! Hast mal wieder zu lang mit Paddy geschrieben?“

Sie zwinkerte mir zu und winkte mich zum Bus, der gerade seine Türen öffnete. Ich ergatterte uns beiden einen Sitzplatz am Fenster und versuchte, noch einen letzten Blick auf Laura zu erhaschen. Doch außer einer einsam daliegenden Sporttasche war dort keine Menschenseele mehr.

Ich seufzte, schloss die Augen und versuchte auf dem Weg zur Schule noch etwas Energie zu tanken. Vielleicht hatte Katha ja recht, es waren wohl nur die Auswirkungen des Schlafmangels, die mir zu schaffen machten.

Vollkommenheit |GirlxGirl|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt