[03# ghouls just wanna have fun]

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„Thousand voices set 'em free
Because this silence is killing me
I'm fighting the fever again"

Orangerote Flammen schlugen gegen den kalten Stein, während die Glut wie ein verglühender Stern weiter brannte.

Stumm blickte Foster auf das Spiel vor sich, beobachtete wie der Rauch über den Flammen aufstieg und dann im tiefen Schlund des Schornsteines verschwand.

Ellery stand an der hinteren Wand des geräumigen Wohnzimmers und studierte die vielen Bücher, welche sich in dem dunklen Regal türmten. Und obwohl er sich wohl normalerweise sofort vor das Bücherregal gestellt hätte, um dort jedes Buch einzeln zu inspizieren, so starrte er doch viel lieber den Kamin an.

Vielleicht starrte er aber auch eher mit einem Auge den Kamin und mit dem anderen den gewaltigen Eberkopf der darüber angebracht war an.

Gelegentlich warf er auch einen schnellen Blick aus dem Fenster um nach den Augen ausschau zu halten, doch er konnte zwischen den Bäumen nichts ungewöhnliches mehr erkennen. Angst, die sich in reine Irrationalität gewandelt hatte. Nichts weiter. Foster hatte nur Angst. Und was für eine!

Die Tür flog auf und Blackwood balancierte ein Tablett, welches beladen war mit Tassen, deren Inhalt man zumindest mit der Konsistenz von Tee vergleichen konnte, in den Raum.

Was auch immer es war, es stank wie der Komposthaufen in seinem Garten.

Langsam ging Blackwood auf die monströse Couch zu und Foster fragte sich was in diesem Haus nicht riesig war. Das Haus an sich war gigantisch, die Schränke, Tische, Couch und der Kamin waren es, sogar Blackwood an sich war ein Riese. Gleich darauf fiel ihm die Antwort ein. Er war es nicht. Er war zwar nicht unbedingt klein, aber mit einer besonderen Größe konnte er sich nicht brüsten.
Zumindest war er immer noch größer als Ellery, stellte er zufrieden fest.

Blackwood stellte die Tassen auf dem Holztisch, in welchen abstrakte Muster geritzt waren und bat die beiden auf der geräumigen Couch platz zu nehmen. Foster achtete darauf möglichst viel Abstand zwischen sich und Blackwood zu bringen.

Widerwillig griff er nach der Tasse um nicht allzu unhöflich zu wirken. Zögerlich nahm er einen Schluck von der Brühe nachdem er unauffällig daran gerochen hatte. Angewidert verzog er sein Gesicht und konnte nur mit Mühe einen Hustenanfall verhindern. Das Gebräu mache definitiv einem Komposthaufen Konkurrenz.

Schnell stellte er die Tasse wieder auf dem Tisch ab und als er aus dem Augenwinkel heraus bemerkte wie Blackwood wie ihn belustigt ansah, hob er den Blick.

Der angsteinflößende Indianer hatte sich über den Tisch gebeugt und fixierte Foster mit seinen dunklen Irden. Im Gegensatz dazu waren seine Mundwinkel schief nachoben gezogen und er glaubte noch nie so ein konträres Gesicht gesehen zu haben. Als er sich abwand spürte er immer noch Blackwoods Blick auf sich, doch er ignorierte es und studierte stattdessen den Bärenfellteppich.

„Also, was wollt ihr hier?"

Das fragte er sich auch schon eine ganze Weile und war auf die Antwortet wohl ebenso gespannt wie Blackwood.

Ellery ließ sich Zeit beim Antworten.
„Ich hab da was gelesen. Hier drin."
Er förderte erneut das Buch zutage und schlug die entsprechende Seite auf. Blackwood nahm es an sich und las es sich aufmerksam durch. Fasziniert stellte Foster fest wie sich seine Augenbrauen zu einer Monobraue zusammenzogen, wie sich die Furchen auf seiner dunklen Haut vertieften, wie er die Lippen zusammenpresste und es so den Anschein machte er hätte keine, da sein wuchtiger Schnurrbart alles verdeckte.

„Was bedeutet das", fragte Ellery ungeduldig als Blackwood das ganze nun schon zum zehnten mal las, wie Foster vermutete.

„Es bedeutet, dass ihr so schnell wie möglich von hier verschwinden müsst. Ihr müsst zurück zu Oodena. Hier ist es nicht sicher. Nicht heute Nacht."

Bereitwillig stand Foster auf um den Worten des Alten Folge zu leisten, doch Ellery zog ihn an seiner Hand wieder zurück neben sich. Das tat er oft, viel ihm auf. Ihn hinter sich her zerren, ihn am Arm oder der Hand packen, ihn vor sich herschieben. Ja, er tat das wirklich oft und es fing an ihm gewaltig auf die Nerven zu gehen.

„Wir gehen nicht, bevor du es uns nicht erklärt hast, Blackwood", sagte Ellery bestimmend und innerlich seufzte Foster laut auf. Wenn er unbedingt seinen Dickschädel durchsetzen musste, würden sie vermutlich noch morgen früh hier sitzen und diesen ekelhaften Tee trinken.

„Was willst du wissen, Oozhishenyan?"

Enkelkind, übersetzte Foster gedanklich. Eines der wenigen Worte an die er sich erinnern konnte. Ellerys Großvater hatte es oft benutzt um ihn zu rufen.

„Fangen wir doch dabei an, was dieser nette kleine Text bedeutet."
Stöhnend legte Blackwood das Buch auf seinem Schoß ab und fuhr sich über die faltige Haut.

„Wo soll ich da anfangen, Junge? Wir Ojibwe glauben an viele Dinge, an unsere Schöpfung, die nur ein kollektiv aus der Erinnerung mächtiger Tiere entsprang, an die Sonne als Lebensenergie und an ihn."

„Ihn?", echoten er und Ellery gemeinsam.

„Ja ihn, wie dein Großvater bereits schrieb hat er keinen Namen und doch so viele. Er ist Jiibay – Geist, Giiwosewinini – Jäger, Nibo – Tod. Und heute Nacht wird er uns alle holen kommen."

„Wieso habe ich das leise Gefühl, dass es Ihnen Spaß macht über irgendwelche Monster zu sprechen", fragte Foster.

Obwohl er immer noch den starren Blick der Kreatur auf sich spüren konnte und der Schweiß auf seiner Stirn nicht vom warmen Feuer stammte, entschied er sich, dass Angriff immer noch die beste Verteidigung war.

Ellery hingegen, glaubte wohl eher an rohe Gewalt, weshalb er Foster mit dem Ellbogen in die Seite boxte.

Blackwood ließ sich davon nicht beirren und bückte sich nach vorn um ihn tief ihn die Augen sehen zu können. Die buschigen Augenbrauen waren beinahe wütend zusammengezogen und die Falten um seine Augen hatten sich noch ein wenig mehr vertieft.

„Es macht mir keinen Spaß, Junge. Es ist meine Prädestination mein Volk und euch, die ihr die Existenz der echten Götter nicht anerkennt, zu beschützten. Ihr lebt in Awasaakwaa und müsst euch nicht mit den Kreaturen herumschlagen die im Binaakwe-giizis aus dem Nebel gekrochen kommen. Das machen wir. Wir beschützen euch, die Wälder und diese verdammte Stadt!"

Seine Stimme wurde zum Ende hin immer lauter und Foster konnte ein kleines Zusammenzucken nicht verhindern. 

„Ich denke ihr beide solltet jetzt gehen." Blackwood zog sie praktisch von der Couch und schob sich Richtung Haustür. Während Foster bereitwillig voran schritt, versuchte Ellery gegen den festen Griff des Ogimaa anzukommen.

„Ich habe aber noch ein paar Fragen!"
Empörte er sich, doch Blackwood schien dieses Programm auf Stumm geschaltet zu haben und reagierte kein bisschen. Als er die beiden schließlich auf der Veranda abgeladen hatte, wand er sich tatsächlich ein letzes mal noch ihnen zu.

„Ihr solltet euch beeilen. Die Sonne geht in wenigen Minuten unter und in dieser Nacht wollt ihr ungern allein im dunklen Wald umherirren."

Damit schlug er ihnen die Tür vor der Nase zu und ließ sie stehen.

„Scheiße", begann Ellery zu fluchen.

"Und was sollen wir jetzt machen, Blackwood?", rief er erzürnt gegen die geschlossene Tür.

„Das was er gesagt hat. Wir verschwinden." Foster drehte sich sofort um und wollte loslaufen, als ihm ein Schatten auffiel.

Ellery bemerkte ebenjenen leider nicht und lief weiter.

„Was ist?", fragte er schließlich, als ihm schließlich doch noch auffiel, dass Foster weder neben noch hinter ihm war.

„Siehst du das nicht?"

„Was?"
Foster hob langsam die Hand und zeigte auf den Baum hinter dem er den Schatten gesehen hatte. Ellery drehte sich um und folgte mit den Augen seiner Hand.

In dem Augenblick, in dem er den Schatten ebenfalls erfasst hatte, brach etwas hinter ihnen mit einem gewaltigen Kreischen aus dem Unterholz.

Samhain [A HALLOWEEN TALE]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt