An Lina dachte ich in diesem Moment gar nicht mehr. Ich ging etwa 20 Meter weiter, bis ich das nächste Schild erreichte. Auf diesem stand einfach nur das Wort »willst« und ein Pfeil, der geradeaus zeigte. Sollte ich umdrehen und auf Lina warten? Ich entschied mich dagegen. Wieder ging ich weiter. Das nächste Schild war ebenfalls wieder 20 Meter entfernt, wenn ich richtig schätzte. Ich las das Wort »du« und wieder ein Pfeil, dem ich nun etwas schneller folgte. Noch ein Schild! Auf diesem Stand das Wort »mich« und erneut ein Pfeil. Der Pfeil zeigte jedoch ein Stück geradeaus und dann ein Stück nach links. Was sollte das bedeuten? Ich verstand gar nichts mehr. Ich folgte der Abbildung und lief ein Stück geradeaus, dann kam ein Vorsprung auf der linken Seite und danach konnte man sich entscheiden, ob man weiter gerade gehen oder links abbiegen möchte. Direkt vor dieser Abzweigung stand noch ein Schild mit dem Wort »heiraten?« drauf. Plötzlich setzte sich der Satz in meinem Kopf zusammen. »Willst du mich heiraten?«, flüsterte ich leise und wagte einen Schritt nach vorn, sodass ich nach links schauen konnte.
Dort stand Greta und sah wartend in meine Richtung. Ich konnte nicht mehr klar denken. Sie wollte mich heiraten? Ich ging langsam auf sie zu, meine Knie zitterten stark und mein Herz überschlug sich. Nun war ich fast bei ihr. Sie sah wunderschön aus. Greta streckte mir ihre Hand entgegen und ich sah ein Leuchten in ihren Augen. »Was machst du hier?« Meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Sie legte mir ihren Finger auf den Mund, sagte leise: »Pscht, nicht sprechen.« Dann hörte ich plötzlich Musik, sanfte Töne erfüllten die Luft. Ich sah an Greta vorbei und dort saß Felix an einem Klavier. Ich wusste, dass er spielen konnte, aber es war doch verrückt. Wo hatten sie dieses Klavier her und wie hatten sie es hierher gebracht? Ich träumte doch, oder? Dann fing Greta an zu sprechen.
»Liebe Amelie, seit über einem Jahr bist du nun an meiner Seite. Die Monate sind an uns vorbeigezogen und es hat sich viel verändert. Unser Anfang war schwer, aber wir haben es geschafft. Niemals hätte ich mir erträumen lassen, dass wir beide ein Paar werden. Du machst mich glücklich, wenn du mich nur anschaust und der Umzug in unser eigenes Haus war für mich besonders und das i-Tüpfelchen. Das Haus ist nur ein Haus, aber wenn du mit mir darin wohnst, dann ist es mehr als das. Ich liebe jeden Abend, an dem wir zusammen einschlafen und jeden Morgen, an dem wir zusammen aufwachen. Morgens in dein verschlafenes Gesicht zu schauen, ist für mich eines der schönsten Dinge überhaupt. Durch dich lerne ich jeden Tag Neues und nehme die Dinge anders wahr. Deine Sichtweisen sind mir manchmal unerklärlich, aber du argumentierst so gut, dass es mich überzeugt. Du bist bei mir in schweren Zeiten und teilst aber auch die guten mit mir. Auch wenn meine Scheidung noch nicht allzu lange her ist, bin ich mir mit dir sicher. Vielleicht ist es etwas überstürzt, aber wenn ich mir den Menschen aussuchen darf, der für immer an meiner Seite bleiben soll, dann bist es definitiv du. Ich liebe dich so sehr und das mit Absicht. Ich würde immer wieder für dich meine Vernunft über Bord werfen. Und deshalb möchte ich dich gern fragen: Willst du mich heiraten und meine Frau werden?«
Als sie diese Frage stellte, konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten und auch bei mir liefen sie die Wange hinunter. »Ja, ja, ja. JA, NATÜRLICH WILL ICH DEINE FRAU WERDEN!« Ihre Worte hatten mich direkt ins Herz getroffen und sie hatten die passende Melodie gewählt, um die Worte zu untermalen. Wir fielen uns in die Arme, dann holte sie ein kleines Kästchen hervor und öffnete es. »Wow, sie sind wunderschön«, entfuhr es mir, als sie mir die Ringe zeigte und wir sie uns gegenseitig auf die Finger steckten. Dann endlich küssten wir uns. »Du bist verrückt«, sprudelte es aus mir heraus. Ich weinte vor Glück. Immer wieder musste ich den Kopf schütteln, ich hatte nicht mit einem Antrag gerechnet.
Felix hatte aufgehört zu spielen und kam mit Lina auf uns zu. Er trug ein Tablett mit vier Sektgläsern. »Du wusstest davon«, stellte ich fassungslos fest. »Natürlich wusste ich davon«, meinte Lina zufrieden. »Ich war eingeweiht.« Sie umarmte uns und wünschte uns alles Gute für die Zukunft. »Dann bist du bald offiziell meine Stiefmutter, was?« Das hörte sich verrückt an. Wir alle mussten lachen, dann verteilte Felix die Gläser und wir stießen an. »Auf euch«, riefen Felix und Lina und wir sahen uns tief in die Augen und sagten: »Auf uns!« Dann küssten wir uns wieder.
»Ihr müsst mir auf jeden Fall erzählen, wie ihr das Klavier hierher gebracht habt.« Die anderen lachten und Greta sagte: »Das erzähle ich dir in Ruhe.« Dann nahm sie mich in den Arm. »Wir haben ja noch ein ganzes Leben lang Zeit.« Es hätte mir nicht besser gehen können. Bald waren wir Frau und Frau. Wir verbrachten noch etwas Zeit am See und dann verabschiedeten wir uns, denn Lina und Felix würden sich um das Aufräumen kümmern. »Habt noch einen wunderschönen Abend«, sagte Lina und drückte mich. »Ich kann es gar nicht glauben«, ergänzte sie und ich antwortete strahlend: »Frage mich mal. Ich auch nicht.«
Gegen 17 Uhr fuhren wir in die Stadt. Greta hatte uns dort einen Tisch in einem kleinen süßen Restaurant reserviert. Es war sehr muckelig und ich fühlte mich wohl. Wir setzten uns an den bestellten Tisch, der schön eingedeckt war für uns beide. Aus der Karte mussten wir nur die Getränke wählen, denn Greta hatte im Vorfeld ein 3-Gang-Menü festlegen lassen. Als wir die Getränke geordert hatten, nahm sie meine Hand. Der Ring machte sich gut an meinem Finger. »Wann hast du das alles organisiert? Ich habe echt nichts mitbekommen«, fragte ich sie ungläubig. »Meistens habe ich es in meinen Pausen im Büro geplant. Allzu viel musste ich nicht organisieren. Das mit dem Menü verlief ohne Probleme und das Klavier hat Felix besorgt. Auf seiner Arbeit gibt es eins und das durfte ich mieten für den Tag. Die Schilder habe ich auch nebenbei beschriftet und die Ringe gekauft, als du in der Uni warst.« Ich antwortete: »Danke für diesen wunderschönen Antrag. Ich hätte mir keinen besseren vorstellen können.« Dann kamen die Getränke und kurze Zeit später wurde das Menü serviert.
Nach dem Essen passte nichts mehr hinein. Greta ging bezahlen und dann fuhren wir nach Hause. Kaum waren wir im Haus, fielen wir übereinander her. In Sekundenschnelle zogen wir uns aus und gingen küssend die Treppe hinauf. Ich wollte mich nicht mehr von ihren Lippen lösen. Wir landeten im Schlafzimmer und schliefen so miteinander, wie wir es noch nie getan hatten. Der Gedanke an die Zukunft sorgte bei uns beiden anscheinend für doppelte Erregung, denn gemeinsam kamen wir direkt zweimal zum Höhepunkt. Noch nie hatte es sich so gut angefühlt. Völlig verschwitzt und erschöpft ließ ich mich ins Bett sinken. »Das war nur der Vorgeschmack, der dich erwartet, wenn wir erst einmal verheiratet sind«, raunte Greta mir zu. Ich kuschelte mich an. »Da freue ich mich drauf.« Leise lachte sie auf.
Dann gingen wir kurze Zeit später gemeinsam duschen und auch dort konnten wir nicht die Finger voneinander lassen. Immer wieder mussten wir uns küssen, bis ich dann beschloss, meinen Eltern noch heute davon zu erzählen. Ich wählte ihre Nummer und meine Mama nahm ab. »Hey Mama, ist Papa in der Nähe? Dann stelle doch bitte mal auf laut. Ich möchte euch etwas sagen.« Ich hörte, wie sie auf dem Handy die Lautsprechertaste drückte. Dann sagte sie: »Ist erledigt.« Dann erzählte ich ihnen glücklich: »Greta hat mich heute gefragt, ob ich ihre Frau werden möchte. Ich habe ja gesagt.« Dann war es kurz still in der Leitung und dann hörte ich meine Mama schluchzen und sagen: »Das ist toll, wir freuen uns wirklich für euch. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.« Sie musste nichts weiter sagen, ihre Schluchzer reichten aus. Auch ich hatte den Lautsprecher an. »Greta?«, fragte mein Papa. »Ja?«, fragte sie. »Dann bald offiziell herzlich willkommen in unserer Familie, passe mir gut auf meine Kleine auf.« Dann hörte ich auch ihn schluchzen. Greta und ich sahen uns an und auch wir hatten beide feuchte Augen.
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The way I feel for her || gxg
Romance»Amelie, es tut mir leid, aber zwischen uns war nichts, ist nichts und wird nie etwas sein. Du hast dich da in etwas verrannt«, flüsterte sie mir leise zu und ihre Augen glänzten feucht im Licht der Laterne. Sie sah sich immer wieder ängstlich um. »...