4.

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Loki atmet hörbar aus.
"Dir erging es also gut. Das ist schön zu hören."
Sie lächelt bei seinen Worten.
Sie ist immer noch so wunderschön.
Zwar gefällt sie ihm in einem schönen asgardischen Kleid und mit gemachten Haaren und Make-up besser, aber selbst in diesen langweiligen Klamotten und dem gewöhnlichen Zopf erstrahlte ihre Schönheit in vollem Glanz.
"Loki?"
Er hat nicht gemerkt, dass er komplett abgeschweift ist.
"Bitte?"
"Ich habe gefragt, was bei euch so los war. Warum bist du hier und regierst nicht in Asgard?"
Sein Lächeln erstirbt auf seinen Lippen.
Sie weiß von nichts. Von rein gar nichts.
Als er nicht antwortet, schiebt sie die Fragen hinterher:" Wie geht es Mutter? Sie wird sich so freuen, mich wiederzusehen! Und auch Kyrell!"
Es zerreisst ihm das Herz. Ihr Bruder Kyrell ist in der Schlacht gegen Hela gefallen, so viel weiß er. Und ihre Mutter? Sie hatte sich selbst von der Regenbogenbrücke gestürzt, als Mae auch nach 120 Jahren nicht zurückkam.
Wie soll er es ihr sagen? Oder soll er es lieber verschweigen?
Er entscheidet sich, es langsam anzugehen.
"Wir haben damals überall nach dir gesucht. Ich hab mir die Schuld an deinem Verschwinden gegeben. Nach 100 Jahren gaben die meisten auf, Dich zu finden, selbst Odin gab den Befehl, mit der Suche aufzuhören."
Tränen bildeten sich in ihren wundervollen Augen.
"Deine Mutter.... Sie wollte nicht mehr ohne dich Leben und ... Sie.." Er kann es nicht.
Zu seinem Glück versteht sie es und lässt den Kopf hängen.
Leises Schluchzen lässt ihren Körper erbeben. Loki weiß nicht, was er tun soll. Unbeholfen rückt er näher an sie heran und legt seine Arme um sie.
Es ist wohl die richtige Reaktion, denn Mae schmiegt sich an ihn und wird ruhiger.
Dann löst sie sich von ihm und wischt sich die Tränen weg.
"Okay, erzähl weiter."
Automatisch streicht er ihr einmal über ihre Wange, bevor er weiterredet.
"Es gab Krieg mit den Eisriesen und Thor wurde gekrönt."
Ihre Augen wurden groß.
Soll er ihr sagen, dass er kein Ase ist, sondern ein Monster, ein Eisriese?
Vor ihr brauch er keine Geheimnisse zu haben, also entscheidet er sich, die Wahrheit zu sagen.
"Ich bin auch nie einer von euch gewesen."
Er sortiert noch seine Gedanken, da redet Mae ungeduldig auf ihn ein.
"Was meinst du mit 'von euch'?"
Wieder einmal kämpft er gegen den riesigen Klos in seinem Hals an.
"Ich bin nicht aus Asgard. Ich bin ein Eisriese aus Yotunheim. Odin hat mich beim großen Krieg entführt und mein lebenlang angelogen."
Verletzt blickt er zu Boden. Er kann ihr nicht in die Augen sehen. Was er dort sehen könnte, würde ihn zerbrechen.
Es interessiert ihn nicht, was andere von ihm denken, dass hat es noch nie. Außer bei Mae.
Es ist still im Apartment, dass einzige, was Loki hört, ist seine lauter Herzschlag.
Mae bricht das Schweigen.
"Und du schämst dich dafür?"
Schnell schaut er wieder auf.
"Was? Nein! Ich wusste bloß nicht... was du dazu sagen würdest."
"Ich finde es krass, dass Odin das gemacht hat und klar bin ich geschockt. Aber mir ist egal was für einer Spezies du angehörst. Du bist immernoch ... Du." Sie schenkt ihm ein warmes Lächeln und streicht über seinen Arm.
Gleichzeitig entspannt sich Loki und atmet durch, die erste Hürde ist überwunden.
"Wo ist Helga?", fragt sie vorsichtig.
Helga. An sie hatte er auch schon lange keinen Gedanken verschwendet. Wenigstens konnte er ihr eine gute Nachricht überbringen.
"Wir haben nie geheiratet. Zum Glück, ich habe sie nicht geliebt. Als Thor auf die Erde verbannt wurde, ging es Odin nicht gut. Als Thor zurückkehrte, bin ich in Schande untergetaucht. Ganz ehrlich? Ich habe keine Ahnung, was mit Helga geschehen ist und ob sie überhaupt noch lebt."
Sie verzog keine Miene, aber Loki sah, dass sie ein Lächeln unterdrückte.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer, der ihn mutiger werden lässt.
"Darf ich dich etwas fragen?"
Wieder hört er sein Herz klopfen.
"Alles."
"Warum bist du damals so ausgeflippt, als ich dir unterbreitet habe, dass ich heirate?"
Jetzt ist sie es, die den Blick abgewendet.
"Ich hab mir über die Jahre viele Gedanken darüber gemacht."
Sie schaut weiterhin aus dem Fenster.
Das genügt Loki nicht, nicht im geringsten.
Gespannt wartet er darauf, dass sie vortfährt. Er gibt ihr die Zeit die sie braucht, auch wenn er darauf brennt, es zu erfahren.
"Du weißt selbst, wie kompliziert alles war damals. Es kam so plötzlich, auch wenn es logisch war. Du warst auf dem besten Weg, der König zu werden und ein König braucht eine starke Frau an seiner Seite. Und ich wollte ..."
Sie unterbricht und schaut mit großen Augen zur Tür.
"Oh mein Gott!" Freudig springt sie auf und rennt an Loki vorbei.
Er brauch sich nicht umzudrehen, um zu wissen, was los ist. Er hat sie schon reinkommen hören.
"Mae, wie .."
Loki dreht den Kopf und sieht wie Mae in Thors Armen liegt.
So schnell kann es gehen. Er schaut den beiden zu, wie sie sich innig umarmen und er fühlt sich wieder genauso wie damals. Wie damals als er sie das erste mal gesehen hat und ihm gesagt wurde, dass sie Thor später einmal heiraten wird. Sie war das schönste, was er jemals gesehen hat und zugleich wusste er genau, dass sie nie ihm gehören würde.
Er fühlt sich wie damals, als sie auf Bällen bei ihm stand und sich über die anderen lustig gemacht hat und danach mit Thor tanzen gegangen ist.
Wie damals, als er ihr gesagt hatte, dass er eine andere heiraten wird.
Langsam lösen sie sich voneinander und sehen sich tief in die Augen.
Die üblichen Fragen werden von Thor gestellt, jene, die er auch schon gestellt hat. Was ist damals passiert, wie ist es dir ergangen, und so weiter und so fort.
Es gefällt Loki nicht, wieder das dritte Rad am Karren zu sein.
Trotzdem entscheidet er sich, die fröhliche Maske aufzubehalten und mitzuspielen. Schnell steht er auf und gestellt sich zu ihnen.
"Sie mal was ich in den Straßen aufgelesen habe." Das Loch, welches in all den Jahren zugewachsen ist und vergessen wurde, reißt wieder auf und droht sein Herz zu verschlingen.
Er konzentriert sich auf dieses Gefühl und hört gar nicht zu, was Mae erzählt. Dieses Gefühl, er hat schon ganz vergessen gehabt, wie sich das angefühlt hat.
Nun fragt er sich ernsthaft, wie er es damals aushalten konnte.
"Ich denke, du warst noch nicht fertig?", versucht Loki die Situation wieder auf sich zu lenken.
Völlig aus der Bahn geworfen sieht Mae ihn an.
"Bitte?"
Ist das ihr Ernst? Er dachte immer, sie wäre nicht so wie die anderen, einmal in Thors Gesicht sehen und alles andere um die herum vergessen.
"Bei unserem Gespräch, du wolltest was?"
Er versucht bei den Worten ruhig zu bleiben, nur leider fühlt es sich an, als würde sein Leben davon abhängen.
"Achso, das. Wir reden später darüber, okay?"
Loki beißt sich von innen in seine Wange, um den inneren Schmerz an seinem Herzen zu übertönen. Nur leider klappt das nicht.
Er nickt kurz und geht an den anderen vorbei, in den Flur, in sein Zimmer.
Er schließt schnell die Tür, bevor auch nur jemand mitbekommt, dass gerade eine Träne über sein Gesicht läuft.
Wann hat er das letzte mal geweint? Er kann sich nicht daran erinnern.
Wortlos lässt er sich auf das Bett fallen und lässt die Tränen fließen.
Es scheint ihr nicht wichtig zu sein, ihm das zu erzählen, sie redet lieber mit Thor.
Deswegen. Genau deswegen hasst er ihn so.
Schon immer interessierten sich die Menschen mehr für ihn als für Loki. Loki ist immer der Böse. Dabei wollte er nur glücklich sein und seinem Leben die Erfüllung geben, welche er schon immer gesucht hat.
Und so doof es auch klingen mag, als er Mae auf der Straße wieder gesehen hat, konnte er einen kleinen Vorgeschmack testen, was seine Erfüllung wäre.
Doch jetzt ist alles vorbei. Er fühlt sich elender, als je zuvor.
Und daran ist mal wieder Thor schuld. Wie passend.

648 Years (Loki FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt