„Nein heute geht es nicht. Ich habe noch viel zu erledigen. Vielleicht beim nächsten Mal, gut? Ok. Danke fürs Fragen und euch heute Abend noch viel Spaß. Tschau!" So oder so ähnlich verlaufen in letzter Zeit immer meine Telefongespräche mit meiner besten Freundin, wenn sie mich fragt ob ich was unternehmen will. Seit wann bin ich so langweilig geworden, dass ich mit meinen knackigen 30 Jahren an einem Samstagabend nicht mehr fortgehen will? „Ich habe noch viel zu erledigen." Pah! Das ich nicht lache. Ich sitze hier auf meiner Couch in Shorts und einem NFL Hoodie, der mir viel zu groß ist und schlürfe gelangweilt meinen gefühlten zehnten Kaffee für heute. Aber mehr will ich heute Abend echt nicht. Kaffee, Schokolade und Netflix sind heute meine Begleiter. Naja, so wie fast jeden anderen Abend auch.
Früher war ich nicht so. Ich war jedes Wochenende unterwegs mit Freunden. Ich war so etwas, was man gerne mal „Partymaus" nennt. Meine beste Freundin Tanja sagte zu mir immer beim fortgehen, sie passt auf mich auf, dass mir nichts passiert. Dabei ist sie sogar um zwei Jahre jünger als ich. Aber sie war immer schon die vernünftigere von uns beiden. Selbst als wir noch Kinder waren und ich jeden Blödsinn ausprobieren wollte, war sie diejenige die mich gebremst hat und mich, im Nachhinein betrachtet, wahrscheinlich auch vor großen Schaden bewahrt hat. Dafür bin ich ihr auf ewig dankbar.
Wir hören uns jeden Tag und berichten uns, was es Neues gibt oder welchen schrecklichen Tratsch wir jetzt wieder aufgeschnappt haben. Wir sind immer füreinander da, also wirklich beste Freundinnen. Wir teilen einfach alles miteinander. Alles, außer die Männer. Tanjas Vernunft spiegelt sich auch in der Wahl ihrer Liebschaften wider. Ihre männlichen Bekanntschaften würde ich durch die Bank als Normalos abstempeln. Keiner wirklich atemberaubend schön oder irgendwie aufregend. Die meisten sind vom Äußerlichen eher der Durchschnitt. Alle gut gebildet mit Jobs in der Wirtschaft, Wissenschaft oder sonst was Besseres. Alle sehr nett und wirkliche Gentleman, aber nichts für mich. Ich mag Männer, die kräftig gebaut sind, wissen wo es lang geht und die ganz genau wissen, was sie wollen. Am besten schwarzhaarig. Für solche hatte ich immer schon eine gewisse Schwäche. Tanja hatte auch bis auf ein oder zweimal noch nie einen One-Night-Stand. Immer längerfristige Beziehungen. Sex vor dem dritten Date ein No-go.
Bei mir wieder das totale Gegenbild. Ich hatte bis jetzt noch keine Beziehung mit einem Kerl die länger als neun Monate dauerte. Und ja. Bei mir kam es manchmal vor, dass ich am Morgen aufgewacht bin, nicht wusste wo ich war, wie ich hierhergekommen bin, geschweige denn gewusst habe wie der Kerl neben mir im Bett heißt. Moment wo sind meine Klamotten? Einmal wurde mir an einem Morgen nach so einem Abenteuer ein klein wenig übel , als ich aufgestanden bin, mich leise ins Wohnzimmer geschlichen habe und mich plötzlich fragen musste, wer der zweite nackte Kerl hier ist.
Ja, so war ich. Mir kommt es vor, als wären Jahrzehnte zwischen der Kathrin von damals und der Kathrin von heute vergangen.
Mein Job ist ebenfalls kein langweiliger. Ich bin diplomierte Krankenschwester auf einer neurochirurgischen Intensivstation in einem der größten Krankenhäuser der Welt. Da geht es schon mal stressig zu und man hat eigentlich immer was zu tun.
Aber selbst während meiner Ausbildung zur Krankenschwester, oder wie es heute korrekt heißt Krankenpflegerin, war ich keine Langweilerin. Ich konnte mir sehr viel merken indem ich einfach im Unterricht zuhörte und mitarbeitete. So musste ich fast nichts am Nachmittag nach der Schule oder dem Praktikum lernen und schrieb trotzdem lauter Einsen. Das brachte mir zwar den Status der Streberin ein, aber das war mir egal. Ich wusste von vornherein, dass ich einmal auf eine Intensivstation wollte und da werden nur die mit den besten Zeugnissen genommen.
Dadurch, dass ich nicht so viel lernen brauchte wie die anderen, hatte ich auch viel mehr freie Zeit. Und die wusste ich ganz genau zu füllen. Wie gesagt. Ich war keine Langweilerin. In dem einen oder anderen Praktikum habe ich es sogar geschafft mir so manchen jungen gutaussehenden Arzt zu angeln. Ich weiß, ist ein bisschen klischeehaft. Die junge gutaussehende Krankenschwesternschülerin die mit einem jungen Arzt ins Bett steigt... Aber wenn es doch Spaß macht? Einmal sogar mit dem stationsführenden Oberarzt, mit dem ich mich dann in einem gemeinsamen Nachtdienst in seinem Dienstzimmer vergnügt habe.
Vielleicht mögen mich manche als Schlampe, Flittchen oder was auch immer bezeichnen. Vielleicht bin ich das auch. Aber wisst ihr was. Das ist mir sowas von egal. Es ist mein Leben und ich bestimme was ich mache, mit wem ich es mache und was ich erlebe.
Aber diese Zeiten sind vorbei.
Und so sitze ich jetzt alleine hier und schaue meine neue Lieblingsserie „Designated Survivor". Ich weiß nicht. Kiefer Sutherland wird immer Jack Bauer für mich bleiben. Aber warum bin ich so langweilig geworden? Um eines klar zu stellen: ich sitze nicht jedes Wochenende wie ein Häufchen Elend alleine daheim rum. Manchmal bin ich schon unter Leuten oder schleppe den einen oder anderen Typen ab. Mir macht es nur nicht mehr so viel Spaß wie früher, deswegen kommt das alles in meinem Leben ein wenig zu kurz. Vor allem der Sex kommt zu kurz. Gottseidank gibt es kleine Helferleins.
Ihr müsst wissen, dass mein Sexleben einmal komplett auf den Kopfgestellt wurde. Seit diesem Wochenende ticke ich beim Thema Sex ein wenig anders. Manch einer sagt, ich bin vorher schon aus der Norm gefallen, was dieses Thema betrifft. Aber seitdem ist es noch krasser. Ich möchte euch erzählen was passiert ist und wie es dazu gekommen ist.
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Das Wochenende
RomanceBasierend auf einer wahren Begebenheit in meinem Leben. Ich erzähle hier in Form einer Geschichte von einem Wochenende, das mich komplett verändert hat.