Kapitel 6

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Mark war total niedergeschlagen. Kann ich natürlich auf eine gewisse Weiße verstehen. Er ist eindeutig zu weit gegangen und er wollte es wieder gut machen. Mark versuchte alles um sie zu erreichen. Er hat sie hunderte Male angerufen, ihr SMS und WhatsApp geschrieben. All ihre bekannten Freundinnen und ihre Eltern angerufen, aber alle sagten, dass sie sie nicht gesehen haben oder nicht wüssten wo sie ist, was bei einigen ganz bestimmt nicht stimmte.

Er war am Boden zerstört.

Meine erste Reaktion auf diese Schilderung war „selber Schuld". Wer so etwas macht und so weit geht, darf sich nicht wundern, wenn das Ergebnis dann so aussieht. Ich wollte auch nichts mehr mit ihm zu tun haben. Meine Antwort auf seine ganz Geschichte bestand aus einem einzigen „Oh..." und das war's. Ich habe mein MacBook zugeklappt und mich angeekelt weggedreht. Wie selbstverständlich habe ich sofort einmal Tanja angerufen und sie gebeten zu mir zu kommen, weil ich reden musste. Sie kam sofort.

Ich habe ihr alles erzählt und ihr natürlich auch die Geschichte von Mark lesen lassen. Irgendwie war mir klar, dass sie kein Verständnis dafür hatte. „Ich hab dir ja gesagt, dass du auf so kranke Typen stoßen würdest!" war ihre erste Reaktion. War Mark wirklich ein kranker Typ? Diese Frage ging mir den ganzen Abend und die nächsten Tage nicht aus dem Kopf. Ich wusste echt nicht mehr, was ich machen sollte. Die ganze Zeit habe ich mich gefragt, ob das nicht nur ein Ausrutscher war und ich habe mir die Geschichte immer und immer wieder durchgelesen. War das vielleicht ein bisschen ein Wunschdenken meinerseits? Er schien so perfekt in unseren Konversationen. Aber wer ist schon perfekt? Verdient nicht jeder eine zweite Chance? Ja. Diese gewährte ich ihm auch.

Nach mehr als einer Woche habe ich mich dann auch wieder bei ihm schriftlich gemeldet. Ich wollte einfach wissen, ob er seine Lektion gelernt hat. Ich wollte wissen, ob es sein kann, dass er wieder so einen Ausraster bekommt. Ich wollte so vieles wissen. Ich wollte Gewissheit und diese konnte ich nur bekommen, wenn ich ihn direkt frage. Die Antworten auf all meine Fragen würden ausschlaggebend dafür sein, ob ich mich von ihm abwende oder nicht.

Es dauerte lange bis ich von ihm eine Antwort bekam. Aber das war mir nur recht. Ich musste mich sowieso noch ein wenig ordnen. Ich musste mir ganz sicher sein, was ich wollte und was ich mache, wenn die Antworten auf meine Fragen nicht so ausfielen wie es mir gefällt. Ich habe mir selbst das Versprechen abgerungen, dass wenn ich auch nur den leisesten Verdacht habe, dass nur die winzigste Kleinigkeit nicht passt, ich sofort den Kontakt abbreche.

Sorgfältigst habe ich mir seine Antworten durchgelesen und viel darüber nachgedacht. Die Tage vergingen und ich habe bei dem einen oder anderen Punkt nachgehackt, weil mir noch manches nicht klar war. Mit der Zeit bekam ich den Eindruck, dass mich mein erster Eindruck doch nicht getäuscht hat und Mark doch kein kranker Typ war. Ich beschloss Mark noch eine zweite Chance zu geben. Tanja meinte es war so klar, dass ich nicht auf sie hören würde. Warum ich sie denn überhaupt um Rat gebeten habe? Wahrscheinlich werdet auch ihr jetzt sagen, dass das so klar war. Wie gesagt. Vielleicht war da ein bisschen ein Wunschdenken meinerseits dabei. Vielleicht habe ich mich schon so auf Mark eingeschossen, dass ich nicht noch einmal die Zeit und Kraft investieren wollte jemand anderen kennenzulernen.

Aber wie gut kann man jemanden schon online kennenlernen? Ich wollte auch nicht einfach so ins Blaue mit einem wildfremden Menschen ein Abenteuer beginnen.

Ich gab mir einen Ruck und bat um ein Treffen.

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