Kapitel 1 - Das perfekte Paradies?

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Es heißt am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Darauf die Menschen, Adam und Eva. Sie waren das absolute Abbild Gottes, rein und ohne Makel. Ebenso wie die Welt in der sie lebten, sie kannten weder Leid, Angst noch Verlust. Man könnte meinen es wäre ein Paradies. Bevor Gott die Menschen, nach seinem Ebenbild, hervorbrachte, hauchte er den Wesen, die man Engel nennt, Leben ein. Einer von ihnen, Luzifer, der jüngste der Erzengel, war der schönste und wahrscheinlich mächtigste von ihnen allen. Aus reiner Neugier begab er sich in den Garten Eden und beobachtete die Menschen Adam und Eva. Doch ziemlich bald fand er die scheinbar paradiesische Welt und ihre Bewohner als äußerst verstörend. Ja es war richtig diese beiden mussten weder Hunger, Krankheiten, Gewalt oder den Tod fürchten. Gleichzeitig jedoch waren sie nicht in der Lage Dinge wie Liebe, Hoffnung, Glück und Freude zu erleben.

Solange er sie auch beobachtete, nicht ein einziges Mal sah er einer der beiden lächeln, weinen oder sonst ein Zeichen von Gefühl in ihren ausdruckslosen Gesichtern. Da wurde es ihm klar, dass Adam und Eva nichts weiter als Puppen in einem Käfig ohne jeglichen eigenen Willen waren. Langsam aber sicher stiegen Luzifer Zweifel an Gottes Werk auf. Warum erschuf sein Vater solch eine sinnlose Existenz? Warum waren die beiden Menschen so grundverschieden zu den Engeln, die fähig waren zu lieben und zu trauern? Warum verweigerte er ihnen diesen essentiellen Teil, ohne den das Leben nicht lebenswert ist? Er musste es einfach wissen, es verstehen. Wieso tat Gott so etwas?

Im Himmel zurückgekehrt, betrat er den Thronsaal des Palasts Gottes. Als erstes musste man einen langen Gang hinter sich bringen, bis eine Reihe von Stufen zu seinem großen, jedoch schlicht anmutenden, Thron führte. Auf diesem ruhte gelassen sein Vater, ein Großteil seines Gesichts war von Schatten verborgen. Luzifer machte einige Schritte auf diesen zu, vor den Stufen angekommen begann er aber zu zögern. Sollte er wirklich das Wort gegen Gottes Schöpfung erheben? Er war nicht dumm. Schon seit langem hatte er bemerkt, dass es Gott missfiel, wenn er dessen Werk kritisierte oder seine Befehle in Frage stellte. Wie lange konnte er noch seine Befehle „dehnen" beziehungsweise diese so auszulegen um nicht etwas tun zu müssen was er nicht für richtig hielt.

Aber er konnte einfach nicht anders. Er ertrug es einfach nicht diese willenlosen Marionetten so zu sehen. Daher gab Luzifer sein Zögern auf, all seinen Mut zusammennehmend beschritt dieser die Stufen zu Gottes Thron. Dort angekommen sprach Luzifer Gott an: „Vater, wieso habt ihr diese Wesen, die ihr Menschen nennt, frei von einem eigenen Willen und der Fähigkeit zu fühlen erschaffen? Warum sind sie so anders als wir Engel?"

Mit einem Seufzen antwortete Gott: „Keine Sorge mein Sohn. Ich weiß du fühlst mit jedem Lebewesen, aber genau das ist dein Problem. Du denkst nicht rational, du hinterfragst zu viel. Vertraue mir also mein Sohn, ich weiß was ich tue. Wenn die Menschenkinder reif dafür sind, werden auch sie die Fähigkeit, die du ihnen so sehr wünschst, erlangen. Im Garten Eden steht ein großer Baum, der die Früchte der Erkenntnis trägt.

Die Menschen müssen nur danach streben. Ich hoffe ich konnte dich beruhigen mein Sohn und nun bitte geh."

Luzifer wollte Gott widersprechen: „Aber Vater, ...", wurde jedoch von ihm schroff unterbrochen: „Ich will jetzt nichts mehr hören. Ich dulde es nicht wenn du mein Werk in Frage stellst. Ich habe deinen Eigensinn lange genug durch gehenlassen."

Sichtlich verunsichert folgte Luzifer widerwillig diesem Befehl und verließ den Palast Gottes.

Als dieser außer Sicht war, sprach Gott zu sich:

Luzifer ist das perfekte Beispiel warum ich die Fähigkeit zu fühlen und den freien Willen den Menschen und den anderen Engeln, die ich nach ihm erschuf, vorenthielt.

Der Engel Luzifer ist zwar der schönste und mächtigste von allen, er war aber auch sehr eigenwillig und handelte zu emotional. Zu oft hinterfragt er meine Befehle oder findet Wege sie zu umgehen beziehungsweise sie nicht vollständig auszuführen. Er ist einfach zu intelligent und nicht berechenbar. Er ist zu kritisch und stolz für meinen Geschmack. Irgendwann könnte Luzifer für mich gefährlich werden und das darf ich nicht zulassen. Ich muss mir etwas einfallen lassen um dieser Gefahr zuvor zu kommen.

Bei den Menschen hatte ich diesen Fehler komplett ausgemerzt. Auch bei den anderen Engeln die ich nach Luzifer erschuf, verbesserte ich diesen Makel nach und nach. Meinem Sohn erzählte ich zwar, dass diese jene Fähigkeiten irgendwann erlangen würden, in Wahrheit habe ich natürlich nicht vor dies zu zulassen. Dafür habe ich gesorgt. Das ich Luzifer von dem Baum der Erkenntnis erzählte ist sozusagen ein Test. Vielleicht sogar eine perfekte Falle, um meinen eigenwilligen Sohn zu bändigen. Ich bin gespannt ob mein rebellischer Sohn den Köder schlucken wird.

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