Kapitel 4 - ungewollte Aufmerksamkeit

8 0 0
                                    

Auf der Erde angekommen zog Luzifer durchs Land und half den Menschen bei den verschiedensten Nöten.

Mit seiner Energie heilte er schwere Wunden von Verletzten oder besorgte Nahrung für verwaiste Kinder. Er versuchte sein Bestes, dass Leid der Menschen zu lindern. Um nicht allzu sehr aufzufallen, verweilte er nie lange an einem Ort.

Mittlerweile war Luzifers Abwesenheit im Himmel aufgefallen. Gott schien sehr erzürnt darüber, dass sein Sohn so offen seine Befehle missachtete. Deshalb rief er seine verbliebenen Erzengel Michael, Uriel, Raphael und Gabriel zu sich. Die vier Erzengel hatten ihren Vater noch nie so außer sich vor Zorn erlebt. Wütend brüllte Gott die Vier an und fragte ob einer von ihnen wusste wohin Luzifer verschwunden war.

Gabriel schaute kurz schweigend Raphael an. Offenbar ahnte dieser was vor sich ging und äußerte sich zu der Frage seines Vaters: „Vater, bestimmt treibt sich unser kleines Brüderchen einfach nur irgendwo im Himmel herum und spielt uns einen kleinen Streich. Ihr wisst doch wie Luzifer seine Freiheit liebt. Er ist manchmal einfach noch wie ein kleines Kind, das nur versucht eure Aufmerksamkeit zu erlangen. Bitte seid nachsichtig. Schließlich ist er der Jüngste von uns."

Dankbar dafür, dass Gabriel ihren kleinen Bruder in Schutz nahm, blickte Raphael seinen Bruder mit einem kaum merklichen Lächeln anerkennend an. Hoffentlich verschaffte das Luzifer etwas mehr Zeit. Plötzlich widersprach jedoch Michael, Gottes loyalster, ehrgeizigster und gehorsamster Erzengel, Gabriel: „Vater, du hast lange genug Luzifers Spielchen, Tricks und Ungehorsam durchgehen lassen. Ich habe von der Erde Gerüchte gehört, dass sich wundersame Heilungen bei den Menschen häufen. Bitte lass meine Männer auf der Erde dem nachgehen. Sollte unser Bruder wirklich zu weit gegangen sein und sich gegen euren Befehl in die Belange der Menschen eingemischt haben, muss er, so sehr es mich auch schmerzt, angemessen dafür bestraft werden. Eine solche offene Rebellion gegen euch mein Vater, darf nicht toleriert werden."

Gott ließ sich mit seiner Antwort Zeit, als würde ihm die Entscheidung schwerfallen:

„Nun gut mein Sohn, geh mit deinen Männern diesen Gerüchten nach. Ich fürchte Michael hat Recht. Sollte Luzifer sich tatsächlich in die Belange der Menschheit eingemischt haben, obwohl ich ihn ausdrücklich davor gewarnt habe, ist eine entsprechende Strafe zu seinem eigenem besten unvermeidbar. Dein Bruder Uriel soll dich zur Sicherheit begleiten."

Nach einiger Zeit erreichte Luzifer ein kleines Dorf. Bisher war ihm auf seinen Reisen kein Ort untergekommen, der so verwüstet war. Überall lagen Leichen, Häuser brannten, man sah so viele verzweifelte, weinende Kinder und es herrschte schreckliche Hungersnot. Aus einem der Häuser hörte er ein leises jämmerliches Weinen. Es klang nach einem kleinen Mädchen das um Hilfe schrie. Er ging der Stimme nach bis sie immer deutlicher zu hören war. Es kam aus einem Haus das schon lichterloh in Flammen stand. In das Haus zu gelangen ohne völlig zu verbrennen war unmöglich. Wenn Luzifer nicht eingriff würde das Kind qualvoll sterben. Scheinbar hatte auch die Mutter die Hilferufe ihres Kindes gehört. Sie schrie vor Verzweiflung und rannte auf ihr brennendes Haus zu. Die liebende Mutter würde für ihr Kind wissenden Auges ins Verderben rennen. Luzifer hielt sie auf bevor sie das brennende Haus betreten konnte. Schluchzend schlug die junge Mutter um sich und schrie, bis sie vor Erschöpfung auf die Knie sank. Beruhigend sprach Luzifer auf die Frau ein:

„Warte hier und komme mir nicht hinterher, ich werde deine Tochter aus dem Haus holen."

Geschockt sah die junge Frau zu wie Luzifer die Eingangstür ein trat und ohne zu zögern durch die dahinterliegende Feuerwand ging. Im Inneren des Haus versuchte er das Menschenkind zu finden, dessen Rufe immer schwächer wurden. Viel Zeit hätte er nicht mehr. Als er in einem Raum mit eingestürzten Holzbalken betrat, fand er das kleine Mädchen. Es hatte unter einer massiven Holzbank Schutz gesucht. Leider atmete es nur noch sehr schwach. Das arme Ding musste sehr viel Rauch eingeatmet haben. Behutsam nahm er das Kind, was ihm so unendlich zerbrechlich vorkam, in seine Arme. Sie musste schnellstens hier raus. Um das Kind vor den Flammen zu schützen umschlang Luzifer diese mit seinen Flügeln. Rasch rannte Luzifer durch das Flammenmeer aus dem Haus. Draußen angekommen legte er das geschwächte Kind auf den Boden. Es atmete kaum noch und ihr Puls war sehr schwach. Sofort rannte die Mutter auf ihr am Boden liegendes Kind zu. Sie nahm es in die Arme und wiegte es hin und her. Immer mehr Tränen kullerten der Frau die Wangen herunter. Dieser liebevolle Anblick berührte Luzifer zutiefst. Langsam kniete er sich vor Mutter und Kind und legte sacht seine Hand auf die Stirn des immer schwächer werdenden Mädchens. Seine Hand begann zu leuchten und schenkte der kleinen einen Teil seiner Energie. Langsam öffneten sich die Augen des kleinen Kindes. Völlig verwirrt fragte diese ihre Mutter: „Mama warum weinst du?"

Überwältigt von der Erleichterung, dass ihre Tochter noch lebte, drückte die jetzt vor Glück weinende Mutter ihr Kind ganz fest an sich.

„Mama du erdrückst mich. Was ist denn los?" Liebevoll strich die Mutter über das Gesicht des Mädchens und wischte ihr dabei den Ruß von ihren Wangen. „Keine Sorge, es ist alles wieder gut Amalia mein Schatz."

Leider hatte sich durch das Geschrei der Mutter sehr viel Aufmerksamkeit der Dorfbewohner auf sie gezogen. Schockiert hatten einige das Geschehen beobachtet. Und es wurden immer mehr die sich um die Drei versammelten. Einer aus der Menge zeigte auf Lucifer und schrie: „Ein Wunder, der Mann hat das Kind wie durch Zauberei geheilt."

Aufgeregt kam die Menge auf ihn zu und wollten ihn anfassen. Vielleicht um sich davon zu überzeugen, dass sie nicht nur träumten.

Verdammt. So viel dazu, dass ich keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen wollte. Vermutlich würde es jetzt nicht mehr lange dauern bis mein Vater und meine Brüder von meiner Anwesenheit hier auf Erden erfuhren. Das heißt falls sie es nicht ohnehin schon wussten und auf der Suche nach mit waren, dachte Luzifer seufzend.

Hoffentlich hatte er noch etwas Zeit um den armen Menschen in diesem Dorf ein wenig zu helfen, bevor er wieder abhauen musste. Um die Situation etwas zu entschärfen, konzentrierte Luzifer sich auf die Menschenmenge und manipulierte ihre Erinnerungen, so als wären die letzten Augenblicke nie geschehen.

Da er nicht allzu viel Zeit hatte und seine Fähigkeiten bei so vielen Wesen gleichzeitig einsetzten musste, konnte er sie leider nur oberflächlich verschleiern.

Aber dies sollte ihm zumindest ein wenig Zeit erkaufen. Nur die Erinnerungen der kleinen Familie ließ dieser unberührt. Die Menge kam verwirrt zu sich. Sie waren verwundert was sie hier machten. Nach und nach löste sich der Tumult einer nach dem anderen auf. Als nur noch Mutter und Kind übrig waren, kam die erleichterte Mutter auf Luzifer zu. Voller Dankbarkeit umarmte sie diesen: „Ich danke euch, dass ihr meine Tochter Amalia gerettet habt. Das werde ich euch niemals vergessen. Mein Name ist übrigens Laila", sagte sie lächelnd als sie sich aus der Umarmung gelöst hatte.

Veritas LuxWo Geschichten leben. Entdecke jetzt