Schwäche und Wut

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Die Situation war schon ziemlich beschissen.
Dean sorgte sich um Cas, der nun auf dem Motelbett lag und schlief. Allein das war schon ein Ding für sich: Cas schlief. Aber es schien tatsächlich so zu sein, dass er nicht mehr nur einfach mit seinem Engels-Mojo herum zu wedeln brauchte um zu tu tun, was immer er tun wollte. Er schien nicht viel davon übrig zu haben und unterschied sich im Augenblick kaum von irgendeinem Menschen.
Das war nicht besonders toll, denn eigentlich hatten Dean und Sam auf seine Hilfe gebaut, und sie konnten alle Hilfe gebrauchen, die sie bekommen konnten. Nun, nicht, dass Cas nicht auch als Mensch eine Hilfe gewesen wäre, sicher war er das. Aber darum ging es nicht.

„Was machen wir jetzt?", fragte Dean und sah seinen Bruder ratlos an.
„Kein Ahnung ... ich denke, wir sollten unseren Ausflug in den Wald besser verschieben und uns erst einmal um Cas kümmern."
„Ich weiß nicht", sagte Dean. „Welche Gottheit auch immer das alles hier anrichtet. Das letzte Opfer ist nun schon ein paar Tage her und je länger wir warten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Ding sich in eine Art Schlaf oder so zurückzieht, und das macht es nicht einfacher, es zu finden."
Sam seufzte. Dean hatte natürlich recht.

„Nicht ... verschieben", hörten sie auf einmal Cas' Stimme. Der Engel richtete sich auf. Er war wieder erwacht.
„Ihr dürft um meinetwillen nichts wichtiges verschieben."
„Cas!" Dean war sofort an Cas' Seite und kniete neben seinem Bett.
„Wie geht es dir?"
„Ich glaube, es geht mir besser, Dean. Ich habe den Sturz ganz gut überstanden. Nur meine Kräfte sind nach wie vor auf Eis gelegt."
Dean seufzte. „Und wie konnte das passieren?"
Cas schaute erst in Deans Augen, dann zu Sam, und dann zu Boden.
„Ich fürchte", sagte er dann leise, „ich fürchte ich habe etwas ausgesprochen dummes getan."

Eine halbe Stunde später hatte er Sam und Dean ins Bild gesetzt.
Die Brüder wussten nun, dass er mit Crowley zusammengearbeitet hatte und sie wussten auch, worum es ihm dabei gegangen war: Das Fegefeuer finden, Seelen unter seine Herrschaft bringen, Rafael besiegen, den Bürgerkrieg im Himmel beenden.
Verhindern, dass Rafael doch noch die Apokalypse vom Zaun brach.
Verdammt.

„Kann nicht einmal alles einfach nur funktionieren?", schimpfte Dean und schlug wütend mit der Faust gegen die Türummantelung.
„Wenn also Rafael die Oberhand gewinnt, war unter Umständen alles umsonst, was Sam und ich durchgemacht haben?!"
„Das ist Rafaels Plan", sagte Cas leise.
„Na toll, und Crowley? Steht der jetzt etwa auf seiner Seite?"
„Ich fürchte, man kann Crowleys Verhalten nicht anders interpretieren", sagte Cas und wurde rot. Er hatte richtig Mist gebaut, wie es aussah.
„Es tut mir so leid", flüsterte er.
„Schon gut", sagte Sam. Sam hatte eine Menge Verständnis für solche Dinge. Als er damals mit Ruby zusammengearbeitet hatte, war ihm auch alles logisch, schlüssig und richtig erschienen ... also war er der letzte, der solche Fehler in Bausch und Bogen verdammte.
Einfacher machte das die Lage nicht.
Was also sollten sie tun?

Dean, der die ganze Zeit neben Cas gekniet hatte, sprang nun auf. Er lief zu ihrer Tasche mit den Beschwörungsutensilien und sagte entschlossen:
„Ich hol den Scheißkerl hierher."
„Was?" Sam und Cas fuhren gleichzeitig entsetzt auf.
„Bist du wahnsinnig?", sagte Sam. „Wenn du das tust, bringt der möglicherweise Rafael mit. Und wenn er das tut, sind wir alle im Eimer!"
„Das ist mir egal", sagte Dean, der nun tatsächlich und endgültig genug hatte. „Dann gehen wir eben alle drauf. Wäre ja nicht das erste Mal. Und ich habe die Schnauze voll von dem ganzen Engel- und Dämonenkroppzeug, nichts für ungut, Cas, die uns auf der Nase rumtanzen und uns vorschreiben wollen, was wir zu tun und zu lassen haben. 'Dean, du bist Michaels Schwert, sträube dich nicht da gegen!' 'Dean, ich habe dich in der Hand, besorge mir Alphawesen!' Ha! Mir reicht es einfach, versteht ihr?"

Ein solcher Ausbruch war untypisch für Dean. Und sowohl Sam als auch Cas verstanden, dass Dean an einer Belastungsgrenze angekommen war.
Also ließen sie ihn gewähren. Letztendlich waren sie beide ein wenig schicksalsergeben, denn auch Sam hatte eigentlich keine Lust mehr, Spielball himmlisch-höllischer Mächte zu sein, und Cas, nun, der wusste ohnehin nicht, was er tun sollte.
Also vertraute er Dean auch jetzt wieder.
Bisher war er damit immer gut gefahren.

Dean zeremonierte den Bannspruch.
Und Crowley erschien, gefangen in einer Teufelsfalle, mit vor Zorn glühenden Augen.
„Ihr schon wieder! Herr Gott, ihr werdet echt lästig, ihr haarlosen Affen!"
„Halt die Klappe!", sagte Dean.
Von Rafael war nichts zu sehen. Gut, das war gut. Sie hatten Crowley wohl überrascht. Und noch bevor der Dämonenchef seinen Nachteil erkennen und Rafael doch noch heran rufen konnte, schob Dean einen weiteren Bannspruch hinterher.
Den besaßen sie noch nicht lange und er bewirkte, das Crowley nicht nur in der Falle unbeweglich festsaß, sondern dass er darüber hinaus an Dean gebunden war.
Was auch bewirkte, dass er nicht mehr kommunizieren konnte. Nicht außerhalb eines Kreises um Dean herum, der gerade mal ein paar Meter im Umkreis maß.

„Mist!", fluchte Crowley, als ihm seine Lage klar wurde.
Diese verdammten Winchesterbrüder gingen ihm so langsam gehörig auf die Nerven, und klar, der flügellahme Engel musste natürlich auch mit von der Partie sein.
Nun, er würde sich von diesen Eiweißklumpen auf Beinen nicht unterkriegen lassen. Er setzte sein arrogantestes Gesicht auf und sagte in Deans Richtung mit der kältesten Stimme zu der er fähig war:
„Was soll das hier?"

„Welch eine Freude, dich bei uns begrüßen dürfen, werter Crowley. Und welch großzügiges Angebot vorn dir: Wir gehen morgen früh auf Götterjagd, und es ist uns eine Ehre, dass du uns dabei nach Kräften unterstützen wirst!"

Crowley knirschte verärgert mit den Zähnen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, würde er einen Teufel tun ...
Aber wie es aussah, hatte er keine Wahl.
Verdammte Winchesters!

ChastityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt