2. Der wunderschöne Fremde

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Als der Neue, umringt von einer Schar Verehrerinnen, das Klassenzimmer betrat, war mein erster Gedanke: Oh. Mein. Gott.

Und ich verwende diese Worte nicht leichtfertig. Aber ich hatte noch nie jemanden gesehen, der so unbeschreiblich schön war, ein so bezauberndes Lächeln hatte. Es fiel mir schwer, das zuzugeben, aber er übertraf sogar Jessica.

Natürlich nicht die Jessica, die mit ihren blond gefärbten Haaren und perfekt manikürten Nägeln gerade zu seinen Füßen rumlungerte, sondern Jessica June. Das Mädchen, das mir vor einem Jahr das Leben gerettet hatte und kurz darauf spurlos verschwunden war.

Sie war ähnlich wie dieser Neue gewesen, was ihre Makellosigkeit betraf, aber es schien, als hätte er ihre Ausstrahlung verstärkt: Unglaublich fesselnd, unglaublich in den Bann ziehend, und unglaublich arrogant. Wobei das letzte überwog.

Ich konnte diesen Großkotz von dem Moment an nicht leiden, indem er das Klassenzimmer betrat und mir ein Lächeln zu warf, keines dieser schüchternen Lächeln, die die meisten Jungs hier gerade mal zu Stande brachten.

Es war ein fettes, arrogantes, verwöhntes Ich-bin-geil-Lächeln, und die anderen fielen auch noch darauf herein.

Ich wandte kopfschüttelnd meinen Blick von diesem Anblick der Erbärmlichkeit ab und versuchte weiter, meine Mathehausaufgaben fertig zu stellen.

Was natürlich ziemlich unmöglich war in Anbetracht der Tatsache, dass die Stunde in drei Minuten anfing und ich noch nicht mal eine von drei Aufgaben gelöst hatte.

„Habe ich irgendetwas falsch gemacht?"

Scheiße. Seine Stimme war exakt genauso wie sein Aussehen- makellos, nur dass statt dieser Arroganz Wärme darin mitschwang. Es war eine dieser Du-kannst mir-vertrauen- Stimme. So langsam verstand ich, was alle anderen Mädchen so toll an ihm fanden- dieser Junge schien perfekt zu sein, mal abgesehen von der Tatsache, dass er das wusste und schamlos ausnutzte.

Ich hob meinen Blick und mir stockte der Atem. Von weitem hatte ich nur seine schwarzen Haare gesehen, aber seine Augen waren eisblau. Der Kontrast war so perfekt, dass es fast unwirklich aussah. Für einen Moment musste ich tatsächlich um Fassung ringen, doch dann hatte ich mich wieder unter Kontrolle.

„Entschuldigung? Kennen wir uns?", fragte ich und meine Stimme klang herablassend. Sollte dieser Idiot doch merken, woran er war.

Ich sah, wie er verwundert eine Augenbraue hob. Ha! Strike! Der Typ war es wohl nicht gewohnt, so eiskalt abserviert zu werden.

„Nein", sagte er und setzte sich wie selbstverständlich auf den Stuhl neben mir, wobei ein leichtes Lächeln seine Lippen umspielte.

„Aber das können wir ändern. Ich bin Jayden."

Ich sah ihn übertrieben freundlich an.

„Marianne und nicht interessiert, danke."

Genugtuung durchflutete mich, als ich sah, wie sich seine Augen für einen kleinen Moment weiteten. So langsam fing das Ganze an, mir Spaß zu machen.

„Ja-hay, kommst du heute Nachmittag mit uns zum See, chillen?"

Es war Jessica Verage, wer sonst. Niemand anderes hatte den Mut oder die Position, so eine Frage zu stellen.

„Natürlich. Bei der Hitze kann man ja kaum etwas anderes machen", grinste Jayden, fuhr sich durch die Haare und warf mir einen letzten, undurchschaubaren Blick zu, bevor er Jessica folgte.

Aber jetzt ist es vielleicht an der Zeit, mich vorzustellen: Marianne Lendt. Sechzehn Jahre alt, braune Haare, die sich immer locken, wie sie gerade wollen, unauffällige braune Augen, und eine Figur, die ich nicht als dick bezeichnen würde, eher als... unsportlich.

Reborn - Bittersüße RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt