Enthüllungen

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Die verlockenden, frühlingshaften Sonnenstrahlen schienen Astoria unerwarteterweise ins Gesicht, als sie das kleine Geschäft in der Nokturngasse verließ. Die Seitenstraße, die früher einen düsteren Ruf gehabt hatte, war teilweise immer noch mit fragwürdiger Klientel gespickt, aber nun auch durch mehrere Läden aufgelockert, die eine bessere Reputation genossen.

In dem Beutel an ihrer Hüfte raschelten verschiedenste Kräuter, die sie für ihre nächtliche Schicht im St. Mungos benötigte. Im Moment arbeitete sie mit einigen anderen Heilern an der Verbesserung mancher Tränke. Als sie ihren Namen hinter sich hörte, drehte sie sich in der freudigen Erwartung um, einen ihrer Kollegen zu sehen... Und verlor augenblicklich die Farbe in den sanft geröteten Wangen, als sie Lucius Malfoy erblickte. Um ein Lächeln bemüht, wartete sie, bis er zu ihr aufgeschlossen hatte.

„Miss Greengrass. Was tun Sie denn in diesen düsteren Breiten?" Astoria schüttelte sich das dunkle Haar ins Gesicht, um ihre Unsicherheit etwas zu kaschieren. „Ich musste einige Dinge für meine Heiler-Tätigkeit besorgen. Seltene Gewächse, die ich sonst selbst ziehen müsste. Ich habe zwar einen Kräutergarten, aber an manche Dinge traue ich mich doch nicht heran." Sie bemühte sich um einen professionellen, kühlen Tonfall, und hoffte darauf, dass, was auch immer Lucius wollte, er sie nicht quälen würde.

„Wie wahr, wie wahr. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als ich Sie das erste Mal hier angetroffen habe... Nur haben Sie damals Ihre eigenen Ziehpflanzen noch selbst verkauft. Mit durschlagendem Erfolg, wie ich vermerken möchte." Astorias Herzschlag beschleunigte sich, und klang ihr laut in den Ohren. Sie flehte zu allen Himmeln, dass niemand um sie herum ihrem Gespräch lauschte – in der Nokturngasse kümmerte sich glücklicherweise jeder um seine eigenen Sorgen. Das hatte sich seit Jahren nicht geändert, und war wohl auch der einzige Grund, weshalb sie außer Mr. Malfoy noch niemand wiedererkannt hatte.

„Was wollen Sie mir damit sagen, Mr. Malfoy?" Normalerweise war sie gut darin, Zwischentöne und unterschwellige Bedeutungen aufzuspüren. Aber ihr wollte beim besten Willen nicht klarwerden, was Dracos Vater noch von ihr wollen könnte. Ihre Abmachung war mehr als deutlich gewesen, und hatte keine Notwendigkeit für weitere Absprachen offengelassen.

„Ich wollte lediglich sicherstellen, dass Sie sich weiterhin an unsere Vereinbarung halten. Wenn alles nach Plan verläuft, kann ich nicht riskieren, dass Sie mit unlauteren Geschäften in Verbindung gebracht werden. Dann könnten sich gewisse Kredite sehr schnell wieder in Luft auflösen."

Astoria bemühte sich nach Kräften, die Furcht aus ihrer Stimme zu verbannen.

„Das wird nicht geschehen. Sie haben nichts zu befürchten. Ich bin aus völlig legitimen Gründen hier – nicht, dass ich jemals andere gehabt hätte."

Sein höfliches Lächeln erreichte seine Augen nicht, aber dennoch sagte er betont freundlich: „Ich bin froh, dass wir uns verstehen, Miss Greengrass. Nun denn, ich will Sie nicht weiter aufhalten, und wünsche Ihnen einen wundervollen Nachmittag – wie ich höre, werden Sie ihn mit Draco verbringen?" Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern nickte ihr zum Abschied zu, ehe er mit einem Knall disapparierte.

Astorias Fingernägel gruben sich fest in die Haut an ihrem Arm, während sie darauf wartete, dass sich ihre Atmung wieder beruhigte. Der Schmerz half ihr dabei, sich zu kontrollieren, und auf die vor ihr liegende Aufgabe zu konzentrieren. Auch sie verschwand mit einem lauten Donnerschlag.

 

Sie tauchte in der Eingangshalle des St. Mungos Hospitals wieder auf, und bahnte sich einen zielstrebigen Weg durch die Menge, vorbei an wartenden Hexen und Zauberern, die an mehr oder weniger offensichtlichen Verletzungen litten. Astoria eilte zu dem neu eröffneten Ostflügel des Krankenhauses, der erst vor wenigen Jahren eröffnet worden war. Darin beschäftigte sich die magische Heilkunst mit einem Aspekt, der lange Zeit entschieden zu kurz gekommen war – der menschlichen Psyche. Nach anfänglichem Sträuben der Zauberergemeinschaft hatte man nach dem zweiten Krieg gegen Voldemort eingesehen, dass traumatische Erlebnisse Spuren hinterließen, und man diese aufarbeiten musste. Viel Inspiration dazu war aus der Muggelwelt gekommen, und bis jetzt recht erfolgreich umgesetzt worden.

It's always Darkest Before the DawnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt