Das allabendliche Gelage war ein wichtiger Bestandteil der Ritter geworden. Linhart saß an der Stirnseite auf seinen hohen Thron und ließ seinen Krug erneut mit Met füllen. »Wo ist die Rothaarige«, schrie er in die Runde.
Bestlin sprang sofort auf. Anna sagte ihm, dass sie im Gesindehaus lag. Schnell lief er über den Hof und stand kurze Zeit später vor ihrem Lager.
»Wer hat dir erlaubt, dich zu entfernen«, sprach er sie an. Dabei packte er sie am Arm und zog sie auf die Beine. »Der Burgherr verlangt nach dir, also beeil dich«, fügte er hinzu ohne sie los zu lassen. Sie erreichten den Hof und die Kälte griff in ihr Gewand. Der Wind zerrte an ihrem Rock und verfing sich an ihren Beinen. Die Tränen in ihren Augen gaben nur verschwommen den Weg frei. Halb blind stolperte sie hinter Bestlin her. Ihr Zopf hatte sich aufgelöst. Lange Strähnen hingen vor ihrem Gesicht. Ihre verheulten Augen brannten. Sie fühlte sich elendig in ihrer Erscheinung. Aber sie hielt die Hand fest, die sie zog und gleichzeitig führte.
Die Tortur endete jäh, als sie vor Linhart standen. Als dieser sie sah, leckte er sich über seine wulstigen Lippen. Seine Augen blickten glasig vom vielen Weingenuss. Jonata hielt ihren Kopf gesenkt. Sie faltete ihre Hände vor dem Bauch, um sich zu Schützen. Dabei hielt sie den Blick auf ihre Hände gerichtet. Sie hatte Angst, vor dem, was sie in seinen sehen würde.
Linhart beugte sich aus seinem Stuhl und packte sie grob unter ihr Kinn. Dann drückte er ihren Kopf nach oben. »Schau mich an«, befahl er. Zögernd sah sie ihn an. Seine Augen waren gerötet und glänzten vom vielen Weingenuss. Jonata stockte der Atem. »Ah, eine grünäugige schüchterne Katze haben wir hier«, spöttelte Linhart. »Steh nicht da, wie ein Klotz, bereite mir Freude und knie nieder«, sagte er weiter.
Jonata gehorchte und kniete sich zu seinen Füßen hin. Dabei richtete sie ihren Blick dankbar auf seine Füße. In dieser Position verharrte sie. »Schaut euch die Störrische an. Eine Jungfer, die nicht weiß, was sie machen soll. Und dabei ist sie nur Haut und Knochen. Ich werde dir zeigen, was es heißt, einem Mann zu Diensten zu sein«, rief er laut lachend in die Runde. Es folgte ein lautes Gelächter und Witze über die vielen Möglichkeiten, wie sich ein Mann die Frau gefügig macht.
Jonatas Gesicht lief vor Scham rot an. Die obszönen Worte, klangen wie eine andere Sprache in ihren Ohren. Unsicher über die erniedrigende Stellung schlug ihr Herz bis fast zum Zerspringen. Sie hörte ihren Puls, sowie das Knirschen ihrer Zähne.
Voller Genugtuung kippte der Burgherr seinen Becher Met in einem Zug in seinen Rachen. Anschließend schaute er herablassend auf die zarte Frau vor seinen Füßen. Ein hämisches Lachen löste sich in seiner Brust. Er ergötzte sich an ihrer Unwissenheit und demütigen Stellung. Das Gefühl der Macht berauschte ihn. »Noch ein Becher Met«, befahl er Anne. Kaum war sein Krug gefüllt, floss er schon hastig seine Kehle hinunter.
Durch die Gier geleitet, verschluckte er sich an der Flüssigkeit. Er fing an zu Husten und spukte alles in hohem Bogen wieder aus. Dabei bekam Jonata den ganzen Wein samt Mageninhalt in ihr Gesicht. Reflexartig sprang sie auf die Füße. Angewidert wischte sie mit ihrem Ärmel Ihre Wangen ab.
Bestlin zu seiner Rechten reagierte blitzartig und klopfe seinem Herren kräftig auf den Rücken. Aber auch das half nichts. Linhart hustete und spuckte. Die wenige Luft die er zum Atmen in seine Lunge zog reichte nicht aus. Er lief blau an. Nun kamen die anderen Ritter an die Stirnseite des Tisches und stießen jeden der im Weg war zur Seite. Anschließend hoben sie Linhart aus seinem Thron.
Jonata reagierte sofort. Sie lief, so schnell sie konnte aus dem Saal und blieb mitten auf dem Burghof stehen. ›Ich muss hier Weg. Das halte ich nicht länger aus‹, schrie es in ihrem Kopf. Ihre Knie zitterten und sie stolperte über den freien Platz. Ihr war Übel von dem Gestank, den Linhart auf ihrer Kleidung hinterlassen hatte. Am Brunnen zog sie einen Eimer Wasser aus der Tiefe und wischte sich ihre Schürze etwas ab. Dann spritze sie sich von dem kühlen Nass noch etwas ins Gesicht. Sofort spürte sie die belebende Wirkung.
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Die Runenträgerin 1. Platz aroundtheworldaward+ 2. Platz obsidianaward
FantasyIn einer düsteren Zeit, dem Mittelalter, in denen der Alltag aus harter Arbeit, Krieg und Völkerwanderung besteht verliert Jonata bei einem Brand des Dorfes ihre Familie. Es bleibt ihr nur das Amulett ihrer Mutter. Den ständigen Demütigungen durch R...