Kapitel 5: Der Hintergrund

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Am nächsten Tag kam Lukas in der Pause auf mich zu, als ich gerade alleine an meinen Spint stand. Erst stand er einige Minuten lässig an den Nachbarspint gelehnt neben mir. Doch dann brach er sein Schweigen und sagte zu mir: "Ich kann das nicht mehr. Ich...ich muss mit jemandem reden. Das Schweigen tut weh und macht mich kaputt. Ich brauche jemanden, jemanden der...der das alles mit mir durchsteht und dem ich alles sagen kann und möchte. Ich weiß, wir kennen uns praktisch nicht, aber.... Ähm Sophie, möchtest du dieser jemand sein? Nur mit dir würde ich über das reden..." gespannt wartete er auf eine Antwort von mir. Erst war ich überrumpelt, doch dann schoss mir ein Grinsen ins Gesicht und ich nickte wild mit meinem Kopf. Ich feute mich so sehr, dass Lukas jetzt mit mir sprechen wolllte. Das fande ich rührend, und das bewies, das er einen Grund für seine Traurigkeit hatte. Schnell sagte ich: "Ja klar!!! Wie wäre es mit heute nach der Schule? Im Park sind wir alleine, da können wir besser reden. Wie wäre es?" Nun grinste auch ein Lukas mich an. Man sah seine geraden und weißen Zehne , so stark lächelte er. War eigentlich überhaupt irgendetwas an ihm nicht perfekt? Ich glaube nicht! Er war wie ausgewechselt. Das Lächeln stand ihm gut. Der vor wenigen Minuten noch griesgrämige und traurige Lukas war nicht mehr aufzufinden. Er war zu einem (von außen) glücklich aussehenden Lukas mutiert.
Im Unterricht sah er wieder so schweigsam  aus, aber noch lange nicht so wie davor. Der glückliche beziehungsweise momentan glücklicher wirkende Lukas gefiehl mir viel besser. Er sah lieblich aus mit seinen unschudigen Augen und dem braunen Haar. Selbst seine muskulösen Arme waren nicht angespannt oder veschränkt. Sie lagen lässig auf dem Tisch. Ich bebachtete ihn eine Weile und dabei sah auch Lukas gelegentlich zu 
mir herüber und lächelte mich an. Ich schaute ihn noch ein bisschen zu, wie er dem Unterricht folgte, bis ich mich auch wieder dem Unterricht widmete.
So verging der Unterricht und nach dem Unterricht lief ich zu meinem Wagen, an dem Lukas auch schon wartete. Ich hatte ihm am morgen die Farbe, die Marke und die größe meines Wagens beschrieben, so dass er ihn schneller finden konnte. Ich hatte länger gebraucht als Lukas, da ich meine Bücher noch in meinen Spint geschlossen hatte. Jetzt  begrüßte Lukas mich : "Ah hallo Sophie. Da bist du ja. Na dann los gehts!"
Während der Fahrt hatten wir kaum geredet. Im Park setzten wir uns auf eine abgelegene Parkbank unter einen Kastanienbaum, durch dessen Zweige noch die Sonne schien. Schweigend saßen wir da und beobachteten in der Ferne die Hunde, die miteinander spielten. Dann brach Lukas das Schweigen: "Ähm also. Du  hast dich bestimmt schon gefragt, wieso ich meist so still bin und grimmig schaue oder traurig bin. Naja in meinem Leben lief nicht immer alles nach Plan. Ich hatte mit vielen Velusten zu kämpfen. Als ich sieben war starb meine Mutter an Krebs. Sie lang monatelang im Krankenhaus und musste behandelt werden. Das war schwer für mich sie so zu sehen und ich war doch noch so klein...  Als sie dann im Krankenhaus verstarb habe ich wochenlang kaum gegessen und ich komme bis heute nur schwer über diesen Verlust hinweg. Ich stelle mir immer vor was sie jetzt gerade wohl macht. Und dann falle ich immer wieder in diese schwarzen Löcher aus denen ich fast nicht herauskomme. Ich hatte nie jemanden, der für mich da war. Das hat es so viel schwerer gemacht damit klarzukommen. In solchen schlechten Phasen bin ich immer schlecht gelaunt und man kann mit mir eigentlich nichts anfangen. Seit einigen jahren treten diese Phasen nur noch seltener auf, aber trotzdem vermisse ich sie. Mein Vater kam auch nur schwer über diese Verlust hinweg. Er hat angefangen zu trinken und ist auf die schiefe Bahn geraten. Er wurde spielsüchtig und gab sein ganzes Geld für Poker aus. Wir waren verschuldet und brauchten dringend Geld. Wir hatten nur noch das Erbe von Mum. Sie hatte viel Geld aber in ihrem Testament stand, dass ihr ganzes Geld auf mich über geht, wenn ich 18 bin. Sie hat mich so geliebt. Naja wie dem auch sei, jedenfalls haben wir dringend Geld gebraucht und Dad ist auf die schiefe Bahn geraten. Er begann illegale Autorennen zu fahren.  Ich muss zugeben er hat damit viel Geld verdient, konnte aber nicht alle seine Schulden abbezahlen. Er war sehr erfolgreich, aber auch das Einzige das mir noch geblieben war. Doch dann ist es passiert: Er fuhr wieder ein illegales Rennen, aber er wurde zu schnell, kam ins Rutschen und raste gegen einen Baum.  Noch an der Einsatzstelle war er tot. Das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen hatte. Blutüberströmt ,mit Wunden und Beulen und ...tot..." Jetzt liefen ihm die Tränen über die Wange herunter und ich legte meinen Arm um ihn. Er erzählte weiter:
"Ich hatte mich am Mogen dieses Tages noch mit ihm gestritten, da ich mein Zimmer nicht aufgeräumt hatte. Wegen so etwas banalem...Ich wünschte ich hätte ihm sagen können, das ich ihn über alles liebe und ich wünschte das wäre alles nicht passiert. Mittlerweile ist das etwa 2 Jahre her.  An dem Auto wurde festgestellt, dass die Bremsen sabotiert worden waren, aber man hat den Schuldigen bis heute nicht gefunden. Ich würde so gerne wissen , wer das mir und vorallem Dad angetan hat. Sie sollen bestraft werden!" Bei den letzten Worten klang seine Stimme so hasserfüllt, aber ich konnte ihn gut verstehen. Ich liebte meine Eltern auch sehr und ich wüsste nicht, was ich ohne sie machen würde. Er vergrub sein Gesicht in seinen Handen und fing an zu schluchzen. Er zitterte und ich grub mein Gesicht an seine Schulter. Diese kleine Geste schien ihn schon zu beruhigen. "Das muss echt schlimm für dich gewesen sein! Dürfte ich fragen, wo du dann gewohnt hast?" "Klar darfs du. Also bis ich 18 Jahre alt war  habe ich im Kinderheim gewohnt. Das war grässlich dort. Niemand wollte etwas mit mir zu tun haben und wir mussten auch viel im Haushalt helfen. Seither bin ich etwas schwierig im Kontakt mit Menschen, aber es wird schon besser. Nun und jetzt bin ich in eine Wohnung eingezogen. Geerbt habe ich von Mum und Dad genug. Naja mehr von Mum. Dad war ja veschuldet, aber es ist nach dem abbezahlen der Schulden noch genug von meinem Geld übrig, dass ich bis zu meinem ersten richtigen Job genug habe. Ich gehe nebenbei Zeitungaustragen , aber das ist mehr nebenbei.  Wie dem auch sei. Vielen Dank, dass du mir zugehört hast. Das hat noch niemand gemacht", sagte er. "Das ist doch selbstverständlich", antwortete ich." Nein eben nicht, Sophie. Bisher hat niemand gemerkt, dass es mir schlecht ging. Jeder hat es einfach auf sich beruhen lassen und nur du..nur du nicht, Sophie! Du bist besonderst. Die Art, wie du dich bewegst, deine Haare sich im Winde bewegen. Sogar deine Gesten . Alles an dir ist besonderst! " Das berührte mich. Meine Augen begannen zu leuchten und ich schmiegte mich weiter an Lukas heran. Dann legte er seine Hände schützend über mich und ich fühlte mich geborgener denn je. Ich spürte seine Wärme und seinen Atem in meinem Nacken. Das kitzelte, aber hatte auch etwas beruhigendes. Ich bemerkte wie auch Lukas immer ruhiger wurde.

Die Einzigartige FreundschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt