Minuten verstrichen. Nichts passierte, niemand kam. Ich rüttelte wie wild an der Tür des Wagens, sie war verschlossen. Konnten die sich nicht mal ein bisschen beeilen. Ich fluchte vor mich hin. Dann hörte ich Sirenen, ja endlich. Es würde Rettung kommen, der Mann würde überleben…versuchte ich mich zu beruhigen. Mittlerweile war Lukas wohl aus seiner Starre erwacht, denn plötzlich stand er neben mir und griff nach meiner Hand. Wir verschränkten unsere Finger ineinander und liefen zu dem Krankenwagen. “Wir haben die Polizei bereits verständigt. Wo ist der Verletzte?“ Ich zeigte mit meinem Finger stumm auf das Fahrzeug. Kein Hallo. Keine Höflichkeit. Einfach nur die Arbeit machen. Das fand ich gut. Das letzte Mal, als ich mit einem Krankenwagen zu tun gehabt habe, war meine Mutter die Treppen heruntergefallen. Es war letzten Winter und der Boden eisig. Jedenfalls sprachen die Notärzte sehr lange mit mir anstatt mit Mama ins Krankenhaus zu fahren. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass sie innere Blutungen hatte. Wäre sie nur eine halbe Stunde später eingeliefert worden, hätte ihr Gehirn Schäden davongetragen. Mittlerweile war die Polizei auch eingetroffen. Kopfschüttelnd betrachteten sie den Wagen und gingen zu den Notärzten, um mit ihnen über die Lage zu sprechen. Lukas und ich standen etwas abseits und betrachteten immer noch geschockt das Vorgehen der Einsatzkräfte. Alles wirkte so unreal, so als ob ich gerade träumen würde. Doch ich wachte nicht auf. Das hier das war real. Niemand außer Lukas konnte sich wahrscheinlich vorstellen, wie gerne ich das hier geträumt hätte anstatt es zu erleben. So sehr wünschte ich mir, dass das alles nicht passiert wäre. Allerdings war das alles zu seltsam, um von meinem Unterbewusstsein erfunden worden zu sein. Zusätzlich fühlte sich alles so real an. Ich spürte den Wind und Regen auf meiner Haut. Ich konnte Lukas seine Nähe spüren. Nein! Ich war hell wach. Mittlerweile war der Mann aus dem Auto geborgen worden. Auf einer Trage wurde er Richtung Krankenwagen befördert. Von weitem sah der Mann noch sehr jung aus, vielleicht zwischen 20 oder 30, aber definitiv nicht älter. Er hatte vermutlich eine Platzwunde, denn sein Kopf war voller Blut. Ich sah, dass seine Augen geschlossen waren, aber auch wie einer der Polizisten auf uns zeigte und dann mit großen Schritten auf uns zukam. „Guten Tag. Dürfte ich bitte ihre Namen erfahren und ihr Alter?“, fragte ein kleiner grauhaariger Polizist. Er war sehr klein, aber trotzdem sah er noch nicht all zu alt aus. Naja abgesehen von seinen grauen Haaren vielleicht…“Ich bin Sophie Ebbens und bin 18 Jahre alt“, antwortete ich leise. Ich merkte, dass mein und Lukas seine Hand immer noch verschränkt waren, aber das war angenehm. Ohne diese kleine Berührung würde ich keinen Ton herausbekommen. Als Lukas nicht antwortete sprach ich für ihn: „Das ist Lukas und er ist 19.“ Ich kannte seinen Nachnamen nicht und ich sah Lukas vielsagend an. „Lukas…“, sagte ich mit beruhigender Stimme. Ich musste mich sehr auf seine Berührung fixieren, um beruhigend zu klingen, denn eigentlich hätte ich schreien können. Ich ergänzte: „Alles wird gut. Es wird gut gehen! „Sanft drückte ich seine Hand und streichelte über seinen Handrücken. Leise fügte ich hinzu: „Das verspreche ich dir…!“ Langsam öffnete Lukas seinen Mund und er sah mir in die Augen. „Ich…ich bin...Lukas. Lukas Simons.“ Stotterte er. „Gut Herr Simons und Frau Ebbens. Ich möchte sie bitten mit uns auf das Revier zu kommen, da sie ja Zeugen des Unfalles geworden sind. Sind sie mit dem Auto da?“, fragte der Polizist. Nachdem ich dies verneint hatte und gerade Richtung Streifenwagen laufen wollten, kam ein Sanitäter und sprach: „Entschuldigen sie die Störung, Herr Carter, aber wir würden mit dem Verletzten gerne ins Krankenhaus fahren. Vermutlich hat er eine Gehirnerschütterung und eine Platzwunde, aber sonst fehlt ihm nichts.“ Als Lukas das hörte, stieß er erleichtert die Luft durch die Nase aus und atmete dann wieder ganz tief ein. Er war ganz blass im Gesicht, das sah man trotz der Dunkelheit. Im Schein der Laterne glitzerten seine Augen, er schien den Tränen nahe. „Danke sehr. Ich werde mit den Zeugen auf die Wache fahren. Bitte informieren sie uns umgehend, falls er entlassen werden kann. Ich komme für alles Weitere auf sie zu.“, antwortete Herr Carter, der Polizist. Langsam folgten wir ihm zum Streifenwagen, indem sein Kollege bereits auf dem Beifahrersitz platzgenommen hatte. Herr Carter öffnete uns die Autotüren und wir setzten uns auf die Rückbank und Herr Carter gab uns eine Decke. Ich kuschelte mich in die Decke ein und der Polizist startete den Wagen. Es war kalt geworden, aber das Nieseln hatte aufgehört. Doch dann viel mir etwas ein. Mist meine Eltern würden sich bestimmt Sorgen machen. Also rief ich sieh an. Wie bereits erwartet nahm meine Mutter mit sorgenvoller Stimme den Hörer ab und wollte erst einmal anfangen zu schimpfen, doch als ich ihr erzählte, wieso ich jetzt erst anrief klang sie ängstlich: „Och Mäuschen. Ich… ich… Es tut mir leid. Natürlich komme ich so schnell ich kann zur Wache, aber jetzt habe ich noch einen wichtigen Termin. Ich muss auflegen. Pass auf dich auf Schätzchen!“. Dann hatte sie schon aufgelegt. Im Wagen war es still. Die einzigen Geräusche kamen vom Funkgerät, durch das gelegentlich Anweisungen kam. Während der Fahrt sagte niemand etwas. Lukas wirkte immer noch etwas versteinert. Es musste bestimmt schlimm für ihn sein, wenn man seinen Vater auf genau diese Weise verloren hat. Beruhigend nahm ich seine Hand und strich sanft über seinen Handrücken. Er drehte seinen Kopf zu mir und lächelte mir zu. Doch seine Anspannung war noch nicht verflogen, das spürte ich. Jetzt bogen wir in die Einfahrt zur Zentrale ein.
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Die Einzigartige Freundschaft
RomanceEin neuer Schüler, doch was ist mit ihm? Sophie ist gefangen in ihrem Alltag als ein neuer Schüler an ihre Schule kommt. Er weckt sofort ihr Interesse, doch irgendetwas schien ihn zu bedrücken. Können die beiden zueinander finden? Genaueres erfahrt...