KAPITEL VIII: Sehen und fühlen

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Den ganzen Tag über tigerte ich durch Théodens Palast und machte damit vielleicht die ein oder andere Wache ein bisschen kirre...

Ich musste einfach unbedingt mit Legolas reden und das alles klar stellen. Aber was wollte ich überhaupt klar stellen? Tut mir leid, ich liebe dich doch? Das würde total bescheuert kommen! Und was tat ich, als er dann endlich wieder durch die Tür kam? Genau: Ich starrte ihn einige Sekunden an und dann rannte ich weg. Zu Lisanne. ,,Was mach ich hier eigentlich?", fragte ich die junge Stute, ,,Ich meine, ich weiß doch eigentlich, was ich für Legolas empfinde. Wieso hab ich dann gesagt, dass ich es nicht weiß? Scheiße, ich glaub ich bin wirklich in ihn verknallt. Was soll ich denn jetzt machen? Ich weiß, ich sollte ihm die Wahrheit sagen, aber ich bin ein Schisser! Ich trau mich nicht! Wieso ist das so kompliziert?" Ich lehnte meinen Kopf gegen ihren warmen Körper und ließ den Tränen freien Lauf. Mittelerde machte irgendwas mit mir. Es veränderte mich. Ich heulte nie! Und ich war in Mittelerde noch kein einziges mal vom Pferd gefallen. Normalerweise passierte mir das ständig, weil ich des öfteren einfach nur verträumt durch die Gegend ritt. Ja. Dämlich. Ich war schon bei jedem Spin von Artax geflogen. Das Westernreiten machte ich noch nicht so lange und ich konnte es dem zu Folge nicht besonders gut...

,,Sansa, kommst du nicht zur Feier?", hörte ich plötzlich Legolas hinter mir sagen. ,,Halleluja!", stieß ich erschrocken aus und drehte mich langsam um, ,,Ich wäre gerade fast an einem Herzinfarkt gestorben! Und natürlich gehe ich zur Feier, ich brauche Alkohol!" Das stimmte sogar. Ich brauchte wirklich Alkohol! Und zwar dringend!!!

In der großen Halle wurde gerade angestoßen. Ich schnappte mir schnell einen Krug mit Bier und hielt ihn wie alle anderen auch in die Höhe. ,,Auf Ex", sagte ich zu mir selbst und kippte diesen ersten Krug auf Ex. Gott, tat das gut! Aber es hatte noch nicht ganz die gewünschte Wirkung, deshalb suchte ich nach Gimli. ,,Hey Zwerg, willst du mal versuchen, mich unter den Tisch zu saufen?", fragte ich ihn, als ich ihn dann an einem der Tische gefunden hatte. ,,Du wirst verlieren Mensch!", gab Gimli darauf zurück, ,,Legolas, willst du noch einsteigen?" ,,Kein Absetzen und kein Verschütten", erklärte ich die Regeln. ,,Und zwischendrin kein Gespeihe", fügte Gimli hinzu. ,,Es ist also ein Trinkspiel", meinte Legolas. ,,Wer als letzter steht, hat gewonnen. Möge der beste Mensch gewinnen!", sagte ich noch und hob den ersten Krug. Auf Ex!

Einige Minuten später...

Ich war schon bei Krug keine Ahnung wie viel. Ich hatte aufgehört, zu denken und zu zählen. ,,Es ist des Zwergen Eigenart", lallte Gimli, ,,Das er die Frauen mag behaart!" Daraufhin furzte er und griff sich den nächsten Krug. Mir wurde so langsam schummerig, während Legolas sich einfach einen Krug nach dem anderen schnappte und es runter kippte, als wäre es einfach nur Apfelsaft. ,,Ich spüre etwas", meinte Legolas dann, während ich den nächsten Krug leerte, ,,Ein leichtes Kribbeln in meinen Fingern. Ich glaube es zeigt Wirkung bei mir." ,,Und ich glaube, ich bin besoffen!", lallte ich nur, ,,Ich bin schon ganz wuschisch." Aber ich griff tapfer zum nächsten Krug, während Gimli mit seinem Stuhl umkippte. Danach sah ich so langsam nicht mehr richtig. Oben war plötzlich unten, rechts war links, alles war von Regenbögen umrandet und alles war so verschwommen, dass ich nichts mehr erkennen konnte. ,,Ich!", gab ich mit Mühe und Not von mir, ,,Gebe auf." ,,Spiel vorbei", meinte Legolas nur zu Frieden, während ich schwankend und mich vorwärtstastend nach draußen bewegte. Die frische Luft tat ganz gut. Aber schwindelig war mir immer noch, weshalb ich mich auf dem Boden nieder ließ. ,,Vielleicht solltest du von der Kante weg gehen", hörte ich Legolas' Stimme hinter mir. ,,Ach iwo", winkte ich nur ab, ,,Ich hab eine prima Balance. Und ich bin stockbesoffen." Er lachte leise und ging neben mir in die Hocke. ,,Vielleicht sollte ich dich lieber in dein Bett begleiten." ,,Nö. Nur weil du ein perfekter und heißer Elbenprinz bist, heißt das no lange nich, dass du mich Kommandost! Hab ich das laut gesagt?" ,,Es muss dir nicht unangenehm sein. Ich kann es auch wieder vergessen, wenn es dir lieber ist." ,,Wieso ist das Leben so kompliziert?", beschwerte ich mich und lehnte mich an ihn. ,,Geht es ihr gut?", hörte ich Aragorn fragen. ,,Nur zu viel gesoffen", gab ich zurück und ließ mich einfach in Legolas' Arme fallen. Wie gesagt. Bei zu viel Alkohol hörte ich auf, zu denken. Immerhin war es mir so auch nicht mehr peinlich. Aber die Dunkelheit, die mir schon wieder diese Kopfschmerzen bereitete, zerstörte diesen eigentlich schönen Moment. ,,Sauron", sagte ich nur und schon rannte Aragorn vor nach drinnen. Legolas hob mich erst hoch und rannte mit mir auf dem Arm nach drinnen. ,,Du kannst mich runter lassen!", lallte ich empört, doch als er mich dann abgesetzt hatte und Aragorn zur Hilfe eilte, der mit dem sehenden Stein kämpfte, schwankte ich ein bisschen hin und her, während Gandalf endlich den Stein einfing und wieder in das Tuch wickelte. ,,Ich muss ins Bett", gab ich nur von mir und schwankte in Éowyns Zimmer. Sie hatte mir ein zweites Bett hinein bringen lassen, auf welches ich mich nun fallen ließ. Éowyn schlief zum Glück weiter, während ich in meinem Karussell einschlief. 

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich tierische Kopfschmerzen, dass Licht war einfach nur viel zu hell und meine Gefühle fuhren wie mein Magen wieder Achterbahn. Super. Anfangs war die Wirkung von Alkohol wundervoll, doch am nächsten Morgen kommt alles zurück, was man eigentlich verdrängen wollte. Éowyn kam gerade wieder ins Zimmer und reichte mir einen Becher mit den Worten: ,,Da hat sich wohl jemand etwas übernommen." ,,Immerhin hab ich einen Zwerg unter den Tisch gesoffen", gab ich darauf zurück, ,,Danke." Das kalte Wasser war wirklich eine Wohltat. ,,Sind Pippin und Gandalf schon weg?", fragte ich dann. ,,Ja, aber Legolas läuft schon den ganzen Morgen in der Halle hin und her und macht sich Gedanken", antwortete Éowyn. ,,Ich sollte das jetzt endlich mal klären", sagte ich dann und kroch aus meinem warmen Bett, ,,Ich glaub, ich werde ab sofort die Finger von Alkohol lassen." Éowyn lachte und hielt mir noch die Tür auf, dann schlug ich auch schon den Weg zur großen Halle ein und fuhr mir nochmal schnell durch die Haare. Ich wollte ja nicht aussehen, wie der letzte Struppel. 

In der Halle angekommen atmete ich noch einmal tief durch und tippte dann den an mir vorbei tigernden Legolas an. ,,Ich glaube, wir müssen reden." ,,Schön zu sehen, dass es dir gut geht", sagte er sanft und hob die Hand, als wolle er mir übers Haar streichen, ließ sie dann aber wieder sinken. Ich ergriff einfach seine Hand und zog ihn mit mir in einen leeren Gang. Unterwegs wurde mir klar, ich könnte das nicht aussprechen, was ich sagen wollte, also musste ich es anders machen. Ohne weiter nachzudenken drehte ich mich zu ihm um, zog ihn an mich und küsste ihn. Halleluja, hatte er weiche Lippen! In jeder Hinsicht perfekt. Der perfekte erste Kuss. Alles in mir kribbelte und mein Hirn verflüssigte sich und sprühte Funken. Ich hatte mich in Legolas verliebt. Einen Elb aus einer eigentlichen Fantasiegeschichte. Es war verrückt! Aber auch wunderschön. Ein wunderschönes Abenteuer. 

The Lord of the Rings  Der eine RingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt