Wir waren nicht direkt in die Kiste gehüpft, ich war nur mit glücklichem Schwindel zurück in mein Zimmer gestolpert und hatte glückselig gequiekt und die überraschte Éowyn umarmt. ,,Ich nehme an, dein Vorhaben ist geglückt", meinte sie, als ich sie wieder los gelassen hatte. ,,Das hätte ich schon viel früher machen sollen!", quasselte ich drauf los, ,,Es hat sich angefühlt, als würden tausend Ameisen über mich krabbeln und als hätte sich mein Hirn verflüssigt und Funken gesprüht! Das war so wow." ,,Du scheinst ja wirklich heftig verliebt zu sein", meinte Éowyn lachend. ,,Ich bin einfach nur froh, dass er es jetzt endlich weiß." ,,Weißt du, du solltest mal versuchen, dein Haar geflochten zu tragen." ,,Ich weiß nicht, dass ist irgendwie nicht so mein Ding." ,,Setz dich und lass mich einfach machen." Also setzte ich mich mit wackelnden Füßen auf die Bettkante und ließ Éowyn tatsächlich an meine Haare. Als sie fertig war, hielt sie mir einen Handspiegel hin und ich war überrascht, wie gut das aussah. ,,Sieht gar nicht mal so schlecht aus", sagte ich fröhlich, während ich im Spiegel einen schwachen Feuerschein wahrnahm. ,,Die Leuchtfeuer von Gondor", stieß ich aus. Auch Éowyn sah nach draußen und im nächsten Moment liefen wir schon los.
Unten in der großen Halle angekommen riefen Aragorn und ich gleichzeitig aus: ,,Die Leuchtfeuer brennen! Gondor ruft um Hilfe." Éowyn sah eindringlich ihren Onkel an, dann sagte Théoden: ,,Und Rohan wird antworten." ,,Ich brauche mein geliebtes Flanellhemd!", rief ich darauf hektisch aus und rannte zurück ins Zimmer, wo ich vom Bettpfosten mein Flanell- und auch Kettenhemd nahm. ,,Wo sind meine Waffen?", fragte ich in die vermeintliche Stille hinein. ,,Die hast du doch im Stroh von Lisannes Stall versteckt", antwortete Éowyn hinter mir, ging dann zu ihrer Truhe und zog ein Schwert heraus. ,,Auf in den Kampf", sagte ich zu ihr, während ich die Hemden wechselte. ,,Auf in den Kampf", stimmte sie mir zu.
Als ich dann mit Lisanne und meinen Waffen draußen unter den Soldaten neben Legolas stand, fühlte ich mich als Teil von Rohans Heer. Es war trotz des Krieges berauschend. ,,Einer für alle", sagte Legolas zu mir und schwang sich in den Sattel seines Pferdes, nachdem er Gimli hoch geholfen hatte. ,,Und alle für einen", fügte ich hinzu und schwang mich mit einem lächeln ebenfalls in den Sattel, ,,Das ist trotz Krieg so cool!" Daraufhin schmunzelte Legolas und Gimli verzog grummelig das Gesicht. Das brachte mich zum schmunzeln. Und schon im nächsten Moment ging es los zur Heerschau vor dem großen Kampf.
Legolas ritt den ganzen Weg über neben mir her und wir plauderten. Ich erzählte ihm zum Beispiel von Autos, Zügen und Flugzeugen. Nicht zu vergessen: Die wertvollste Erfindung der Menschheit, das Internet. Mit allen nötigen sozialen Netzwerken. ,,Was soll einem dieses YouTube denn bringen?", fragte Gimli grummelnd. ,,Einen besonderen Nutzen hat es eigentlich nicht", erklärte ich, ,,Es ist einfach eine Videoplattform. Ich glaube, es gibt kein Thema zu dem es kein YouTube-Video gibt." ,,Das verstehe ich nicht", meinte Legolas dazu. ,,Ich auch nicht", sagte ich dazu nur achselzuckend. ,,Als ihr euch nur diese Blicke zugeworfen habt, war es schon seltsam!", beschwerte sich Gimli plötzlich, ,,Aber jetzt ist es noch seltsamer!" Das brachte mich zum lachen.
Als wir im Lager ankamen, war ich erst schwer beeindruckt, bis ich mir das Ausmaß der Orkarmee vor Augen führte. Dagegen waren wir ein Haufen Ameisen. Ein kleiner Haufen Ameisen. Nicht sehr hilfreich. Aber Aragorn würde ja noch die Geister zu Hilfe holen. Am Abend traute ich mich nicht, einzuschlafen. Die dunklen Träume waren zwar zwei Nächte nicht mehr da gewesen, aber umso größer war die Angst, dass sie wiederkehren würden. Um mich etwas abzulenken lag ich im Bett und sag vor mich hin. I have a dream aus dem Film Mamma Mia. ,,Das ist ein sehr schönes Lied", hörte ich plötzlich Legolas' Stimme am Zelteingang und fiel vor Schreck beinahe aus dem Bett. ,,Und wieder bin ich wegen dir fast an einem Herzinfarkt gestorben", beschwerte ich mich gespielt empört. Er lachte nur leise und setzte sich dann zu mir auf den Boden. Ich schlief gerne auf dem Boden. Besonders wenn es sich dabei um eine Wiese handelte. ,,Kannst du nicht schlafen?", fragte er dann und strich mir liebevoll übers Haar. ,,Ich hab Angst, zu schlafen", gab ich dann zu, ,,Zwei Nächte lang sind die Zerstörungsträume schon ausgeblieben, aber ich hab Angst, dass sie jetzt wieder kommen." ,,Davor musst du dich nicht fürchten", sagte er ganz sanft und küsste mich auf den Scheitel, ,,Ich bin bei dir und ich werde erst gehen, wenn du mich weg schickst." Ich setzte mich auf und flüsterte ein Danke, bevor ich ihn an mich zog und vorsichtig auf diese perfekten Lippen küsste. Wieder verflüssigte sich mein Gehirn und alles in mir kribbelte wie verrückt. Nach einer Weile löste ich mich dann jedoch von ihm und meinte so beiläufig wie möglich: ,,Übrigens will sich Aragorn die Armee der Toten zur Hilfe holen." ,,Dann sollten wir ihn begleiten", meinte Legolas dazu und zog mich hoch. So schnell wie möglich zog ich mir mein Kettenhemd über und hängte mir meine Waffen um. Hand in Hand mit Legolas verließ ich dann mein Zelt und wir holten unsere Pferde, während ich aus dem Augenwinkel schon sah, wie Aragorn auch sein Pferd fertig machte. Die Sonne stand schon sehr tief. Die große Schlacht von Gondor rückte immer näher. ,,Du reitest auf keinen Fall ohne uns in die Berge", sagte ich zu Aragorn, als wir bei ihm ankamen und schwang mich so elegant wie möglich in den Sattel. Ich hatte das Gefühl, immer besser zu werden. ,,Ihr verlasst uns?", fragte Éowyn mich verwirrt, als wir gerade auf den Gebirgspfad ritten. ,,Wieso sind hier alle solche Pessimisten?", fragte ich und blieb kurz stehen, ,,Wir verlassen euch nicht, wir holen Verstärkung. Wartet gefälligst auf mich Jungs!" Die waren nämlich schon ein gutes Stück vor geritten. Also ließ ich Lisanne antraben und holte schnell wieder auf. ,,Ich mag die Toten nicht", nuschelte ich vor mich hin, ,,Die sind gruselig." ,,Was für ein Heer sollte sich eigentlich hier aufhalten?", fragte Gimli und betrachtete missmutig die dunklen Berge um uns herum. ,,Eines, das verflucht ist", antwortete Legolas, ,,Vor langer Zeit schworen die Menschen des Gebirges dem letzten König von Gondor einen Eid, ihm beizustehen im Falle des Kampfes. Doch als die Zeit kam und Gondor in höchster Not war, flohen sie und verbargen sich an dunklen Orten im Gebirge. So verfluchte Isildur sie, niemals Ruhe zu finden, bis ihr Eid erfüllt sei."
Nach einer Weile kamen wir an dem Tor an. ,,Einfach gruselig hier", murmelte ich. ,,Ich gebe dir recht", brummelte Gimli, ,,Sogar die Wärme meines Blutes scheint sich davon gestohlen zu haben." ,,Der Weg ist versperrt", las ich dann die Überschrift des Tors vor, ,,Er wurde von jenen angelegt, die tot sind und die Toten halten ihn. Der Weg ist versperrt. Man, gruselig!" Ein kalter Wind zog auf und die Pferde ergriffen die Flucht. Zum Glück waren wir vorher schon abgestiegen. Trotz der Gänsehaut ging ich voraus in die Dunkelheit der Höhle der Toten. Nicht gerade schöner wohnen da drin. Ich hätte denen zu gerne mal einen Innenausstatter vorbei geschickt...
Wir alle hatten das Reich der Toten betreten und standen nun auf dem "Dorfplatz". ,,Wer betritt mein Reich?", fragte der König der Toten, der plötzlich vor uns erschien. Vor Schreck wich ich einen Schritt zurück. ,,Einer, der eure Lehenstreue fordert", antwortete Aragorn. ,,Die Toten dulden es nicht, dass die Lebenden hier gehen." ,,Doch mich werdet ihr dulden." ,,Der Weg ist versperrt fuhr der König der Toten fort, während wir nach und nach von den Geistern umzingelt wurden, ,,Er wurde von jenen angelegt, die tot sind und die Toten halten ihn. Der Weg ist versperrt. Nun müsst ihr sterben." ,,Ich fordere euch auf, euren Eid zu erfüllen!", verkündete Aragorn. ,,Nur der König von Gondor vermag mir Befehle zu erteilen", sagte darauf der König der Toten, zog sein Schwert und griff Aragorn an, der den Schlag abwehrte. ,,Diese Klinge ward zerbrochen." ,,Und nun wieder neu geschmiedet", fuhr ich dazwischen, ,,Kommt schon, Minas Tirith braucht wirklich unsere Hilfe, also überspringt einfach diesen Treueteil und kommt mit uns. Ihr habt Isildur einst Treue geschworen und ihn verraten, sein Erbe gibt euch hier die Chance, dass wieder gut zu machen, also hört auf, so dämlich zu sein und euch nur hier zu verstecken!" ,,Dieser mutige Mensch hat recht", meinte der dann zu meiner Überraschung und auch die Jungs sahen mich erstaunt an, ,,Wir verstecken uns schon viel zu lange. Es wird Zeit, dass wir hinaus aufs Schlachtfeld treten." Und so zogen wir mit der Armee der Toten von Dannen.
Unterwegs eroberten wir noch schnell die Korsarenschiffe, da unsere Pferde ja geflüchtet waren. Am Schlachtfeld angekommen sprangen wir vier Lebendigen einfach von diesem Schiff (ich war froh, dass ich mir dabei keinen Knochen brach oder vor den Orks auf die Fresse flog) und stürmten mit den Toten in das Getümmel der Schlacht. Ein Ork nach dem anderen fiel durch meine tödlichen Pfeile. Ich war so sehr mit töten beschäftigt, dass ich leider verpasste, wie Legolas den Elefanten umlegte. Ich war schon bei 25, als der Elefant zu Boden ging und das nur knapp neben mir. ,,Zählt trotzdem nur als einer!", grummelte Gimli und das Töten ging weiter. Dank der Toten war die Schlacht recht schnell für uns entschieden. Und ich schaffte es, ohne eine einzige Verletzung davon zu kommen. Aber das Ende dieser Schlacht bedeutete auch, dass das Abenteuer bald zu Ende war. Dann würde ich wieder in die andere Welt gehen. Mittlerweile betrachtete ich diese andere Welt nicht mehr als mein zu Hause. Mittelerde war mein zu Hause. Legolas war mein zu Hause.
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The Lord of the Rings Der eine Ring
FanficSansa lebt ein normales Leben. Doch jedem Leben wohnt ein Schicksal inne. Und ihres scheint es zu sein, den Ringträger zu beschützen...