Der Unfall

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"Ich liebe dich."

Mit ihren Lippen formte sie diesen einen letzten Satz. Das ist das einzige, an das ich mich noch erinnern kann.

Es ist kühl. Ich höre dem Rauschen der Ventilatoren zu und genieße die leichte Briese. Pizza oder doch lieber gefrorenes Gemüse? Ach, was sollts, ich hätte die Diät sowieso nicht durchgehalten.

Im Supermarkt ist es viel angenehmer ,als draussen in der Sonne zu stehen. In Toronto war es nie so heiß, wie hier in Virginia.

Toronto. Ich weiß nicht, wieso ich dort aufgewachsen bin. Weder ich, noch meine Adoptiveltern waren Kanadier. Sie kamen ursprünglich aus den Staaten, sind aber, nachdem sie mich bekommen haben, weggezogen. Wieso weiß ich auch nicht.

Naja, dann eben Pizza. Mit dem Herd kann ich eh nicht so gut umgehen. Was will man auch von einer 18-Jährigen erwarten. Ich gehe zur Kasse und bezahle die Lebensmitteln.

Die Straßen sehen verlassen aus und das Gefühl, dass mich seit Monaten frösteln lässt, sagt mir, ich solle mich lieber auf den Weg machen. Um diese Uhrzeit ist zwar nie viel los, aber man kann nicht vorsichtig genug sein oder...

Ich nehme den Weg über den Friedhof, damit ich noch etwas länger die frische Luft genießen kann. Ich fühle die Wärme der Sonne auf meiner Haut und lass mich von dem kühlen Wind, über die Grabsteine tragen. Vielen Leuten macht das Angst. Alleine. Abends. Auf einem Friedhof. Aber mir nicht. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich selber schon oft mit dem Tod zu tun hatte. Mein Herz hat nicht geschlagen, als ich auf die Welt gekommen bin. Wahrscheinlich gab es Komplikationen oder ich habe nicht genug Sauerstoff im Mutterleib bekommen, keine Ahnung. Die Ärzte meinten, ich hätte Glück gehabt, denn sie haben mich noch rechtzeitig mit medikamentischen Lösungen und Wiederbelebungsgeräten gerettet. Naja, meine Eltern dagegen hatten nicht so viel Glück. Sie sind bei einem Autounfall gestorben. Wir waren auf einer Brücke und auf dem Heimweg. Meine ehemalige Beste Freundin Rachel hat eine Party geschmissen und meine Eltern wollten eben sicher gehen und haben mich abgeholt.

Jemand ist uns in die Quere gekommen und unser Auto wurde über die Sicherung, ins Wasser geschleudert. Das Wasser war kalt. Eiskalt. Und der Schmerz. Mein Vater. Bewegungslos. Und meine Mutter? "Ich liebe dich"- das einzige, an das ich mich erinnern kann sind Bruchstücke. Ich bin in einem Krankenhaus aufgewacht mit Infusionen und einem Blutbeutel, der durch einen dünnen Schlauch und einer Vene, mit meinem Arm verbunden war.

Die Ärzte meinten sie hätten nichts mehr für meine Eltern tun können. Mich dagegen, konnten sie wieder zurück holen. Meine zweite Begegnung mit dem Tod.

Wie dem auch sei, danach gabs ganz schön viel Papierkram zu erledigen.

Der Unfall ist vor ein paar Monaten passiert. Um genau zu sein Ende Januar. Nun ist es Anfang August und da ich schon volljährig war, wurde ich auf mich alleine gestellt.

Was mir anfangs sehr schwer viel. Ich hatte keine Verwanten und nachdem ich die Privatschule letzten Sommer abgeschlossen hatte, auch keine Freunde.

Nur Rachel. Oh gott wie ich sie vermisse.

Ich ziehe meine Tanktop zurecht und schaue auf mein Armband mit dem Rosen Anhänger. Hinten auf dem Anhänger, wurde ein R und ein I eingraviert, für Rachel und Irina. Irina. Das bin ich. Und Rachel meine Freundin, von der ich seit dem Unfall nie mehr etwas gehört habe.

The Vampire Diaries - "Schwester eines Doppelgängers"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt