Kapitel 10

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Langsam öffnete ich meine Augen und sah mich kurz in der Höhle um, ehe ich einmal gähnte und aufstand. "Guten Morgen!" rief ich und tappte aus der Höhle, doch ich erhielt keine Antwort. Verwirrt sah ich mich um. Wo waren meine Eltern denn nun schon wieder!? Kopfschüttelnd trabte ich zu dem kleinen Steintisch und fraß ein paar der Sinelbeeren, welche mir meine Eltern auf dem Tisch zurückgelassen hatten. Je öfter sie ohne ein Wort verschwanden, desto mehr wollte ich unbedingt wissen, was sie ständig machten. Oft hatten sie mir gesagt, dass sie private Dinge zu tun hatten, aber was konnte denn so privat sein? Lügen konnten sie auch nicht gut, alleine gestern Hatte meine Mutter panisch stotternd das Gespräch mit meinem Vater unterbrochen. Seufzend legte ich mich erneut auf mein Strohbett. Dann jedoch erinnerte ich mich wieder daran, dass ich doch eigentlich Schule hatte. Doch um ehrlich zu sein hatte ich wirklich keine Lust darauf. Warum sollte ich mich auch mit Sam wieder herumärgern? Es hätte einfach keinen Sinn, mich mit diesem Idiot abzugeben, und ganz ehrlich, was sollte ich denn bitte an einem fehlenden Tag verpassen?

Nach einigen Minuten, in denen ich seufzend in die Ferne sah, entschied ich mich dazu, den Tag doch noch irgendwie auszunützen und so startete ich einen kleinen Spaziergang durch den Wald, erneut ohne ein Ziel vor Augen zu haben. Ich hoffte nur von niemandem gesehen zu werden, der mein Schwänzen verpetzen könnte. Tatsächlich schien ich Glück zu haben, denn einige Zeit lang war ich keinem Pokémon begegnet, dann aber hörte ich plötzlich eilige Schritte, die mich so überraschten, dass ich mich nicht mehr rechtzeitig verstecken konnte. Und ehe ich mich versah, sah ich Lea mit ihrer kleinen Schultasche hastig an mir vorbeilaufen, dann aber drehte sie sich um und schrie:"Hast du auch verschlafen? Beeil dich, sonst kommst du zu spät!"
"Jaja, renn schon mal vor! Du bist ja eh viel schneller als ich!" gab ich als Antwort, doch als sie sich dann zu mir umdrehte, schien sie etwas bemerkt zu haben. "Du bist garnicht auf dem Weg zur Schule, hab ich Recht?" Meinte sie skeptisch. "Wieso fragst du?" hab ich etwas überrascht zurück. "Naja, also entweder bist du wirklich nicht auf dem Weg zur Schule oder du bist einfach blöd und hast deine Schulsachen vergessen" meinte sie dann. Da schien sie mich wohl erwischt zu haben. Sie bemerkte schnell, dass ich offensichtlich Schwänzen wollte, da ich ihr darauf nichts als Antwort gab. "Du kannst doch nicht einfach Schule schwänzen!" meinte sie nun aufgebracht. "Komm, hol deine Sachen und komm nach!"
"Damit ich mich mal wieder von Sam provozieren lassen kann!? Sei so gut und sag den Lehrern, dass ich heute krank bin!" Mit diesen Worten kehrte ich ihr den Rücken zu und lief weiter in die entgegengesetzte Richtung der Schule. Ich wagte es nicht, zurückzusehen, denn irgendwie wusste ich auch, dass das falsch war. Dennoch überwog der Hass auf die Schule und dass meine Eltern nicht daheim waren war also doch relativ positiv. Als ich schließlich stehen blieb und hinter mich sah, war keine Lea weit und breit. Klar, sie war auch schneller als Ich, weshalb mich das nicht besonders wunderte, dennoch hatte ich ein mieses Gefühl dabei. Was, wenn sie sauer auf mich ist und verpetzt, dass ich Schule schwänzte? Darüber wollte ich mir eigentlich nun wirklich keine Gedanken machen. Ich sah mich weiter um und bemerkte schnell, dass ich nicht weit vom Wasserfall entfernt war, welchen Lea und ich vor kurzem noch besucht hatten. Weil ich nichts besseres zu machen wusste, schritt ich also den Weg zum Wasserfall entlang, um dort die Zeit etwas totzuschlagen. Endlich war ich angekommen und setzte mich ans Ufer. Doch dann hörte ich von irgendwo mir bekannte Stimmen sich mit einer mir fremden Stimme unterhalten. Ich richtete meine Ohren auf und sah verwirrt um mich, suchend nach den Pokémon, die sich gerade unterhielten. Doch das Getöse des Wasserfalls war beim Suchen der Ursache nun doch etwas störend. In Sichtweite war keiner, doch irgendwo mussten sie doch sein. Und nun erkannte ich die Stimmen doch und fragte mich, wieso ich sie nicht früher erkannt hatte. Es waren die Stimmen meiner Eltern! Was machten sie nur hier in der Nähe des Wasserfalls? Verwirrt stellte ich fest, dass die Stimmen aus dem Wasserfal kamen, was doch etwas unlogisch wäre. Doch nun erinnerte ich mich wieder an den versteckten Eingang zu der Höhle, in den Lea und ich gejagt wurden. Unterhielten sich meine Eltern etwa genau mit diesem Pokémon, welches uns verfolgt hatte? Nun war ich doch etwas neugierig und kraxelte leise die Felsen hoch. Bald hatte ich den Weg, der hinter den Wasserfall führte, gefunden und tappste so leise wie möglich den Gang entlang. Tatsächlich wurden die Stimmen auch immer lauter. Da ich vorerst einmal nicht entdeckt werden wollte, schlich ich so leise ich konnte voran, bis ich dann vor direkt hinter dem Wasserfall war, wo auch die dunkle Höhle begann. Sie schienen sich in der Höhle zu unterhalten. Da ich nicht wieder ziellos in der Dunkelheit umherlaufen wollte, lauschte ich also dem Echo aus ihrem Gespräch....

"Also könnt ihr jetzt mitkommen oder nicht?" begann die fremde Stimme. "Danke, das ist ein nettes Angebot, aber wir können nicht. Wir müssen uns um unseren Sohn..."
"Der wird schon ein paar Tage alleine zurechtkommen!" Unterbrach dieselbe Stimme meine Mutter. Dann begann mein Vater zu meiner Mutter murmeln:" Warte...hat er nicht bald diese Klassenfahrt mit seiner Schule?" "Ja, genau! Das wäre doch eine Möglichkeit!" "Gut...wann ist diese Klassenfahrt? Und wie lange dauert sie?" zischte der Fremde gereizt. "Das müssen wir nochmal nachfragen.....Wir kommen morgen um dieselbe Uhrzeit wieder, Okay? Dann können wir mehr sagen!" Dem mir unbekannten Pokémon schien das zwar nicht zu gefallen, dennoch meinte er nach einigen Sekunden Stille:" Na schön...aber ihr kommt verlässlich pünktlich! Mein Trainer wartet nicht gerne!" "Na dann...können wir gehen?" fragte meine Mutter schließlich. "Ja..." kam es knapp als Antwort, ehe ich Schritte in meine Richtung kommen hörte. Erst jetzt realisierte ich, dass sie wieder aus der Höhle kamen und ich nicht gesehen werden sollte, also drehte ich mich schnell um und wollte loslaufen, doch das Schicksal hatte wohl andere Pläne. Gerade als ich loslaufen wollte, trat ich auf einem flachen, rutschigen Stein, rutschte darauf aus und verlor mein Gleichgewicht. "Nein!" quiekte ich geschockt, als ich merkte, dass ich in den Wasserfall fiel und schlagartig von tonnenschweren Wasser hilflos in die Tiefe gerissen wurde....

"Anders"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt