Ein neuer Tag wie jeder andere begann, als ich aufwachte. Kurz gefrühstückt und sofort den Schulweg losgegangen, ohne wirklich viel mit meinen Eltern geredet zu haben. Wie so oft wartete Lea an einer bestimmten Stelle des Schulweges auf mich und ging nun gemeinsam mit mir zur Schule. Dass ich mich in letzter Zeit ziemlich seltsam in ihrer Gegenwart benommen habe, schien sie entweder vergessen zu haben oder ignorierte es einfach, wie als wäre nie etwas geschehen. Bei unseren Schließfächer angekommen räumte ich das allernötigste an Heften und Büchern hinein, dennoch wog mein Schulranzen nun gefühlte Tonnen. Und auch wenn ich heute einen Schultag wie jeden anderen auch erwartet hatte, überraschte uns unser Mathelehrer mit einem Überraschungstest. Ich hasste diese Tests so abgrundtief, da ich nie wirklich vorbereitet war und in Mathematik ständig alles sofort zu verstehen war eine Kunst, die ich nicht beherrschte und wohl auch niemals beherrschen werde. Der restliche Schultag verging auch relativ normal. Deutsch mit Herrn Kölz, der unsere gesamte Klasse wohl als einziger Erzfeind sah, Musikunterricht, in welchen wir einfach eine Dokumentation über die Entstehung des "Jazz" ansahen, Biologieunterricht, in den wir uns die Entwicklungssteine genauer ansahen und weitere relativ irrelevante Stunden, die an uns vorbeizogen. Beim letzten Unterricht, Religion konnten wir eigentlich immer entspannen. Religion ist mit Sport wohl eines der Fächer, in denen man niemals eine schlechte Note bekommen würde, egal wie schlecht man sich anstelle. So saß ich also im Unterricht, wartete bis unser Lehrer, 'Herr Gray', ein Lucario gut gelaunt in unsere Klasse trat und seine Tasche neben dem Lehrertisch abstellte. Ich mochte diesen Lehrer, mich würde es auch wundern, wenn ihn jemand nicht mögen würde. Er war stets gelassen und gut gelaunt, erfüllte oft die Wünsche der Schüler und unterrichtete ein einfaches Fach. Vielleicht wäre ein vom Charakter her so guter Lehrer in schwierigeren Fächern sogar noch besser. Doch irgendwie war es doch typisch, dass Religionslehrer immer gut gelaunt und freundlich sind, während die Mathelehrer die strengen Teufel sind, die jeden Schüler mit ihrer Art zu unterrichten foltern. Als er sich dann vor die Klasse stellte und offensichtlich darauf zu warten schien, dass die Klasse ruhiger werden sollte, begann er zu sprechen:" Schönen Nachmittag, setzt euch bitte" Als wir uns alle gesetzt hatten, fuhr er gleich damit fort, was er heute mit uns besprechen wollte:" Also... Unser heutiges Thema behandelt etwas sehr anderes, als ihr es euch gewöhnt seid. Und zwar geht es um Menschen und Pokemon mit Behinderungen und ihrem Alltag. Für euch alle ist euer Alltag relativ leicht, so leicht, dass ihr euch vermutlich noch nie so wirklich gefragt habt, wie denn der Alltag eines Pokemon aussieht, das beispielsweise nicht gehen kann. Als vier-oder zweibeiniges Pokemon nicht laufen zu können, ist ungefähr so, als würde ein Vogel nicht fliegen können. Und genau zu diesem Thema werden wir uns heute einen 30-minütigen Film ansehen und ihn anschließend etwas besprechen, wenn alle damit einverstanden sind. Ansonsten müsst ihr eben dieses Thema kurz zusammengefasst ins Heft abschreiben. Also, seid ihr dafür? " Als er merkte, dass er überwiegend Zustimmung der Klasse bekam, nickte er und meinte:" Na dann ist das wohl eindeutig! Heute gibt es Filmstunde! "
Es dauerte nicht lange, da war der Film bereits eingestellt. Herr Gray war einer der wenigen Lehrer, die sich wenigstens ein bisschen mit Technologie auskannten. Der Projektor war eigentlich nur für Menschenschulen üblich, wie man es geschafft hatte, ein so seltenes Gerät mit auf unsere Schule zu bringen, war mir ein Rätsel, doch ich war wie der Rest der Klasse froh darüber, dass wir eine der sehr wenigen Klassen waren, die so einen Projektor in ihrer Klasse hatten. Der Film ging los und die ersten Minuten waren Menschenkinder zu sehen, die körperliche Einschränkungen hatten, beispielsweise dass sie im Rollstuhl sitzen mussten und ihr Leben in diesem Stuhl verbringen mussten. Wenn ein wildes Pokemon nicht mehr in der Lage zu laufen war, bedeutete dies den sicheren Tod, die Menschen schienen sich aber gegen nahezu alle Notsituationen helfen zu wissen. Knochenbrüche oder hohes Fieber wäre für sie niemals lebensgefährlich, doch für Pokemon konnte dabei nur ein Pokemon-Center helfen, das von unserem Wald ziemlich weit weg war. Nachdem nun auch im Film dies genauer erläutert wurde, ging es nun von körperlichen Behinderungen zu geistigen Behinderungen über. Um ehrlich zu sein, mochte ich es nicht, "Behinderung" zu lesen. In der heutigen Zeit wird dieses Wort gerne als Beleidigung, als Schimpfwort verwendet. Wenn jemand jemanden irgendwie schubsen würde, wäre der erste Satz, den man zu hören bekommen würde "Bist du behindert!?" Meiner Meinung nach war wirklich respektlos den Leuten gegenüber, die tatsächlich unter Behinderungen leiden. Manchmal fragte ich mich wirklich, in was für einer Welt wir eigentlich lebten. Doch nun wurde ich wieder auf den Film aufmerksam. Das nächste Thema war nämlich Autismus. Da ich mich hierbei nun etwas angesprochen fühlte und ich auch merkte, dass Sam bei dem Wort kurz schmunzelte und dabei auf mich sah, versuchte ich ihn zu ignorieren und weiterzugehen. Doch nun wurde es für mich immer seltsamer: Im Film wurde ganz genau erzählt, was das ist und tatsächlich machte mich jede Tatsache immer skeptischer. So erfuhr ich beispielsweise, dass Autisten eine sehr geringe soziale Kompetenz besaßen, also nicht unterscheiden könnten, ob jemand traurig oder glücklich ist. Das waren Fakten, die bei mir überhaupt nicht übereinstimmten. Ich war sicherlich der erste in dieser Klasse, der erkennen konnte, ob es jemandem gut oder schlecht ging und ob er traurig oder glücklich ist. Im Film wurde so ein Bild eines Mädchens gezeigt, welches an einer Wand hockte und ihren Kopf nach unten hängen ließ, sodass ihr Gesicht von ihren Haaren bedeckt wurde. Zudem war das Bild in schwarz-weiß gehalten. Und nun wurde erklärt, dass Autisten sich bei diesem Bild schwer tun würden, zu erkennen ob es diesem Mädchen gut oder schlecht ging, wobei es doch offensichtlich war, dass es ihr miserabel gehen musste. Auch wurde erwähnt, dass Autisten aber im Gegenzug dafür meist hochintelligent sind und vorallem in Mathematik daher kaum Probleme hatten. Nun, der letzte Mathe-Test, und der war eigentlich noch garnicht lange her, ist bei mir mit einer negativen Note ausgefallen. In Mathematik kämpfte ich eigentlich jedes Jahr im Bereich zwischen 4 und 5, also diese Tatsache war auf mich ebenfalls garnicht zutreffend.
Das Lucario stoppte nun den Film und wollte nun eine Geschichte erzählen, die sich letztes Jahr auf dieser Schule zugetragen hatte. "Also, kleine Storytime: Wir haben eine Autistin in unserer Schule und diese Schülerin ist bis heute einfach in jedem Fach exzellent. Nur letztes Jahr haben wir, um den Religionsunterricht auch fernab des normalen Unterrichts zu führen, eine Tradition der Menschen übernommen: Den Nikolaus. Letztes Jahr haben wir das eben zum ersten Mal versucht, um zu sehen, wie die Schüler reagieren würden. So hat meine Wenigkeit sich also in ein Nikolauskostüm gesteckt und ist von Klasse zu Klasse gegangen, und auch wenn in den Klassen zuvor eine sehr unterhaltsame Stimmung aufgekommen ist, da mich die Schüler schnell erkannt haben, war es bei der Klasse mit dieser Autistin etwas anders. Sie konnte eben auch wegen ihres Autismus sehr schlecht auf plötzliche Veränderungen oder auf Ungeplantes klarkommen, sie braucht unbedingt einen klaren Ablauf von etwas, sonst kommt sie durcheinander. Von daher war dieser Nikolaustag so ungewohnt für sie, dass sie sofort aufgebracht aufstand und laut, sodass es jeder hören konnte, immer und immer wieder "Nein, was ist denn das? Wer ist denn das? Was will der denn von mir?" durch den ganzen Klassenraum rief. Nunja, Veränderungen oder spontane Angelegenheiten sind also auch nichts wirkliches für Autisten.
Ich konnte mich noch gut an diesen Tag erinnern, an dem Herr Gray plötzlich im roten Mantel, weißen Bart, Bischofsmütze und Hirtenstab in unseren Mathematikunterricht hineinplatzte und alle Schüler überraschte. Doch auch hier störte mich erneut der Fakt, dass Autisten auf spontane Veranstaltungen nicht zurechtkommen und sich dann so auffällig verhielten. Bei mir war das ebenfalls nie aufgefallen und an diesem Nikolaustag verhielt ich mich nur überrascht, genauso wie der gesamte Rest der Klasse. Irgendetwas konnte doch nicht stimmen. Es war doch auch schon seltsam genug, dass mir meine Eltern erst vor kurzem über meinen angeblichen Autismus bescheid gaben, doch nun zweifelte ich immer stärker daran. Hatten mich meine Eltern etwa angelogen? Doch warum sollten sie das tun? Was für einen Grund gäbe es dazu? Meine Eltern kamen mir ohnehin in letzter Zeit sehr seltsam vor, eben auch wegen dieser Vorfälle mit diesem unbekannten Pokemon. Doch das alles gab mir nun noch mehr Motivation, den Plan, meine Eltern zu verfolgen, durchzusetzen. Sie verhielten sich ohnehin bereits sehr komisch, nun wollte ich unbedingt wissen, wieso.......
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Entschuldigung dafür, dass in diesem Kapitel recht wenig passiert, nächtes Kapitel sollte inhaltlicher werden ^^ Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass es euch gefallen hat. Das wäre es dann auch schon, bye :D
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"Anders"
Fantasy*PAUSIERT BIS VORAUSSICHTLICH ANFANG FEBRUAR 2021* "Was willst du eigentlich? Du bist anders! Du bist nicht wie wir, also verschwinde!" Solche Worte muss ein Evoli Tag für Tag hören. So fragt sich dieses öfters:"Warum bin ich anders?" "Soll ich so s...