Kapitel 15

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Ich entschied mich dazu, fürs erste einfach stillschweigend im Gebüsch versteckt zu bleiben. Konnte das wirklich sein? Meine Eltern waren Pokémon eines Trainers? Irgendwie warf das alles auf den Kopf. Mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit blieben meine Eltern die ganze Woche, die ich angeblich auf Klassenfahrt sein sollte, bei ihm. Deswegen durfte ich sie nicht aus den Augen lassen. Ich blickte nun dennoch zum Trainer rechts von mir. Er trug relativ normales Alltagsgewand. Blaue Hose, schwarzes Shirt, braune nach oben gestellte Haare. Er warf nun ebenfalls zwei Bälle, diesmal normale Pokébälle, aus denen ein Magnayen und ein Pikachu hervorkamen. "Okay, Feenbrise!" rief nun der Schwarzhaarige ohne Vorwarnung, was meine Mutter sofort ausführte. Tatsächlich traf die Attacke beide Pokemon und vor allem das Magnayen musste mit Mühen wieder aufstehen. "Anziehung!" rief er nun erneut dem Feelinara zu, was mich auch erstaunte, da ich nicht einmal wusste, dass sie solch eine Attacke überhaupt beherrschte. Da das Magnayen männlich war, wirkte Anziehung auch bei ihm und er hatte sichtlich Probleme, sich weiterhin zu konzentrieren und sich nicht von meiner Mutter ablenken zu lassen. Der Junge mit den braunen Haaren holte nun zum Gegenangriff aus, indem er dem Pikachu eine Donnerblitz-Attacke auf meine Mutter befahl, was es sofort ausführte. Ich erwartete nun eine Reaktion vom Schwarzhaarigen, doch er befahl garnichts. Stattdessen machte er nur einen schnellen Blick zu Flamara. Mein Vater reagierte daraufhin sofort, stellte sich vor meine Mutter und schützte sie und sich selbst mit Schutzschild vor den Stromschlägen.

Ich konnte nicht glauben, was sich vor meinem Augen abspielte. Meine Eltern schienen hervorragende Kämpfer zu sein und sich obendrein bestens mit einem Menschen zu verstehen.
Der Junge rief nun enthusiastisch eine Feenbrise sowie eine Hitzekoller-Attacke, welche beide mit einem Volltreffer landeten und die gegnerischen Pokemon außer Gefecht setzte. Das war ein sehr schneller Kampf gewesen. Der Trainer, welcher die Niederlage einstecken musste, seufzte frustriert, ehe er die beiden Pokemon wieder in die mechanischen Bälle schickte und nun dem Trainer meiner Eltern die Hand schüttelte und sich für den Kampf bedankte. Der Junge mit den schwarzen Haaren schien sichtlich zufrieden mit der Leistung der beiden Evolitionen zu sein, weshalb er beide streichelte und anschließend fütterte. Zumindest schienen sie von dem Menschen gut behandelt zu werden, auch wenn ich nicht akzeptieren wollte, dass meine Eltern diesem Trainer gehörten. Ich hatte stets geglaubt, sie seien beide wilde Pokemon. Sie waren es gewesen, die mir in den Kopf getrichtert hatten, mich vor den Menschen fernzuhalten und nun waren ausgerechnet die beiden die Kampfwerkzeuge von einem Trainer. In meinem Frust bemerkte ich gar nicht, dass meine Eltern nun auch in die Bälle geschickt wurden und der Trainer in Richtung des Gebietes mit dem hohen Zaun ging. Da er in meiner geistigen Abwesenheit bereits ziemlich weit von mir weggegangen war und ich ihn auf keinen Fall verlieren wollte, sprang ich aus meinem Versteck und rannte dem Jungen hinterher. Immerhin nahm ich das als Entführung meiner Eltern wahr. Gerade als ich einige Meter eingeholt hatte, hörte ich den Ruf eines Trainers hinter mir. "Donnerblitz!"
Bevor ich reagieren konnte, schossen plötzlich heftige Stromschläge durch meinen Körper, welche mich laut aufjaulen und mit einem Stöhnen zu Boden fallen ließen. Ich ächzte und sah in die Richtung meines Angreifers. Es war der Junge, gegen den der Trainer meiner Eltern gekämpft hatte. Wie konnte ich ihn nur vergessen! Ich hatte auch keine Ahnung, wie sich sein Pikachu so schnell erholen konnte, doch das interessierte mich in dem Moment gar nicht. Vielmehr suchte ich nach einem schnellen Weg zu flüchten, was sich in dieser Situation als ziemlich unmöglich herausstellte, nicht zuletzt, weil meine Muskeln durch die Stromschläge wie gelähmt waren. "Endlich..." meinte der Trainer mit einem leichten Grinsen. Ich wusste was auf mich zukam, konnte aber nichts daran ändern. Es kam, wie ich es befürchtet hatte: Er griff in seine Tasche und holte einen weiteren Ball, dieses Mal jedoch in blauer Farbe, hervor und warf ihn sogleich direkt auf mich zu. Ich wollte ausweichen, doch ich konnte nicht, weshalb mich der Ball am Rücken traf und ich plötzlich nur noch grelle Lichter wahrnahm. Von einer auf die andere Sekunde verschwand die Welt um mich herum und alles was ich sah waren weiße und grellrot blinkende Lichter, sodass ich Angst hatte, einen epileptischen Anfall zu bekommen. Ich geriet in Panik, als ich meinen Körper kaum noch spürte, schlug panisch um mich und schrie verzweifelt nach Hilfe, doch es brachte alles nichts. Bevor ich realisierte, was eigentlich gerade vor sich ging, hörte ich einen lauten Ton, woraufhin all die rot-weißen Lichter von tiefer Schwärze verschlungen wurden uns ich nichts mehr mitbekam. Ich befand mich in kompletter Stille in tiefster Dunkelheit, ohne jegliche Fluchtmöglichkeit.



"Komm raus, Evoli!" hörte ich ganz verschwommen, als sich mein Hörsinn wieder meldete. Urplötzlich umhüllte mich ein grelles, weißes Licht und ehe ich mich versah, stand ich wieder in der mir bekannten Welt. Da ich zwar auf allen Vieren stand, meinen Körper jedoch immer noch nicht ganz spürte, überkam mich plötzlich ein widerliches Schwindelgefühl, wodurch ich den Halt in den Beinen, welche ich garnicht spürte, verlor und anschließend auf die Flanke zu Boden fiel. Als sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, blinzelte ich in das Gesicht des Trainers, welcher mich in den Ball eingesperrt hatte. Der Junge mit den braunen Haaren meinte nun:" Na, wie geht's dir? Lust auf ein Training?"
Ich war so stark verwirrt, als hätten mich drei Konfustrahl-Attacken getroffen und verstand weder wo ich zurzeit war, noch was dieser Junge von mir wollte. Deswegen war meine einzige Reaktion ein leises Knurren.
"Keine Sorge, ich tu dir nichts..." sagte er, während er versuchte mich zu streicheln, wodurch ich zusammenzuckte und laut fauchte. "Aber ich dir, wenn du mich nicht sofort in Ruhe lässt" knurrte ich, obwohl ich wusste, dass er mich nicht verstand. Auf diese Reaktion hörte ich einige Stimmen lachen. Es waren die Stimmen von ein paar anderen Pokemon im Raum. "Geiler Konter" hörte ich jemanden rufen. Ich sah mich nun in den Raum, in den ich mich befand, genauer an. Der Raum war in einem tiefen schwarz gestrichen, einige der Wände in meiner Umgebung waren sogar aus Metall, was für Menschenwohnungen doch eigentlich nicht der Standard sein sollte. Die Pokemon, von denen die Stimmen kamen, standen hinter einem Eisengitter. Es wirkte auf den ersten Blick so, als seien sie eingesperrt, doch in der Wand hinter dem Gitter war ein mittelgroßes Loch, durch das diese Pokemon problemlos durchschlüpfen konnten. In welche Räumlichkeiten dieses Loch führte, konnte ich erstmals nicht erkennen. Ansonsten war der Raum relativ fad. Nicht einmal ein Fenster, durch das ich hier rauskommen konnte, gab es. Der Junge vor mir seufzte nun und meinte:" Weißt du was. Ich hab etwas zu erledigen, wo ich keine Pokemon mitnehmen darf. Du bleibst bitte in der Zwischenzeit hier und lernst die anderen dort kennen, okay?" meinte er. Ich wollte gerade erneut knurren und ihn anspringen, doch da packte er mich schon ziemlich unsanft am Kragen, öffnete eine Türe in den Eisengittern, ließ mich hinters Gitter fallen und sperrte die Türe daraufhin zu. Anschließend verließ der Trainer den Raum. Ich war maximalst überfordert mit der Situation, doch im Moment sah ich erstmal auf die Pokemon vor mir, welche mich von allem Seiten musterten. "hehe...also wer bist du?" fragte mich nun ein Pokemon, welches aus dem Getümmel nach vorne trat und mich mit einem angeberischen Grinsen anstarrte.

"Anders"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt