Ich bewege mich also auf meinen neune Sitznachbar zu. Wie erwartet ist er nicht sehr begeistert davon was auf Gegenseitigkeit beruht. Aber ganz ehrlich wenn er nicht will das sich ein wild fremdes Mädchen das er zudem nicht mal leiden kann neben sich setzt hätte er sich nicht alleine in die letzte Reihe setzen sollen. Und überhaupt wo ist Marco. Ich schmeiße meinen Tasche achtlos auf den Boden neben meinen Stuhl und lasse mich nicht sehr vornehm drauf plumpsen. Ganz der böse wie der Typ neben mir eben ist tippt er unaufhaltsam auf seinem Handy rum und das nicht mal leise. Neeeein. Wieso auch? Ist ja nicht so als würde es jeden um ihn rum nerven. "Kannst du dein Handy bitte leise stellen?" versuchte ich es höflich was erstaunender weise auch klappte. Komisch. Wahrscheinlich will er einfach nur nicht das ich ihn weiter nerve oder so.
Die Stunde ging quälend langsam rum. Ist ja auch verständlich. Es ist Mathe. Den ganzen Unterricht lang hat Javier neben mir nichts gesagt. Ich glaub sogar er hat nicht ein einziges mal von seinem Handy aufgesehen. Entweder kann er den Stoff schon oder er ist ein Idiot. Ich tippe eher auf letzteres.
Während alle sich bewegen um schnell aus diesem Klassenzimmer in ein anderes zu huschen, nehme ich mir alle Zeit der Welt. Es würde sowieso nichts bringen mich zu beeilen den 1. weiß ich nicht wohin, 2. hab ich nicht sonderlich viel Lust auf Unterricht und 3. hab ich in den ersten Tagen noch sowas wie ein Freifahrtsschein. Ich kann behaupten den Weg nicht gefunden zu haben und sagen das ich deswegen zu spät bin. Ich weiß. Richtig böse.
Wie gesagt bewege ich mich träge auf mein Spind zu. Was steht jetzt an? Englisch! Yeah! Das ist so ziemlich das einzige Fach das ich beherrsche. Gerade als ich mein Mathebuch rein und mein Englischbuch raus geholt habe, fühlte ich etwas warmes über meiner Lippe. Ich lies mein Zeigefinger dort hin wandern und wollte es wegwischen doch als ich etwas rotes dickflüssiges am Finger sah eilte ich aufs Mädchenklo. Nasenbluten. Das habe ich andauend. Der Arzt hat gesagt das es nichts schlimmes ist. Es passiert mir mehrmals in der Woche. Meist wenn ich wütend oder gestresst bin oder wie in diesem Fall einfach mal so. Ich hab mich aber mittlerweile schon daran gewöhnt. Dennoch hasse ich es wenn es jemand mitbekommt. Dann kommen immer diese besorgten Blicke und die vielen Fragen. Argh. Das kann ich nicht ab. Auf dem Mädchenklo war es wie auf jeder Schule während den Pausen überfüllt. Also lief ich einfach schnell in eine Kabine machte mir ein bisschen Klopapier ab und hielt es mir unter die Nase. Nach einer Zeit wurden die Stimmen immer weniger und auch die letzten verließen die Toilette. Dem zu folge stand ich vom Klodeckel auf, auf das ich mich kurz gesetzt hatte und begab mich aus der Kabine auf den Spiegel zu. Meine Nase hatte aufgehört zu bluten und meine Klamotten haben Gott sei Dank kein Tropfen abbekommen. Vorsichtig wischte ich mir den Rest des Blutes ab. Das einzige was ich jetzt brauche ist eine Kippe. Ich rauche nicht viel. Wirklich. Nur ab und zu wenn ich das Verlangen dazu habe.
Ich trat durch die Tür in den langen, menschenleeren Flur. Ein Blick auf die Uhr verriet mir das die Stunde vor fünfzehn Minuten angefangen hat. Aber wie gesagt das juckt mich herzlich wenig. Draußen angekommen ging ich auf meine Maschine zu und setzte mich drauf während ich mir eine Zigarette zwischen die Lippen steckte und nach meinem Feuerzeug suchte. Wo ist dieses verdammte Ding?
„Brauchst du Feuer?" fragte auf einmal jemand neben mir. Diese Stimme erkenne ich sofort. So rau und tief. Ich drehte meinen Kopf nach links zu Javier der wie es aussieht doch noch einen Parklücke gefunden hat. Und zwar genau die neben mir. Er lehnt lässig an seinem Oldtimer. Ich nickte leicht und er reichte mir seins. Fertig angezündet überreichte ich ihm es wieder „danke". „Kleine Mädchen sollten nicht rauchen" kam es von ihm. Wenn er und sein Freund nicht bald aufhören mit dieser kleine Mädchen Scheiße dann... dann... Ach keine Ahnung. „Du hättest mir das Feuerzeug ja nicht geben müssen" gab ich nur frech zurück. „Touché". Aus einen unerklärlichen Grund musste ich schmunzeln. „Also Javier. Dein Name klingt Südländisch woher kommst du?" seinen Namen betonte ich ganz besonders um ihm klar zu machen das ich ihn weiß auch ohne das er ihn mir genannt hat. Er gab mir keine Antwort. Stattdessen stellt er mir eine Gegenfrage „Die selbe Frage könnte ich dir Stellen Adriana". Genau wie ich betonte er meinen Namen. Mir fiel was ein. „Ich hab eine Idee. Wir sagen einfach auf drei woher wir kommen" schlug ich vor und fing auch schon an zu zählen. „Eins... Zwei... Drei... Spanien!" sagte ich voller Enthusiasmus aber wie auch davor kam kein Mucks aus seinem Mund. „Maaaan Jay! Wir wollten es doch auf drei sagen!" rief ich gespielt beleidigt und verschränkte die Arme vor der Brust während ich mein Unterlippe hervor schob.
Er fing an zu lachen und seine Lache war einfach wunderschön. So rau und tief und so... ehrlich. Einfach nur wow. Wie hypnotisiert starrte ich mein Gegenüber an. Ich konnte nicht weg schauen. Dieser melodische Klang der tief aus seiner Kehle kam hielt mich gefangen. Als er mein starren bemerkte bildete sich ein arrogantes Grinsen auf seinen Lippen. „Mach ein Foto. Hält besser" diesen alten Spruch hat er jetzt nicht allen ernstes gebracht oder? Aber wenn er es mir schon anbietet wieso sollte ich es nicht annehmen? Schnell zückte ich mein Handy aus der Jackentasche und schoss blitzschnell ein Bild von ihm. Perplex schaute er mich an bevor er wieder in dieses atemberaubende Lachen verfiel. Klick! Und ein zweites Bild. So langsam kam ich mir vor wie ein Stalker also steckte ich das Handy weg und kicherte mit.
Unser Lachen ebbte ab und wir saßen nur noch still schweigend und rauchend nebeneinander. Irgendwie war es schön mal wieder so zu lachen. So unbeschwert. Nicht das ich das mit meinen Freunden nicht auch getan hätte aber als rauskam das wir umziehen war die Stimmung immer ziemlich traurig. Nichts mehr mit Lachen. Der Gong zur dritten Stunde unterbrach unser Schweigen. Wir machten uns auf den Weg in die nächste Stunde.
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Mein kleines Mädchen
RomanceDie 17 jährige Adriana lebt seit dem Tod ihrer Eltern bei ihrer Tante Sophia. Diese hat ein Jobangebot als Krankenschwester bekommen und somit beginnt Ria ihr Abschlussjahr am sonnigen Strand Miamis. Mit ihrer Tante, neuen Freunden und einem Arschl...