Teil 3

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Dieser Mann wollte sie umbringen. Er wollte ihr jeden Knochen brechen, hatte er gesagt. Als das Licht anging, hatte sie erst gedacht, dass es ihre Eltern waren, die sie um Hilfe schreien hörten, doch dann sah sie diesen grossen weissen Mann. Er hatte seine Haare militärkurz geschnitten, sodass seine Augen noch böser wirkten und ihre Angst wurde sogleich zu blanker Furcht.
Nur schon sein erstes Wort liess ihren ganzen Körper erzittern, aber es lag nicht nur daran, was er gesagt hatte, sondern wie er es gesagt hatte. Er hatte gesagt, sie würde sein letztes Kunstwerk werden und die Art wie er es prophezeite - so sicher, als wäre es das, was er täglich tat - hätte sie alles getan, um lebendig aus diesem Todeskeller herauszukommen. Katlyn sah den Raum ab, sie suchte nach etwas, das ihr helfen konnte sich von diesen schweren Ketten zu befreien. Und dann wurden ihre schlimmsten Befürchtungen noch schlimmer. Was sie sah, war grauenhaft. An die Wand gekettet, hingen zwei junge Mädchen. Ihre gesamten Körper waren von blauen Flecken übersehen. Blut war an den Beinen, an den Armen, am Kopf einfach überall und die Augen…
Katlyn musste wegsehen, doch sie konnte es nicht zurückhalten. Sie musste sich übergeben. Die Augen der beiden geschändeten Mädchen, waren weit aufgerissen vor Angst und Schrecken. Der Grund weshalb Katlyn sich übergeben musste, war jedoch nicht die Angst, die sie noch immer in den glasigen Augen erkennen konnte. Es war viel grauenvoller. Jeweils das rechte Augenlid der Mädchen wurde weggeschnitten. Diese beiden Mädchen wurden nicht nur gequält, sie mussten auch noch dabei zusehen. Dieser brutale Mann hatte ihnen nicht nur schändliche Qualen bereitet, er liess ihnen ein Augenlid, damit sie hofften, wegsehen zu können.
Katlyns Furcht war nicht mehr zu bändigen. Ihre Eltern würden sehen, wie sie geschändet wurde, wie sie um Hilfe schrie und noch schlimmer war; sie würden dies erst sehen, wenn ihre bildhübsche Tochter schon auf das abscheulichste umgebracht wurde. Hysterie überkam Katlyn, sie begann erneut zu schreien, so laut sie konnte. Sie riss an den Ketten, versuchte sich loszureissen. „Hilfe! Hilfe!“ Sie schrie lauter als je zuvor und doch wusste sie, es würde nichts nützen. Hier würde sie niemand hören. Einzig und allein dieser Mistkerl konnte sie hören, aber das war ihr nur recht. Vielleicht kam er dadurch schneller hinunter und „vollbrachte“ sein Werk, dann würde sie auch diese unerträgliche Angst nicht mehr verspüren. Diese Angst liess ihren Körper erzittern und ihr wurde kalt. „Ich will nicht! Lassen Sie mich gehen! Ich werde auch alles machen, was Sie mir sagen“, schrie sie laut, in der Hoffnung, dass er sie hörte. Sie versuchte es wieder und wieder, bis ihre Hoffnung sank. Er liess sich nicht blicken. Wenn er wieder kam, würde sie zu Tode gequält. Ich will nicht sterben, dachte sie und dann wurde es schwarz.

Das letzte KunstwerkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt